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NCI Aktuell Archiv Juli 2010
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Samstag, 31.7.2010
Neues Trennungsszenario: Sucht NSN eine Beteiligungsfirma?
Laut Wall Street Journal wollen die NSN-Mütter Nokia und Siemens als Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Börsengang zuvor noch eine (freilich erst noch zu findende) Beteiligungsfirma für eine Minderheitsbeteiligung (maximal ein Drittel) ins NSN-Boot holen, für mindestens 1 Milliarde Dollar.
Ob das dann auch gelingt ist freilich eine andere Frage, denn solche Minderheitsbeteiligungen erfreuen sich im allgemeinen keiner großen Beliebtheit; andererseits wäre eine Millarde Dollar für ein NSN-Drittel ein echtes Schnäppchen, denn NSN ist sicherlich deutlich mehr als 3 Milliarden wert (zumal nach dem Motorola-Einkauf). Nichtsdestotrotz: Ob es wirklich dazu kommen wird, steht erst mal noch in den Sternen.
(bt)
Samstag, 31.7.2010
Alle Jahre wieder – Greencard contra Vollbeschäftigung
Das Arbeitgeberlager versucht es mal wieder – die Zuwanderung von Fachkräften möge doch bitte erleichtert werden, es drohe Fachkräftemangel in Deutschland.
Dabei ist die Lösung so einfach: Es geht nicht darum, Zuwanderung zu verhindern, sondern auf die richtige Dosierung, den richtigen Zeitpunkt und die richtige Geschwindigkeit kommt es an. Immer schön eines nach dem anderen: Erst sollten wir vor der eigenen Türe kehren und für Vollbeschäftigung sorgen – und zwar auch für die über-fünfzigjährigen Stellensuchenden - und DANN können wir über eine verstärkte Zuwanderung reden.
Von einer ÜfÜ-Vollbeschäftigung sind wir derzeit aber noch weit entfernt – selbst eine dieser vielzitierten IT-Fachkräfte, deren es angeblich zu wenige gibt, tut sich ab 50 mit der Stellensuche mehr als schwer.
Wer zu früh den Zustrom ausländischer Arbeitnehmer intensiviert, nimmt vom Arbeitgeberlager den Druck, deutsche Arbeitnehmer auch jenseits der 50 einzustellen.
Sobald diese Hausaufgabe gemacht ist, können wir weiter reden.
(bt)
Freitag, 30.7.2010
Was kann ein Betriebsrat bei Teil-Ausgliederungen tun?
Zum Thema „Teilausgliederungen“ hatten wir NSN’ler schon zu Hofmannstraßen-Zeiten ausgiebig Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln; Erfahrungen sowohl mit erfolgreichen als auch mit gescheiterten Ausgliederungen.
Grundsätzlich haben von Ausgliederungen betroffene Mitarbeiter sehr viele Rechte (sie müssen sie nur kennen...), und im Wesentlichen sind diese in einem einzigen Paragraphen zusammengefasst: §613a BGB. (Siehe auch Artikel zu Betriebsänderungen und Betriebsänderung bei InWaChRo)
Dazu gehört insbes. auch das Recht, zu einer Ausgliederung einfach „nein“ zu sagen (innerhalb einer Monatsfrist) und somit bei seiner alten Firma zu verbleiben.
Ob so ein „nein“ eine gute oder eine schlechte Idee ist, hängt sehr stark davon ab, wohin denn die Reise genau gehen soll bei der jeweiligen Ausgliederung.
Wie war das zum Beispiel damals mit der IBM-Ausgliederung: Solange die Kollegen noch glaubten, zur großen Firma IBM zu wechseln (mit einer breiten Personalbasis für eine Sozialauswahl bei eventuellen künftigen Restrukturierungen dort), waren sie noch guten Willens, den Betriebsübergang mitzumachen; sobald sie aber erfuhren, dass die Reise nur zu einer kleinen (und damit auch schließungsgefährdeten) IBM-Tochterklitsche gehen sollte, verflüchtigte sich die Begeisterung schlagartig.
