NCI Aktuell Archiv Juli 2011
Samstag, 30.7.2011
China als Glücksbringer auch für NSN?
China als Absatzland ist in vielen Branchen nicht mehr wegzudenken. Viele Firmen suchen ihr Heil bzw. ihr Überleben auf dem chinesischen Markt – so auch NSN.
IT-times berichtet allerdings, dass NSN im zweiten Quartal 2011 den Umsatz in China um 13% im Vergleich zum Vorjahr steigern konnte, aber der weltweite Umsatz stieg im gleichen Zeitraum um 20%, das bedeute: NSN „wächst unterproportional in China“.
(sh)
Freitag, 29.7.2011
Werbelügen mit (ge)schön(t)en Frauen
Fast keine Werbung kommt ohne schöne Frauen aus; oft müssen die Frauen herhalten, um das eigentliche Produkt (besser) zu vermarkten. Dies scheint für die Werbeaufsicht ok zu sein, es wird ja nicht behauptet, dass man mit dem Produkt gleich eine schöne Frau dazubekommt.
Anders sieht es mit Produkten aus der Kosmetikbranche aus, die schöne Haut, schöne Augen, faltenfreies Gesicht usw. versprechen und zum angeblichen Beweis einen Star abbilden, der diese Schönheit, Anmut und Natürlichkeit dank der Produkte verkörpert. Dass dabei Photoshop die wichtigste (oder einzige) Zutat zu dem perfekten (Bild-)Ergebnis ist, vermuten wohl etliche Verbraucher, lassen sich aber trotzdem blenden und zum Kauf animieren.
Von einer Lancôme-Werbekampagne des Kosmetikkonzerns L’Oréal hatte eine britische Abgeordnete genug. Sie informierte die Werbeaufsicht
Advertising Standards Authority (ASA), die das Unternehmen zwang, die Werbung mit dem perfekten Gesicht von Julia Roberts zurückzuziehen. Die Begründung: Irreführung und Übertreibung - das Gesicht der 43-jährigen Frau wirke viel zu schön, um wahr zu sein. Und die Werbung übe Druck auf Frauen und junge Mädchen aus, also auf potentielle Verbraucher der beworbenen Produkte.
Rechtlich gesehen greift sogar
§22 KunstUrhG (Kunsturhebergesetz) nicht mehr, auch wenn zuvor die Einwilligung in die Veröffentlichung des Bildes gegeben wurde. Nachzulesen ist dies im Urteil des Landgerichts Hamburg (
Az 324 O 648/10), das einer Moderatorengattin das Recht auf ungeschminktes Wirken zusprach und die Veröffentlichung des gephotoshopten Bild als Verletzung des Rechts am eigenen Bild wertete.
www.sueddeutsche.de
(sh)
Donnerstag, 28.7.2011
NCI ist keine Einbahnstraße
…sondern ein Mitarbeiternetz, in dem Jeder für Alle Infos bereitstellt. Da ist jeder Mitarbeiter beides zugleich, Konsument und auch Dienstleister, und das heißt insbesondere: Informationen-Empfänger und auch Informationen-Lieferant.
Die Quelle unserer Informationen ist weder ein Geheimnis noch eine Überraschung:
Den meisten unserer Artikel liegt eine zuvor empfangene Kollegen-E-Mail mit interessanten Infos und/oder Links zugrunde. So gesehen ist das NCI eine Art Info-Drehscheibe, die nur so gut funktioniert, wie sie auch mit Infos versorgt wird!
Wenn sich in letzter Zeit Feedbacks häufen, dass wir zu wenige NCI-Artikel mit unmittelbarem NSN-Betriebsbezug veröffentlichen, so mag das zum einen daran liegen, dass es dzt. (erfreulicherweise) wenig Sensationelles über unsere NSN-Betriebe zu berichten gab; aber keine Sorge, ab September rechnen wir mit „Besserung“ – was allerdings nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass wir uns über das, was es dann zu berichten gibt, auch freuen können: Unsere NCI-Seite ist nunmal umso interessanter, je schlimmer es in der Firma zugeht, und das müssen wir uns ja nicht unbedingt wünschen.
Andererseits aber gäbe es sicherlich auch interessante Infos, die uns gar nicht erst erreichen, weil die meisten NCI-Leser zu sehr daran gewöhnt sind, nur Infos bei uns abzugreifen, anstatt uns umgekehrt auch mal selber mit Infos zu versorgen!
Wenn Sie also ein konkretes Thema kennen, das bei uns noch „unterversorgt“ ist, dann ändern Sie doch einfach selbst etwas daran, indem Sie uns selber entweder einen schon ausformulierten Artikel zusenden (
info@nci-br.de), oder zumindest aber uns die (noch nicht Artikel-reif ausformulierte) Info selbst zukommen lassen (
info@nci-br.de).
Wenn uns die (wovon auch immer) betroffenen Mitarbeiter selbst keine Infos zukommen lassen, woher sonst sollen sie dann kommen?
Also: Bitte tragt auch selber mit dazu bei, dass wir die Infos verbreiten können, die wirklich für alle von Interesse sind oder sein sollten.
(bt)
Donnerstag, 28.7.2011
Wie geht’s den von Siemens zu Atos ausgegliederten SIS-Kollegen?
Na wie soll’s ihnen schon gehen – überall das Gleiche!
Der Atos-CEO ist gerade dabei, seinen Mitarbeitern wortreich zu erläutern, warum eine Restrukturierung unumgänglich für eine nachhaltige Geschäftsausweitung bei der Siemens IT Solutions and Services GmbH sei; nach sondierenden Einzelgesprächen mit für besagte Restrukturierung anvisierten Mitarbeitern sollen diese in Kürze „individuelle Angebote“ (die natürlich per Definition auch alle „sozialverträglich“ sind) zugeschickt bekommen.
Wer also geglaubt hat, durch Verzicht auf einen Widerspruch gegen den SIS-Betriebsübergang seinen Arbeitsplatz sichern zu können, hat womöglich mit Zitronen gehandelt – auch wenn’s nicht wirklich eine Überraschung ist.
(bt)
Mittwoch, 27.7.2011
Was wurde eigentlich aus … Thorsten H.?
Thorsten Heins ist in der heutigen SZ mal wieder aufgetaucht (auf S.20 unter „Kopf der Woche“); SZ-Zitat: „Einst bei Siemens gescheitert: Thorsten Heins ist neuer Vorstand bei RIM“.
Na dann mal Glückwunsch – da erwarten ihn dann ja auch gleich herausfordernde Aufgaben. Nichts Neues für ihn...