Oder wie war das mit den IT-Ausgliederungen zu Accenture und Wipro: Als die Kollegen erfuhren, dass sie dort nicht in vorhandene Betriebe wechseln, sondern eigens für sie kleine Betriebe eröffnet werden sollten (was natürlich die individuelle Kündigungsgefahr von da an erheblich vergrößert hätte) wollte keiner mehr mit.
Zusammenfassend kann man sagen: Der betroffene Arbeitnehmer hat bei Ausgliederungen viel mehr Rechte und kann viel mehr für sich selbst tun als der Betriebsrat für ihn. Der Betriebsrat kann für frühzeitige und umfassende Information sorgen (damit die betroffenen Mitarbeiter eine solide Entscheidungsgrundlage für ihre Entscheidung für oder gegen einen eventuellen Betriebsübergangswiderspruch haben), und er kann möglichst gute Übertrittskonditionen verhandeln.
Nach unserer bisherigen Erfahrung ist das Letztere aber keine hohe Kunst: Schließlich will der Arbeitgeber ja selber dass möglichst wenige widersprechen, und hat somit schon ein Eigeninteresse an hinreichend attraktiven Übergangskonditionen; zugleich hat wie schon erwähnt der Mitarbeiter alleine schon durch §613a einige Rechte (viele Übertrittsvereinbarungen bestehen daher auch zu 95% aus völlig überflüssigen Zitaten aus diesem Gesetz und enthalten kaum wirklich Zusätzliches, das sollte tunlichst nicht sein), allenfalls über einen „nachwirkenden Sozialplan“ wird erfahrungsgemäß noch etwas zäher gefeilscht.
Aber den wirklichen Schlüssel hat letztlich der Betroffene selbst in der Hand, mit seiner Entscheidung für oder gegen ein Mitmachen dieses Betriebsübergangs (bzw. einen Widerspruch gegen denselben). Information ist da das A & O: Wohin genau geht die Reise, wie solide ist die aufnehmende Firma, wie sicher vor Insolvenz, komme ich zu einer großen Firma oder nur zu einer kleinen Tochterfirma derselben, ist mein neuer Betrieb groß genug für eine hinreichend breite personelle Basis für eine eventuelle künftige Sozialauswahl, ...?
Aber auch: Welche Perspektiven hätte ich bei NSN nach einem Widerspruch, gibt es passende offene Stellen, welchen Schutz habe ich hier durch eine Sozialauswahl wenn es zu Kündigungen kommen sollte?
Welche Forderungen an einen Betriebsrat lassen sich nun daraus ableiten?
Zunächst mal sollte die Reihenfolge klar sein: Erst solide informieren (sich selbst und die Betroffenen), und dann erst handeln und verhandeln.
Fremdbestimmung ist nicht so unser Ding, daher unsere Forderung:
Ein Betriebsrat sollte VOR Verhandlungen über Übertrittskonditionen (bei NSN in Mch-M dürfte das wegen der Kurzarbeit wohl nicht vor dem 15.9.2010 starten) die betroffene Belegschaft zu einer Abteilungsversammlung einladen, um sie über die Faktenlage solide zu informieren und sich auch ihren Feedback abzuholen, welche Verhandlungspunkte ihr wichtig sind.
Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? „Frühestmöglich“, das ist trivial; aber etwas konkreter:
Da der Mitarbeiter eine 1-Monats-Frist ab Unterrichtung hat, sich für oder gegen einen Betriebsübergang (bzw.Widerspruch dagegen) zu entscheiden, sollte diese Information aller-spätestens einen Monat vor der beabsichtigten Ausgliederung erfolgen.
Zwar darf juristisch gesehen die Unterrichtung der Mitarbeiter auch später noch erfolgen (was ihre Monatsfrist nicht abkürzt, d.h. sie könnten dann auch noch aus der neuen Firma heraus dem Übergang widersprechen und wieder zur alten Firma zurückkehren), aber das wäre natürlich eine noch belastendere Situation vor der ein Betriebsrat die Kollegen bewahren sollte; die Belegschaft hätte sicherlich kein Verständnis für einen Betriebsrat, der sie nicht wenigstens diesen einen Monat vor der beabsichtigten Ausgliederung informiert (zumal dann ja auch erst noch die Übertrittskonditionen auszuhandeln sind, die ihrerseits auch wieder ein Entscheidungskriterium für die betroffenen Kollegen darstellen dürften).