In den „goldenen Zeiten“, als es noch schöne Siemens-Handys gab, die dann der Siemens-Vorstandschef Heinrich von Pierer auch stets mit stolzgeschwellter Brust auf jeder Siemens-Aktionärshauptversammlung präsentierte, war der jungdynamische Thorsten Heins für das Geschäft mit den Mobiltelefonen zuständig - wie wir alle wissen, ging dieses Geschäft gründlich den Bach runter, erst folgte eine Ausgliederung zu BenQ, und ein Jahr später die Insolvenz. Was nicht etwa daran gelegen hätte, dass die Handys nicht gut gewesen wären, sondern dass die falschen Handys entwickelt wurden, dass man Markttrends nicht frühzeitig erkannt und am Markt vorbei entwickelt hat – da kann ein Handy dann noch so gut sein, aber es bleibt trotzdem liegen.
Lästermäuler behaupten ja heute noch, das Handy-Trendscouting bei Siemens hätte sich darauf beschränkt, die Ehefrau von Vorstand Volker Jung nach ihrer Meinung dazu zu fragen…
Zeitweise war T.H. auch als Vorgesetzter in der Siemens-Netzwerksparte (die sich heute NSN nennt) unterwegs; fragt man seine ehemaligen Mitarbeiter aus dieser Zeit, woran sie sich noch erinnern, dann scheint ein ganz bestimmtes Ereignis den bleibendsten Eindruck hinterlassen zu haben: Damals lud er kurzfristig seine Mitarbeiter zu einer Mitarbeiterversammlung an einem Freitag mittag ein, um diese dann in leicht oberlehrerhaftem Tonfall abzukanzeln (etwa so wie ein Vater zu seinen ungeratenen Kindern spricht wenn er diese ausschimpft, was bei Mitarbeitern, die vom Alter her locker seine Eltern sein könnten, vielleicht doch nicht so toll ankommt): Die Mitarbeiter hätten sich unmöglich benommen, sowas sei völlig inakzeptabel, und sie sollen über’s bevorstehende Wochenende mal ordentlich nachdenken, in sich gehen und sich bessern... Die so angesprochenen Mitarbeiter schauten sich mit erst ratlosen und dann lachenden Gesichtern an (merke: Lächerlichkeit untergräbt jede Autorität): Sie hatten beim besten Willen keine Ahnung, wovon da die Rede war!
Man trennte sich dann mit Bemerkungen wie „na dann gehen wir mal nach Hause und denken gründlich nach - ich habe zwar keine Ahnung worüber, aber es kann ja sicherlich nichts schaden...“.
Erst später bekamen wir dann heraus, was damit gemeint war: Kurz zuvor hatte auf einer Betriebsversammlung der BR-Vorsitzende (der unvergessene Heribert Fieber) dem Betriebsleiter das Mikrophon verweigert (mit Hinweis darauf, dass er laut Tagesordnung jetzt nicht das Wort habe), woraufhin dieser wutentbrannt demonstrativ die Versammlung verließ; dabei nun soll ihm ein Mitarbeiter zugerufen haben „ja verpiss Dich nur Du blödes A...“ - der Betriebsleiter befolgte dann zwar diesen sicher gutgemeinten Ratschlag, beschwerte sich aber anscheinend bei T.H. über die zugegebenermaßen nicht gerade devote Wortwahl. Dumm nur, dass das im Tumult der aufgeheizten Stimmung außer ihm niemand mitgekriegt hatte, und weil auch T.H. in seiner Strafpredigt vergaß erstmal zu erklären was überhaupt vorgefallen war und worüber er sich nun aufregte, hinterließ er damit wohl auch einen etwas anderen als den beabsichtigten Eindruck.
Witzig, dass gerade sowas bei den Mitarbeitern am meisten haften bleibt...
T.H. entging dann rechtzeitig dem BenQ-Desaster indem er beim Blackberry-Hersteller RIM anheuerte; seine nächste Schlagzeile war eine ausgesprochen positive Überraschung: Als Nokia seinen Bochumer Standort schloss und seine dortigen Mitarbeiter einfach rauswarf (was bekanntlich zu einem überraschend wirkungsvollen Verbraucherboykott führte, der die Jobs aber auch nicht mehr rettete), da rettete er rund 100 Bochumer Nokia-Handy-Entwicklern den Job, indem er sie zu RIM übernahm.
Nicht nur das: Er war damit auch noch ausgesprochen erfolgreich, denn diese zeigten ihre Stärken gleich, indem sie in Rekordzeit ein neues Blackberry entwickelten, das sich dann auch noch toll verkaufte!
So bewies T.H. nicht mit Worten sondern mit Taten, wie gaga es ist sein wertvollstes Kapital (seine Mitarbeiter und deren Knowhow) einfach rauszuwerfen, und dass es eigentlich nur beweist, dass man nicht weiß wie man diese so einsetzen kann, dass es sich für die Firma auch richtig lohnt! Nokia wollte sie nicht mehr, RIM wollte sie und profitierte davon!
Diese Lektion sollte man sich gut merken (auch mit Blick auf den September bei NSN…).
Leider geht jede Erfolgsstory auch mal zu Ende, auch bei RIM: Der Trend zu Handys mit einfacher Bedienung via Touchscreen wurde verschlafen (kennen wir auch von Nokia); T.H. soll vor drei Jahren mal gesagt haben „für uns ist es nicht wichtig was Apple macht“ – hätte es aber sein sollen!
Jetzt kämpft RIM genauso wie Nokia gegen diese Konkurrenz, und zeitgleich mit T.H.‘s Aufstieg wurde nun auch verkündet, dass RIM sich nun leider von jedem zehnten Mitarbeiter trennen müsse – klar kann man so Kosten sparen, aber ob man damit auch beschleunigt neue Technologien und Produkte entwickeln kann, um so die Produktpaletten-Fehlentscheidungen der jüngsten Vergangenheit zu kompensieren und wieder aufzuholen?
Gestern hat RIM von den Fehlern von Nokia noch profitiert – heute machen sie die gleichen Fehler nach. Die SZ formuliert dazu: „Trotzdem ist der Deutsche nun der wichtigste Mann für die Wende. Er versucht es mit demselben Rezept, das bei Siemens schon nicht funktionierte.“ T.H. will noch in diesem Jahr 7 neue Blackberry-Geräte auf den Markt werfen - das bringt entweder die Wende für RIM, oder die ehemaligen Nokia-Handy-Entwickler, die bei RIM eine neue Heimat gefunden haben, müssen schon wieder um ihren Job bangen.
Wir wünschen ihnen jedenfalls alles Gute.
(bt)
Mittwoch, 27.7.2011
Todesstrafe wegen Siemens-Korruption
Laut
fudzilla lief alles wie geschmiert in China, bis jemand gegen das elfte Gebot verstieß: Du sollt Dich nicht erwischen lassen!
Demnach soll ein ehemaliger China-Mobile-Chef wegen Annahme von 1.15 Mio $ Siemens-Schmiergeldern zum Tode verurteilt worden sein; auch wenn die Exekution ausgesetzt wurde und noch in eine Haftstrafe umgewandelt werden kann: Drastischer kann man wohl kaum mehr gegen Korruption vorgehen!
China setzt auch da neue Maßstäbe - was nicht heißen soll, dass das auch alles nachahmenswert wäre: Die Todesstrafe befürworten wir natürlich genauso wenig wie z.B. Kinderarbeit oder Niedrigstlöhne, und dass man in China mit Menschenleben anders umgeht als wir hierzulande ist auch nicht wirklich neu.
Dabei kann man die chinesische Korruptionsbekämpfung keineswegs als konsequent durchgreifend bezeichnen: Schmieren kann man nur jemanden, der auch weitreichende Entscheidungsbefugnisse hat (derentwegen man ihn kaufen will), und das sind in China häufig kommunistische Partei-Apparatschiks; in der Folge kommt es nicht selten vor, dass nach Anzeige eines Korruptionsfalls nicht der korrupte Manager, sondern der Anzeige-Erstatter in einem Gefängnis verschwindet und alles fein säuberlich unter den Teppich gekehrt wird - WENN es aber dann doch mal dazu kommt, dass man ein abschreckendes Exempel gegen (gar zu dreiste und nicht mehr zu vertuschende) Korruption statuieren will, dann ist man in China schnell mit Todesstrafen bei der Hand, und nicht alle werden dann doch noch in lebenslange Haftstrafen umgewandelt - in den vergangenen Jahren gab es schon eine ganze Reihe nicht nur von Todesurteilen sondern auch ausgeführten Exekutionen von hochrangigen der Korruption überführten Managern.
(bt)
Montag, 25.7.2011
Kündigung nach Kritik an ein-Euro-Jobs
Wie die
„Junge Welt“ berichtet, wurde eine kritische, langjährige und schwerbehinderte Mitarbeiterin der Beschäftigungsgesellschaft „Werkstatt Frankfurt“ verhaltensbedingt gekündigt, nachdem sie gewagt hatte, die schlechte Behandlung von Arbeitslosen in Ein-Euro-Jobs (und die zunehmende Beschäftigung von Ein-Euro-Jobbern auf Tätigkeiten, die früher tariflich bezahlt wurden) zu kritisieren, und sie sich zudem über sexuelle Belästigung durch ihren Vorgesetzten beschwert hatte.
Kündigungsschutzprozess am 16.8. in Frankfurt.
(bt)
Samstag, 23.7.2011
Déjà-vu: Arbeitsrichter im Stress
Wie die SZ vom 23.7. berichtet, sorgt die Firma IBM für eine gute Auslastung des Stuttgarter Arbeitsgerichts und des
Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (LAG):
Ehemalige Mitarbeiter wollten sich eine nachteilige Betriebsrentenanpassung
nicht gefallen lassen, bisher gingen deshalb schon über 1600 von ihnen individualrechtlich vor Gericht -
und haben bisher auch ausnahmslos gewonnen, in beiden Instanzen!
Zudem schmetterte das BAG eine Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde von IBM ab.
Die SZ meint dazu, so langsam hätte sich IBM vielleicht mal geschlagen geben und die Betriebsrenten entsprechend korrigieren können -
IBM stellt sich aber stur, trotz Intervention der Arbeitsrichter bei der Geschäftsführung beharrt man weiterhin darauf,
dass jeder einzelne Betriebsrentner seine Ansprüche weiter einzeln vor Gericht durchkämpfen muss - trotz des vorhersehbaren Ausgangs.
Was von einer recht eigenen Auffassung von rechtlichem Verhalten zeugt (sich erst dann an die Gesetze zu halten wenn man dazu
verurteilt wird) - aber da haben vielleicht auch die ehemaligen Siemens-München-Hofmannstraßen-Mitarbeiter ein déjà-vu,
nur dass es bei ihnen damals um Kündigungsschutzprozesse ging. Auch damals gingen sämtliche Prozesse für die Firma verloren,
erst zu 100% in erster Instanz, und dann ging es auch am LAG so weiter - trotzdem musste jeder einzelne Prozess durch alle
Instanzen durchgezogen werden, ein vorheriges Einlenken kam nicht in Frage.
Ein überlasteter LAG-Richter
beklagte sich so über IBM: "Hier wird das teure, knappe Gut Rechtsprechung von einem Unternehmen vereinnahmt".
Anscheinend setzt IBM darauf, dass nur ein Bruchteil (der 20.000 Konzernrentner) klagt, was den Konzern also immer
noch (selbst bei Totalverlust aller Gerichtsverfahren) billiger käme als wenn er die Fehlbeträge flächendeckend nachzahlen würde.
Auch das klingt bekannt: Zwar haben 2003 alle 163 MchH-Kläger ihre Prozesse gewonnen, viel mehr Kollegen noch aber gingen "freiwillig",
ließen es gar nicht erst auf eine Kündigung oder gar einen Kündigungsschutzprozess ankommen - so gesehen war auch der damalige
MchH-Stellenabbau ein Erfolg, trotz der durchgängigen Niederlagen vor Gericht.
Trotzdem: Ein vorbildliches Verhalten in einem Rechtsstaat sieht sicherlich anders aus, die Verärgerung der Richter lässt sich
sehr gut nachvollziehen, und eine gute Image-Werbung für die Firma ist so was auch nicht gerade.
(cnn)
Samstag, 23.7.2011
Ein ungewöhnlicher Rechtsstreit um eine fristlose Kündigung
Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass die Anzeige von tatsächlich vorhandenen Missständen
durch einen Mitarbeiter kein Kündigungsgrund ist. Begründet wird dies durch die Meinungsfreiheit, die in
Artikel 19 der Menschenrechte verankert ist.
Gleich zwei bedeutsame Punkte, über die wir vor kurzem berichtet haben, machen diesen Rechtsstreit darüberhinaus interessant.
Zum einen der lange Gerichtsweg, verbunden mit entsprechend langer Klärungsdauer. Der vorliegende Fall begann
im Jahre 2005 und ist noch nicht rechtskräftig. Damit übertrifft er zeitlich den Fall in unserem Artikel vom 29.6.2011
„Der lange Weg zum „Recht““.
Spiegel online beschreibt den aktuellen Stand mit „einen Etappensieg“ für die Klägerin.
Die Etappen, die die Klägerin – eine Altenpflegerin in einem Pflegeheim - bereits hinter sich hat, sind:
Arbeitsgericht -> Landesarbeitsgericht -> Bundesarbeitsgericht –> Bundesverfassungsgericht ->
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).
Beim EGMR ist die Beklagte nicht mehr der Arbeitgeber, ein Klinikbetreiber, sondern der Staat Deutschland.
Wie gesagt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Die Bundesregierung hat drei Monate Zeit, um Einspruch einzulegen
und die Verweisung an die Große Kammer des Gerichtshofs zu beantragen.
Zum anderen geht es bei dem vorliegenden Streit wieder um Betriebsinternas, wo Arbeitgeber meist empfindlich reagieren,
siehe Artikel vom 16.7.2011
„Arbeitgeber ärgert sich über Bürosatire“.
Hier wurde kein (erfundener) Roman veröffentlicht, der durch die Kunstfreiheit gesichert ist.