Daraus ergibt sich die folgende sequentielle Abfolge, die auch überlappungsfrei eingehalten werden sollte:
  1. Informieren (BR → Mitarbeiter)
  2. Verhandeln (BR → BL)
  3. Übergangs-Unterrichtungsschreiben (BL → Mitarbeiter)
  4. Entscheiden (Mitarbeiter)
  5. Betriebsübergang (oder Widerspruch)
Der zeitliche Mindestabstand zwischen dem dritten und vierten Schritt beträgt laut Gesetz 1 Monat; entsprechend größer noch sollte folglich der zeitliche Abstand zwischen dem ersten Schritt (der Information der Belegschaft) und dem letzten Schritt (dem Vollzug der Ausgliederung) sein.
Es ist schließlich eine folgenschwere Entscheidung für die Betroffenen, für die ihnen aus gutem Grund diese einmonatige Entscheidungsfrist zusteht.
(bt)
Donnerstag, 29.7.2010
NSN Mch-H: Eine Kündigung für die Glaubwürdigkeit?
Hardy S. wurde bekanntlich aus dem NSN-Betrieb München-Hofmannstraße (Mch-H) als Einziger (von ursprünglich einmal 410 abzubauenden Kollegen) betriebsbedingt gekündigt, und dies ohne Sozialauswahl. Dazu nun also am 28.7.2010 der (erstinstanzliche) Kündigungsschutzprozess.
Der Richter bemühte sich zunächst noch einmal um eine gütliche Einigung, was freilich in diesem Fall vergebliche Liebesmühe war: NSN einigt sich gerne auf Basis einer Trennung, und Hardy einigt sich gerne auf Basis einer Weiterbeschäftigung, an diesem „unwesentlichen“ kleinen Unterschied scheiterte freilich der nette Versuch.
Hardy begründete sein „nein“ aber auch, und zwar mit „niederschmetternden Ergebnissen“ bei seiner Jobsuche als ÜfÜ (=Über-Fünfziger): Er als ÜfÜ-Familienernährer ist auf seinen NSN-Job schlicht angewiesen.
In der Folge wurde klargestellt, dass Hardy zuvor zwar einem ihn betreffenden Betriebsübergang zur Firma Trovicor (die mit Abhörtechnik für Geheimdienste ihr Geld verdient) widersprochen hatte, ihm aber in Wahrheit dort gar keine Arbeit angeboten wurde: Seine letzten Arbeitsaufgaben sind längst zu einer ganz anderen Firma ausgelagert worden.
Als daraufhin der Arbeitgeberanwalt fragte, wie NSN dann seiner Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung hätte nachkommen können, antwortete Hardys Anwalt ebenso kurz&bündig wie zutreffend: „Mit einer Weiterbeschäftigung als Ingenieur!“
Der unzutreffenden Behauptung, Hardy habe sich auch dem „Ringtausch“-Projekt verschlossen (ein Programm zum Austausch von solchen, die gehen sollen aber nicht wollen, mit denen, die gehen wollen aber nicht dürfen), widersprach Hardys Anwalt sofort: Nein, natürlich hat er mitgemacht, wenn auch vergeblich! Zuletzt fanden zwei Vorstellinterviews dazu (am 31.8. und 3.9.2009) statt, wenngleich leider mit dem Ergebnis, dass dann nach Rücksprache mit dem übergeordneten Vorgesetzten ein „nein“ zum vorgeschlagenen Ringtausch erging.
Zum Thema „unterlassene Sozialauswahl“ behauptete der Arbeitgeber-Anwalt, Hardy sei als einziger von 410 abzubauenden Mitarbeitern im Betrieb Mch-H übrig geblieben, und außerdem seien die IT-Kollegen (bisher ebenfalls in Mch-H) zuvor als eigener Betrieb „Mch-T“ abgespalten worden. (Und später in Mch-H umbenannt worden, was erst recht nicht stimmt, es war gerade umgekehrt...)