Die Arbeitnehmerin hatte Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber erstattet, weil der Arbeitgeber systematisch versucht hätte,
aufgezeigte Probleme und Missstände zu verschleiern. Dies führte direkt zu einer fristlosen Kündigung.
Allerdings hatte die Pflegerin und ihre Kollegen die Geschäftsleitung davor mehrfach auf die Probleme hingewiesen.
Sogar der Medizinische Dienst der Krankenkassen hatte Mängel festgestellt. Die deutschen Gerichte bestätigten trotzdem die Kündigung.
Erst der EGMR in Straßburg stellte fest, dass "in einer demokratischen Gesellschaft das öffentliche Interesse an Informationen
über Mängel in der institutionellen Altenpflege in einem staatlichen Unternehmen so wichtig" ist, dass es gegenüber dem Interesse
des Klinikbetreibers überwiege. Der Gerichtshof sieht in der Entlassung eine Verletzung der Meinungsfreiheit
und sprach somit der Pflegerin eine Entschädigung zu.
(sh)
Freitag, 22.7.2011
Teurer Kahlschlag bei Ericsson
Normalerweise jubeln Anleger, sobald sie nur irgend etwas in Richtung „Restrukturierung“ hören - dieser Jubel hat aber auch seine Grenzen,
es spricht sich zunehmend herum, dass Restrukturierung auch Restrukturierungskosten bedeutet, und diese können einem Unternehmen
ganz schön die Bilanz verhageln!
So geschehen bei Ericsson: Der NSN-Konkurrent gibt dieses Jahr 330 Millionen Euro für Umstrukturierungen aus
(wozu verschärfend hinzukommt, dass mehr Mitarbeiter als erwartet die Abfindung haben wollten),
und das sind 330 Milliönchen weniger in der Tasche – was von Analysten durchaus kritisch bewertet wird!
(
de.reuters.com)
Kommt es also so langsam zu einem Umdenken? Wohl nur teilweise – es gab schon immer Leute,
die an den großen Wunderheiler „Personalabbau“ glauben wie andere an den heiligen Gral,
egal wie oft sie dieses Wundermittel schon angewendet haben ohne dass dies die große Wende gebracht hat,
und andere haben vor Jahren schon erkannt, dass ein Unternehmen sich nur dann umfassende
Restrukturierungen leisten kann, wenn es auch ordentlich Kleingeld in der Tasche hat;
und auch den Nerv, die Anleger-Schimpfe zu ertragen, wenn diese sich dann über die dadurch verhagelte Bilanz beschweren:
Jedes Jahr mit massiver Restrukturierung ist zugleich auch ein Jahr mit schlechten Ergebnissen – dank der Restrukturierungskosten.
Und wie schaut’s mit der nächsten, für Ende September angekündigten Restrukturierung bei NSN aus?
NSN hat keine Aktionäre (die über durch Restrukturierungskosten geschmälerte Ergebnisse schimpfen könnten)
sondern die Eigentümer Nokia und Siemens, und wenigstens Siemens hat derzeit viel Taschengeld übrig – das birgt in der Tat die Gefahr neuer Kahlschläge bei NSN. Unter der Überschrift „NSN – aus eigener Kraft die Zukunft gestalten“
(
nur im NSN-Intranet zugreifbar)
fordert hingegen der NSN-Gesamtbetriebsrat eine „Vorwärtsstrategie, welche die Beschäftigten mitnimmt“:
„Das Mittel zur Zukunftssicherung heißt F&E. NSN muss in Innovationen und Wachstum mit einem E2E-Portfolio investieren statt in
Restrukturierung.“ Klingt gut – aber ob die maßgeblichen Entscheidungsträger darauf hören werden?
Man soll ja nie die Hoffnung aufgeben, aber…
(bt)
Freitag, 22.7.2011
Verbraucherschutzportal statt Gesetzgebung
Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), hat sich bisher weder in Berlin
noch in Brüssel hervorgetan, dass Kennzeichnungen oder Regelungen für Lebensmittel strenger und klarer gefasst werden.
Um so erstaunter nahmen die Lobbyisten der Lebensmittelindustrie wütend zur Kenntnis, dass die Bundesministerin im Rahmen der Initiative
"Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln"
ein Internet-Verbraucherportal „lebensmittelklarheit.de“ anbieten will. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung
der Deutschen Ernährungsindustrie sprach sogar von einem Pranger.
Vergangenen Mittwoch ging dieses Portal nun online, welches ungewollt – weil wegen Überlastung nicht zugreifbar -
kostenlose Häme und Werbung in der Presse bekam. Auch heute funktioniert der Zugriff über die offizielle URL
noch nicht einwandfrei, stattdessen steht eine
funktionierende Adresse bereit.
Das Ziel der Initiative des BMELV „die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Kennzeichnung informieren,
sie besser vor Täuschung schützen und Unternehmen im Wettbewerb stärken, die ihre Produkte verbraucherfreundlich kennzeichnen“,
entbindet aber Frau Aigner nicht von ihren politischen Hausaufgaben. Dies ist die Hauptkritik der Grünen:
„die Plattform sei kein Ersatz für gesetzliche Regelungen gegen irreführende Werbung und für eine transparente und
leicht verständliche Etikettierung.“ Und die FDP kritisiert, die Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner transportiere
mit dem Portal die Ängste der Verbraucher vor Lebensmitteln. Es seien zwar bei manchen Kennzeichnungen von Lebensmitteln
Verwirrungen zu korrigieren, „aber das ist ein gesetzgeberischer Auftrag und gehört nicht in die Hand von Verbraucherzentralen".
www.manager-magazin.de.
(sh)
Freitag, 22.7.2011
Ferienzeit – Zeit für Überraschungen?
In ein paar Tagen geht’s wieder los, die Sommerferien beginnen, und alle verreisen gleichzeitig und wundern sich über verstopfte Straßen.
Das ist aber nicht das einzige Problem, das auf den erholungsuchenden Arbeitnehmer zurollt: Erfahrungsgemäß rollen Personalabbau-Programme besonders häufig just in den Sommer- oder Weihnachtsferien an.
Problematisch werden kann dann vor allem bei längeren Urlaubsreisen, dass dabei knappe Fristen einzuhalten sind; bei betriebsbedingten Kündigungen etwa kann eine Kündigungsschutzklage nur innerhalb von 3 Wochen ab Zustellung der Kündigung eingereicht werden, und als zugestellt gilt das schon mit dokumentiertem Einwurf in den Briefkasten (egal ob man nun zu Hause ist oder nicht).
Oder bei Ausgliederungen („schwache Bereiche müssen verbessert oder ausgegliedert werden“) hat man eine einmonatige Frist für einen Betriebsübergangs-Widerspruch.
Vorbeugen kann man dem, indem man vor längerer Reise jemanden beauftragt den Briefkastens zu leeren und die Post auf entsprechende Grausamkeiten-Briefe vom Arbeitgeber mit dringendem Handlungsbedarf abzuchecken.
Wir wollen damit keinen Teufel an die Wand malen: Der allgemeinen Gerüchte-Lage zufolge ist erst ab September mit den nächsten NSN-Grausamkeiten zu rechnen („harte Entscheidungen … zum Ende von Q3“), und zudem müssen solche in aller Regel ja zuvor erst noch mit dem Betriebsrat verhandelt werden, was nun auch nicht gerade in Nullzeit geht – trotzdem: Sicher ist sicher, also vor längeren Reisen bitte Vorsorge treffen, dass es nach der Rückkehr aus dem Urlaub keine böse Überraschung gibt.
Und auch wenn schon 1000 mal geschrieben: Wer noch keine Rechtsschutzversicherung (oder wenigstens Berufs-Rechtsschutzversicherung oder eine Gewerkschaftsmitgliedschaft) hat, sollte mal darüber nachdenken, ob er sie nicht über kurz oder lang brauchen könnte…
(bt)
Donnerstag, 21.7.2011
CapGemini-Betriebsübergang: Betriebsrat gewählt
Am 20.7. haben die von der NSN-IT zu CapGemini ausgegliederten Kollegen einen Betriebsrat gewählt.
In Personenwahl (nicht Listenwahl) übrigens; für die 5 zu vergebenden BR-Mandate haben sich erfreulicherweise doch noch 15 Kandidaten gefunden, nachdem es anfangs noch danach aussah, als könnte die BR-Wahl womöglich mangels Kandidaten ins Wasser fallen.
Glückwunsch, dass es doch noch geklappt hat (ohne unken zu wollen, aber früher oder später werdet Ihr Euren BR auch wirklich brauchen), und Glückwunsch natürlich auch den gewählten Kollegen und alles Gute für diese verantwortungsvolle Aufgabe!
(bt)
Donnerstag, 21.7.2011
NSN Mch-M: Betriebsrat verliert Prozess wegen Logistiker-Einstellungen
Seit ihrem
§613a-Widerspruch gegen eine für sie vorgesehene Ausgliederung zu einer anderen Firma suchen einige NSN-Logistiker händeringend nach neuen Aufgaben bei NSN, und dies schon seit Monaten; zwar sind sie ihren Job noch nicht los, das Gehalt fließt weiter, aber zur Erfüllung eines Arbeitsvertrags gehört schon auch die Zuweisung vertragsgemäßer Arbeit (ohne die der Job auf Dauer ja auch hochgradig gefährdet wäre).
Umso erstaunter war wohl der Betriebsrat, als er von der geplanten Einstellung mehrerer Logistik-Koordinatoren erfuhr, und versagte diesen Einstellungen seine Zustimmung: Grundsätzlich ist ja gegen Einstellungen nichts zu sagen, aber erst sollen mal die eigenen Leute wieder beschäftigt werden!
Der Arbeitgeber ließ dies nun aber gerichtlich klären, und das Arbeitsgericht München sah’s anders als der Betriebsrat: Das Gericht hält die Einstellungen für rechtens, da besagte Logistik-Kollegen ja nur temporär keine Arbeit haben, aber (noch?) nicht akut und tatsächlich von Kündigung bedroht seien.
Ob der Betriebsrat gegen diese erstinstanzliche Entscheidung Berufung einlegen wird, ist noch zu entscheiden (abhängig von der genauen schriftlichen Entscheidungsbegründung des Gerichts).
(bt)
Dienstag, 19.7.2011
Massenentlassungen bei Cisco
Lange hat es nicht gedauert, bis die Befürchtungen (siehe Artikel vom 13.7.2011
„Kahlschlag bei Cisco“) über den massiven Stellenabbau wahr wurden: fast jeder zehnte Mitarbeiter muss gehen, d.h. weltweit 6.500 Jobs entfallen.
Zusätzlich zum Stellenabbau hat die Konzernführung von Cisco ein mexikanisches Werk in Juarez an die taiwanesische Firma Foxconn abgegeben. Foxconn dürfte auch unseren Lesern wohlbekannt sein (siehe letzter Artikel vom 20.1.2011
„Arbeitnehmer-Selbstmordserie in China reißt nicht ab“). Die Firma beschäftigt in China über eine Million so genannte Wanderarbeiter und sorgt für die Gewinne von den westlichen Firmen wie Apple, Sony, Nokia u.a. Da dürfen wir abwarten, wie lange das Versprechen von Cisco hält, dass die immerhin 5.000 Arbeitsplätze in der mexikanischen Fabrik in Mexiko verbleiben.
Cisco will in Zukunft jährlich eine Milliarde Dollar Einsparungen erzielen. Dafür werden jetzt erstmal 1,3 Milliarden Dollar aufgebracht für Abfindungen und Vorruhestand von 2.100 Mitarbeiter – die „Entsorgung“ der anderen kostet wohl nichts. Über evtl. Maßnahmen für die 850 Mitarbeiter in Deutschland wird im Bericht des
Manager Magazin nichts berichtet.
(sh)
Dienstag, 19.7.2011
Aus für das Projekt ELENA
Die Regierung stoppt das
Projekt ELENA (elektronischer Entgeltnachweis), hinter der eine gigantische und sehr umstrittene Arbeitnehmer-Datenbank (noch) steht. Dies ist ein Sieg der Datenschützer, der Gewerkschaften und Bürgerrechtsaktivisten und den vielen, die gegen die Einführung von ELENA Verfassungsbeschwerde eingelegt haben. Wir haben darüber in einem Artikel vom 7.2.2011
„Wie sicher ist ELENA?“ berichtet.
Die Begründung der Bundesregierung klingt laut
Spiegel online etwas banaler: „für das Elena-Verfahren datenschutzrechtlich zwingend geboten“ sei die so genannte qualifizierte elektronische Signatur und die werde sich nicht schnell genug verbreiten – eine späte und für uns Steuerzahler sicherlich teure Erkenntnis.
Das Projekt lief seit Beginn nicht gut; es gab früh Bedenken, auch massive Kritik vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz. Der Umfang der gespeicherten Daten wurde dann zurückgestutzt. dann erfolgten weitere Änderungen, danach wurde die Testphase um 2 Jahre verlängert, und nun das AUS – Projektmanagement par excellence.
Und die Kosten gehen natürlich weiter. Die Regierung sagt zu, dass die bisher ermittelten Daten „unverzüglich“ gelöscht werden, was immer das heißen mag. Das Projekt ist ja auch „schnellstmöglich einzustellen“. Zudem solle ein neues Konzept für ein einfacheres Meldeverfahren zur Sozialversicherung erarbeitet werden. Wir werden sehen, ob die Regierung diese Erfahrung positiv aufnimmt und das neue Projekt auf Basis von „lessons learned“ startet.
(sh)
Dienstag, 19.7.2011
NSN: Neues Forschungs- und Entwicklungszentrum auf den Philippinen - Fortsetzung
Auf unseren Artikel von Mittwoch, 13.7.2011,
"NSN: Neues Forschungs- und Entwicklungszentrum auf den Philippinen" bekamen wir von unseren Lesern
weitere Infos zugeschickt. Darin steht, dass dort Entwicklungen für Mobilfunknetze (3G und 4G) stattfinden soll. Bis Ende 2011 sollen 500 Ingenieure eingestellt werden und deren Zahl soll sich 2012 verdoppeln.