Die Frage des Richters, was denn aus den anderen Hofmannsträßlern wurde, beantwortete Hardys Anwalt.
Zusätzlich könnte man erwähnen, dass von den 410 „Auserwählten“ nicht nur Hardy übrig blieb, sondern es gab insgesamt 6 „Übrige“, von denen aber nur einer gekündigt wurde (Hardy eben). Weil einer ja auch als „abschreckendes Exempel“ schon reicht, worüber gleich noch zu berichten ist.
Wie’s tatsächlich war mit der vermeintlichen MchT-Abspaltung, ist im Betriebsratswiderspruch nachzulesen:
Richtig ist, dass der Arbeitgeber angekündigt hatte, den Betrieb Mch-T abspalten zu wollen, der Betriebsrat aber die Rechtsauffassung vertrat, eine Betriebsaufspaltung in 2 Betriebe, von denen einer nur noch den Betriebszweck geschlossen zu werden hat, sei rechtlich unzulässig, und mit gerichtlicher Klärung drohte, die dann aber dadurch überflüssig wurde, dass der Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung vom 1.10.2009 einräumte, dass „der Betrieb München-Hofmannstraße (Mch H) unter dem neuen Namen Betrieb München Tölzerstraße (Mch T) fortbesteht“.
Also keine Betriebsaufspaltung in Mch-H (Hardy und 5 weitere Kollegen) und Mch-T (IT), mithin wären die IT-Kollegen bei einer Sozialauswahl zu berücksichtigen gewesen.
Entsprechend auch die Antwort auf die Frage des Richters, welchen Betriebsrat denn die IT-Kollegen zuletzt gewählt hätten? Natürlich den Hofmannstraßen-Betriebsrat...
Nicht mehr zur Sprache kam, dass übrigens damals rund 10 IT-Kollegen noch in Mch-H (wie Hardy) arbeiteten und erst später zu ihren anderen IT-Kollegen in die Tölzerstraße umzogen.
Im Zusammenhang mit der Sozialauswahl-Frage sei auch noch darauf hingewiesen, dass nicht entscheidend ist, welchen Jobgrade die Kollegen heute haben, sondern welchen sie zum Zeitpunkt von Hardys Kündigung hatten (wie im Betriebsrats-Widerspruch reflektiert).
Nicht unwichtig erschien dem Richter auch der nur geringe finanzielle Abstand zwischen JG8 und JG9.
Nachdem der Arbeitgeber-Anwalt behauptete, die im Betriebsrats-Widerspruch angeführten freien Stellen im Unternehmen seien zum Kündigungszeitpunkt tlw. schon besetzt gewesen, wies Hardys Anwalt auf ein neues BAG-Urteil hin, demzufolge ein Arbeitgeber nach einem Betriebsübergangswiderspruch nach §613a BGB dem Mitarbeiter umgehend und aktiv einen neuen Job in der alten Firma anbieten muss, anstatt den Job auszuschreiben. Entscheidend ist also nicht, ob der Job zum Zeitpunkt der Kündigung noch frei war, sondern ob er zwischen Betriebsübergangs-Widerspruch und Kündigung schon besetzt war – was natürlich nicht der Fall war.
Die Frage, warum eine Firma mit 10.000 Mitarbeitern in Deutschland (davon 4000 in München) einen einzigen Ingenieur nicht mehr weiterbeschäftigen könne (oder wolle?) wurde gleich mehrfach kritisch vom Richter hinterfragt; ist ja auch in der Tat kaum nachzuvollziehen.
Nun ließ der NSN-Anwalt (halt doch eine ehrliche Haut...) einen Klops los:
Das sei eine Frage der Glaubwürdigkeit! Wenn man erst sagt „wenn Ihr nicht in die beE geht, werdet Ihr gekündigt“ und dann doch nicht kündigt, braucht man bei der nächsten Restrukturierung gar nicht mehr erst mit Kündigung zu drohen.
Also doch wie wir schon immer gesagt haben: Es geht nur um die Statuierung eines abschreckenden Exempels!