Welche Auswirkungen diese Entscheidungen auf den Standort Ulm (ca. 650 Mitarbeiter), wo gleiche Entwicklungen gemacht werden, haben wird, steht in diesem Artikel nicht.
Auch im NSN-Intranet wird dieses Thema weder erwähnt noch diskutiert. Aus gutem Grunde?
(Die Redaktion)
Montag, 18.7.2011
Deutsche Sprache, schwere Sprache
... und das ist auch gut so!
Warum?
Weil
laut der Welt unsere Bundeagentur für Arbeit, die dem Bären aufgesessen ist, dass wir einen Fachkräfte- und Ingenieursmangel hätten, diesem vermeintlichen Mangel gerne mit billigen Arbeitskräften aus den europäischen Krisenländern Griechenland und Spanien abhelfen wollte, wenn da nur nicht dieses Sprach-Hindernis wäre: Deutsch gilt als schwer erlernbar, wird auch zunehmend in vielen europäischen Ländern gar nicht mehr als Fremdsprache an den Schulen angeboten; die Folge: Man lernt eher Englisch und emigriert dann, wenn schon denn schon, lieber gleich in ein englischsprachiges Land.
So gesehen könnten manche ältere deutsche Ingenieure auf Stellensuche davon profitieren, dass wir so eine schwierige Sprache haben, insoweit sie nämlich erst dann eine Chance auf Einstellung haben, wenn unsere Arbeitgeber nicht so einfach auf billigere ausländische Fachkräfte aus Krisenländern der näheren Nachbarschaft ausweichen können. Frei nach dem Motto: Ihr seid zwar billiger, aber ich spreche dafür Deutsch!
Eine komplizierte Muttersprache als Arbeitsmarkt-Schutzwall: Wer hätte das gedacht?!
(bt)
Montag, 18.7.2011
Jeder zweite Deutsche arbeitet auch im Urlaub
... so eine Studie von dpA/YouGov (
www.stern.de).
52% der Befragten gaben an, schon mal im Urlaub gearbeitet zu haben – 57% der Männer und 48% der Frauen.
Besonders arbeitswütig sind sowohl die „Gutverdiener“ (72%) als interessanterweise auch die Kollegen im Altersfenster 45-54 (also ausgerechnet die, die sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt besonders schwer tun) mit 60%.
Mit Smartphones soll das übrigens nichts zu tun haben.
(bt)
Montag, 18.7.2011
ein Blick zur Konkurenz...
ZTE, ein Chinesischer Anbieter von Telekommunikationstechnik, verstärkt seine Aktivitäten in Deutschland. So ist die Errichtung eines Forschungszentrums in der Nähe der Technischen Universität Dresden geplant.
Für ZTE scheinen die Bedingungen im Umfeld der TU Dresden günstig zu sein: bereits in der Vergangenheit hatte das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung Projekte im Bereich Mobilfunk an der TU Dresden mit öffentlichen Geldern gefördert. Auch der weltweit agierende Netzbetreiber Vodafone unterhält an der TU Dresden einen Stiftungslehrstuhl für Mobile Nachrichtensysteme.
www.zdnet.de
(OH)
Samstag, 16.7.2011
Arbeitgeber ärgert sich über Bürosatire
Vermutlich haben einige Kollegen des Autors beim Lesen des fiktiven Romans mit dem knackigen Titel
„Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht“ schmunzeln müssen, auch wenn der Autor, ein Sachbearbeiter eines Küchenmöbelherstellers,
zu Beginn der Satire ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es um erfundene Personen und Handlungen geht.
Seine Ich-Erzählung war für die Firma Grund genug, ihm – der auch Mitglied im Betriebsrat war - fristlos zu kündigen.
Gibt es etwa Ähnlichkeiten bzw. Parallelen im wirklichen Leben der Firma, die nun allzu deutlich zu Tage treten
und die der Firma unangenehm sind?
Das Arbeitsgericht Herford hatte jedenfalls der Kündigungsschutzklage des Sachbearbeiters stattgegeben
(
AZ: 2 Ca 1394/10).
Die Begründung: eine Vertragspflichtverletzung sei nicht erkennbar, außerdem seien durch die Buchveröffentlichung keine Persönlichkeitsrechte,
weder von Kollegen, noch von der Geschäftsleitung, verletzt worden. Außerdem erhebt der Autor keinen Wahrheitsanspruch an seinen Schilderungen.
Gegen dieses Urteil legte der Arbeitgeber Berufung ein, die wiederum vom Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm zurückgewiesen wurde
(
AZ: 13 Sa 436/11).
Die Entscheidung des LAGs basiert auf den Grundrechten jedes Romanautors. Die Kunstfreiheit gemäß
Art. 5 Abs. 3 GG gelte auch für den Kläger.
Die Vermutung, dass es sich bei dem Buch nicht um tatsächliche Gegebenheiten handle, sondern um fiktive Darstellungen,
müsse laut Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts gelten, so lange nicht sämtliche Eigenschaften einer Romanfigur
mit einem tatsächlichen Vorbild übereinstimme.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.
Von einer Nachahmung wird nicht abgeraten, man sollte aber abwarten, bis das Urteil rechtskräftig ist
und eine ähnliche Reaktion der Firma einkalkulieren. Es gibt aber auch die Möglichkeit,
einen Roman unter einem Pseudonym zu veröffentlichen.
Quelle:
www.arbeitsrecht.de
(sh)
Samstag, 16.7.2011
Todestag von Heribert Fieber jährt sich
Vor einem Jahr starb unser ehemaliger Hofmannstraßen-Betriebsratsvorsitzender Heribert Fieber.
Heribert hat nicht nur mit seinem Engagement (insbesondere beim Brutalo-Stellenabbau in der Hofmannstraße im Jahr 2003) sondern vor allem auch mit seinem Verständnis von Betriebsratsarbeit neue Maßstäbe gesetzt und viele von uns sehr nachhaltig beeinflusst.
Er war ein BR-Vorsitzender, bei dem man/frau sich einfach gut aufgehoben fühlen konnte - souverän, kompetent, stets den richtigen Paragraphen parat, engagiert, verhandlungsstark, humorvoll und mit einer eingängigen Bildersprache begabt, erfreute er sich des Vertrauens und des höchsten Respekts seiner Belegschaft und war auch uns NCI'lern stets ein Vorbild.
Was wir aber eigentlich mit diesen Zeilen sagen wollen: Wir haben Dich nicht vergessen, Heribert!
(bt)
Donnerstag, 14.7.2011
Kein Investoren-Einstieg bei Nokia Siemens Networks
Nun ist es also amtlich: Die Verhandlungen mit potentiellen NSN-Anteilskäufern sind ergebnislos beendet worden, die NSN-Mütter werden jetzt also wohl selber NSN für einen Börsengang im nächsten Jahr aufhübschen. (
www.aktien-meldungen.de,
www.nokiasiemensnetworks.com)
Ist das nun überraschend, und ist es gut oder schlecht?
Zunächst mal: Überraschend ist es nicht, schließlich waren entsprechende Meldungen in der Online-Presse ja schon seit Tagen nachzulesen; überraschend ist allenfalls, dass die betroffenen Mitarbeiter dies mal wieder erst beim morgendlichen Zeitunglesen erfuhren, statt am Vorabend im firmeneigenen Intranet – das Informations-Timing ist bei NSN wohl noch immer verbesserungsfähig (erst die Presse, dann die Mitarbeiter?).
Klar ist auch, dass die NSN-Eigentümer wohl kaum erst noch groß bei Motorola eingestiegen wären, wenn sie vorgehabt hätten NSN für einen Apfel & Ei zu verramschen – spätestens nach dieser Großinvestition war ja wohl klar, dass NSN-Anteile nur entweder für einen guten Preis oder gar nicht zu haben sein würden.
Aber auch wenn sie so gerne frisches Kapital in die Firma gepumpt hätten: Klar ist auch, dass Finanzinvestoren keine Wohltätigkeitsvereine sind, die wollen auch nur möglichst wenig ausgeben um dann kurz darauf umso mehr wieder dafür zurückzubekommen - die Wahrscheinlichkeit, dass man sich preislich nicht würde einigen können, war daher von Anfang an hoch.
Klar ist eine Presse wie „keiner will den Ladenhüter“ nicht gerade gut für’s Firmenimage und die Firma (man hätte ja auch freundlicher formulieren können „NSN ist zu wertvoll für knausrige Finanzinvestoren“…); das lässt sich aber ganz schnell durch eine gute Geschäftsentwicklung korrigieren, NSN muss dafür „nur“ nach der bereits erfolgreichen Rückkehr zum Wachstumskurs nun auch noch seine Ergebnisse verbessern, dann stimmt auch wieder das Image.
Klar hat es einen negativen Aspekt, wenn die Firma erst etwas versucht, was dann doch nicht klappt (die Kapitalbeschaffung über Investoreneinstieg eben); man könnte aber auch positiv formulieren: NSN bleibt unabhängig von irgendwelchen auf schnelle Rendite ausgerichteten Finanzinvestoren.
Für den NSN-Gesamtbetriebsrat jedenfalls geht damit ein Wunsch in Erfüllung, denn dieser befürchtete von einem solchen Investor ein noch radikaleres Personalabbauprogramm, als es bei einer Eigensanierung durch Siemens zu erwarten ist (Ausgliederungen und Stellenabbau vor einem Börsengang), deshalb zog der GBR von Anfang an einen Börsengang ohne vorherigen Großinvestoreneinstieg vor.
In den nächsten Monaten dürfte sich herausstellen, ob diese Rechnung aufgeht, ob die NSN-Mütter bei der weiteren Sanierung mehr auf das Rezept „gute Produkte und Dienstleistungen entwickeln und erfolgreich vermarkten“ oder doch wieder primär auf Stellenabbau (Rezept „Leute mit wertvollem Knowhow rauswerfen und dafür auch noch viel Geld ausgeben“) setzt, und wie groß letztlich das "Blutvergießen" bei der Eigensanierung wird.
(bt)
Mittwoch, 13.7.2011
Siemens-Korruptionsprozesse: Noch ein Verfahren gegen Bares eingestellt
Nach dem Ganswindt-Deal (zahle freiwillig einen bestimmten Betrag, dann lassen wir Dich in Ruhe) mag es keine Überraschung sein, dass für Neubürger eine ähnliche Einigung erzielt wurde; eine Verfahrenseinstellung gegen Bares erscheint aber nun mal gerade bei Korruptionsprozessen, in denen es ja gerade darum geht, dass man sich eben nicht alles für Geld kaufen darf, pädagogisch etwas verunglückt.
Siemens-ex-Finanzchef Neubürger zahlt nun freiwillig 400.000.- an gemeinnützige Organisationen (und das ist kein Bußgeld, auch diese juristische Feinheit ist nicht unwichtig) und dafür wird das Verfahren gegen ihn eingestellt.
Dieses Verfahren wohl gemerkt; Siemens klagt ja weiterhin in einem anderen Verfahren auf Schadensersatz. (
newsticker.sueddeutsche.de)
(bt)
Mittwoch, 13.7.2011
Kahlschlag bei Cisco
Internet-Musterknabe Cisco ist damit groß geworden, anders als andere zum richtigen Zeitpunkt auf die Entwicklung von Routern und Switches gesetzt zu haben; spätestens aber seit man sich mit HP angelegt hat, türmen sich auch bei diesem Klassenprimus die Probleme auf, und Cisco sucht verzweifelt nach funktionierenden Wachstumsfeldern. Nicht immer erfolgreich, was wiederum zu Plan E führt: E wie Entlassung.
Konkret droht der Verlust von 10.000 Cisco-Jobs, davon etwa 3000 per Aufhebungsvertrag und 7000 Kündigungen. (
newsticker.sueddeutsche.de)
(bt)
Mittwoch, 13.7.2011
NSN: Neues Forschungs- und Entwicklungszentrum auf den Philippinen
Die Karawane zieht weiter: von Indien über China auf die Philippinen. Immer auf der Jagd nach den billigsten Schnäppchen.
Die Redaktion bekam den folgenden Link zugesandt:
www.sunstar.com.ph.
Wer mehr Details dazu weiß, z.B. wie viele Arbeitsplätze, welche Arbeitsgebiete, kann seine Infos an
info@nci-br.de senden (auch anonym). Oder gar selber einen Artikel einreichen.
(Die Redaktion)
Dienstag, 12.7.2011
Unfreundliches Presse-Feedback für den neuen Nokia-Chef
...und das ist noch nett ausgedrückt; unter der Überschrift „vom Katastropenmanager zum Totengräber“ fasst
Elektroniknet die „Ergebnisse der Ära Stephen Elop bei Nokia“ als Negativ-Rekord zusammen:
"...Aktienkurs um 52 % gesunken, das erfolgreichste OS der Welt (Symbian) beerdigt, das beste Smartphone seit langem (N9) den wichtigsten europäischen Kunden vorenthalten, mit Windows Phone auf ein OS gesetzt, das von den Kunden nicht geliebt und dank Skype von den Telekom-Providern derart gehasst wird, dass es in den Läden vermutlich nicht ein einziges subventioniertes Handy mit Windows Phone und Skype geben wird, einen für den US-Markt historischen Deal mit AT&T ausgeschlagen, und last but not least den Marktanteil von 29 % in Q4 2010 bis Ende 2011 vermutlich mehr als halbiert - und nebenbei dem Chiplieferanten Texas Instruments nach dessen eigener Aussage noch die Quartalsbilanz verhagelt.
Welcher CEO kann eine solch desaströse Bilanz in nur 9 Monaten vorweisen … ?“
Autsch!
(bt)
Freitag, 8.7.2011
NSN: Standortkonsolidierung geht weiter
Die Zahl der NSN-Standorte in Deutschland hat sich seit dem Bestehen der Firma kontinuierlich verringert. So sind z.B. Mch P und Mch H (Teile) in Mch M aufgegangen. Auf der letzten Wirtschaftausschusssitzung (WA) wurden dem Gesamtbetriebsrat (GBR) die Pläne für weitere Standortschließungen bekannt gegeben. Betroffen wären kleinere Standorte z.B. Bremen, Cottbus, Chemnitz, Erfurt und Halle. Die Mitarbeiter wurden von ihren Betriebsräten informiert. Was mit ihnen passieren soll, wird zwischen der Firmenleitung und der IGM verhandelt (
nur im NSN-Intranet). Eine offizielle Mitteilung der IGM gibt es dazu nicht.
(IC)
Donnerstag, 7.7.2011
NSN: Viele Fragen, keine Antworten
Es gibt sie doch noch, die Betriebsräte, welche nicht auf den GAU (z.B. Sozialplan) warten, sondern schon vorher die Probleme hinterfragen (s. auch
Montag, 6.6.2011 "Proaktive Betriebsräte"). So geschehen auf der Betriebsversammlung in Hamburg (warum nicht in Mch M?). Dort wurden sehr kritische Fragen über die Ursachen der schlechten Bilanz bei NSN und nach den Management-Fehler gestellt, z.B. im Bereich Optik und Service (s. Bericht letzte Seite
nur im NSN-Intranet)
Leider gab es keine Antworten von der Betriebsleitung dazu. Auch in den internen EBlogs der NSN-Leitung gibt es außer der üblichen Propaganda (und Jubelbeiträgen unkritischer Mitarbeiter) kaum eine ehrliche Benennung der Ursachen für NSN-Probleme. Sollen sich also die Betriebsräte und die Mitarbeiter mit der unehrlichen Kommunikation abfinden? Zumindest denjenigen, welche in der Firma bleiben wollen/müssen, sollte es nicht egal sein. Sie sollten immer wieder eine ehrliche Antwort verlangen. Irgendwann (hoffentlich rechtzeitig) werden die „Könige“ schon merken, dass sie nackt dastehen.
(IC)
Dienstag, 5.7.2011
Pilotprojekt der Bundesregierung zur anonymisierten Bewerbung
Die Antidiskriminierungsbeauftragte zieht zur Halbzeit des Pilotprojektes zu anonymen Bewerbungen eine erste positive Bilanz (siehe auch NCI-Artikel
„Bewerbungen mit anonymen Lebensläufen – eine Chance auch für Ältere?“ vom 3.8.2010). Anonymisierte Bewerbungsverfahren sind in Deutschland auch möglich. Daher seien die gegenteiligen Behauptungen der Wirtschaft widerlegt. An dem Pilotprojekt haben 5 Unternehmen und 3 Verwaltungen teilgenommen.
In den USA ist diese Bewerbungsart schon Standard und durch das Pilotprojekt will man es auch hier publik machen. Auch hat es sich nicht bestätigt, dass es bei diesem Verfahren zu erheblichen Mehraufwand kommt. Die Ergebnisse des Projektes sollen im Frühjahr 2012 vorliegen.
Selbst Frankreich Staatspräsident Sarkozy ist ein Befürworter dieser Idee. In Frankreich beteiligen sind 50 Unternehmen an dem Projekt.
Die deutsche Wirtschaft ist aber anscheinend noch nicht so weit. Na, dann warten wir es mal ab.
Quelle:
Der Tagesspiegel
(bebe)
Montag, 4.7.2011
Höchstmarken für Managergehälter?
Die Dax-Konzerne haben die Vergütung für Ihre Manager umgestellt. Somit beschert der Wirtschaftsboom u.U. demnächst diesen Vorständen zweistellige Millionenbeträge. Auch wenn es mal nicht so gut läuft, kassieren diese Vorstände trotzdem immer noch sehr gut. Irgendwie ist es eigenartig, die Vorstände haben so gut wie keine Einbußen, der normale Angestellte bei NSN ist froh, wenn sein Arbeitsplatz nicht abgebaut wird und bei der Frage nach Gehaltserhöhung bekommt man nur zu hören. Das geht nicht, wir müssen sparen.
Für Gesprächsstoff sorgen die Managergehälter immer, aber hat sich was getan? Es wird wohl wieder viele Diskussionen bei den nächsten Hauptversammlungen geben, aber am Ende bleibt alles beim Alten. Nach der Krise sind viele froh, dass es wieder bergauf geht und akzeptieren daher diese Gehälter. Aber kann es das wirklich sein? Wieso muss der einzelne Vorstand so viel verdienen? Diese Gehälter sind doch nicht angemessen. Die Bezahlung der Manager muss am nachhaltigen Erfolg der Unternehmen ausgerichtet sein. Aber wie sieht es wirklich aus? Einige wenige machen sich die Taschen voll und der normale Arbeitnehmer kämpft tagtäglich um seinen Arbeitsplatz. Leider sieht man kein Umdenken, wer viel verdient, muss immer noch mehr haben, sonst ist er es nicht. Manager dürfen ruhig mehr verdienen, aber die Leistung muss auch zu der Bezahlung passen.
Selbst der Gesetzgeber hat ja Druck gemacht und ein Gesetz zur Angemessenheit
www.buzer.de verabschiedet. Aber wie wird es bei den einzelnen Firmen umgesetzt? Bei einigen sind die Vereinbarungen so kompliziert, dass wie bei SAP diese allein 20 Seiten umfassen. Bei Volkswagen z.B. hat man in die Longterm-Incentives alles hineingepackt, so dass das eigentliche Anreizziel für die Manager nicht mehr erkennbar ist. Vieles wird vorgeschlagen, um das Vergütungssystem zu ändern, schauen wir mal, ob es wirklich was bringt.
Quelle: Handelsblatt Nr. 101
(bebe)
Montag, 4.7.2011
Sic transit gloria nokiae...
Nokia’s Tochterfirma Vertu, die auf dem japanischen Markt edle Luxus-Handys vertreibt, wird aufgegeben. Nokia zieht sich damit total vom japanischen Markt zurück, da „der Aufwand, lokalisierte Geräte für Japan zu liefern, nicht mehr zu rechtfertigen gewesen“ sei (
silikon.de ).
Allerdings sind wohl auch die Absatzzahlen der Vertu-Handys stark zurück gegangen. Gold und Diamanten konnten die fehlende Funktionalität gegenüber den Smartphones nicht mehr ausgleichen. Und 5.000 € bis 80.000 € sind auch kein Sonderangebot (selbst bei ebay sind die Preise für Vertu-Handys saftig).
...so vergeht der Ruhm von Nokia.
(sh)
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