Deshalb 1 (!) Kündigung als Schlussakkord nach einem erfolgreichen Personalabbau von 410 Kollegen in einer Firma mit 10.000 deutschen Mitarbeitern... Um bei dem Begriff zu bleiben: Mit dieser Aussage war der NSN-Anwalt in der Tat glaubwürdig. Nur wie das mit dem „Ultima Ratio“ Prinzip von §1.2 KschG zusammengeht?...
Die Entscheidungsverkündung wurde vertagt. Klar dürfte aber sein: Egal wie’s ausgeht, das geht sicherlich noch in Berufung zum LAG (womit Hardy noch 1 Jahr länger als abschreckendes Exempel dienen kann).
(bt)
Donnerstag, 29.7.2010
Gerüchteküche um möglichen NSN-Verkauf
Die Gerüchteküche brodelt munter weiter, und man ist sich nicht immer sicher, ob dahinter wirklich etwas steckt oder der "Wunsch der Vater des Gedankens" ist oder jemand vielleicht sogar ganz bestimmte Absichten mit Gerüchte-Kreationen verfolgt.
Ein Gerücht, an dessen Wahrheitsgehalt wir nicht glauben, das man aber trotzdem kennen sollte, ist: "Should Apple buy Nokia Siemens Networks?"
Wie gesagt, wir halten das für sehr weit hergeholt, zumal Apple uns sicher nicht für einen "Apple" und ein "Egg" bekäme...
In obigem Link werden auch schon Zweifel angemeldet: Erstens Zweifel daran, dass Nokia überhaupt bereit wäre seinen NSN-Anteil an Handy-Konkurrent Apple zu verscherbeln, und zweitens Zweifel daran, dass NSN es überhaupt so eilig damit hat gekauft zu werden, der Motorola-Einkauf und der LightSquared-Abschluss sprechen eine andere Sprache.
Von daher: Gerüchte sind schön und gut, aber man muss sie nicht alle glauben...
(bt)
Mittwoch, 28.7.2010
Zwangsverpflichtung von 100.000 Praktikanten wegen Produktionsverlagerung
Die „Werkstatt der Welt“, so wird Foxconn vom Spiegel bezeichnet, macht weiterhin mit negativen Schlagzeilen von sich reden. Der taiwanesische Konzern fertigt mit knapp 1 Million Arbeitskräften hauptsächlich in China neueste Hightech-Produkte für Weltkonzerne wie Apple, Dell, Hewlett-Packard, Motorola, Nokia und Nintendo.
Nach den Problemen in der chinesischen Stadt Shenzhen (unser Artikel vom 27.5.2010) hat das Management kurzfristig die Verlagerung von 400.000 Arbeitsplätzen angeordnet, davon 300.000 in die dicht besiedelte Provinz Henan (mit 100 Millionen Einwohnern) im östlichen Zentralchina, wo billiger produziert werden kann. Umzugspläne aus solchem Grunde unterstützt die chinesische Regierung, indem neben Städten und Dörfer auch Schulen zur Zwangsarbeit verpflichtet werden, die laut Foxconn-Ausschreibung mit umgerechnet etwa 192 bis 276 Euro im Monat entlohnt wird. Als besonderen Anreiz (wozu bei Zwangsverpflichtung?) gelten folgende Arbeitsbedingungen: Es dürften täglich auch nicht mehr als drei Überstunden gemacht werden, ein Tag in der Woche müsse frei sein.
Bei Schülern nennt man diese Zwangsarbeit „Praktikum“ für drei bzw. sechs Monate. Eine Wahl haben die Schüler nicht: der Schulunterricht ist ausgesetzt, bei einer Weigerung gibt es kein Abschlusszeugnis für die Ausbildung – so einfach ist dies. Die Schüler müssen mindestens 16,5 Jahre alt sein. Einige der betroffenen Schüler äußern ihren Unwillen "Ich glaube, unsere Schule hat uns verkauft“ bzw. ihre Skepsis "Werden wir nicht als kostenlose Arbeitskräfte ausgenutzt?" im Internet. Die Funktionäre verpflichteten jetzt rund 100.000 Berufsschüler des ersten und zweiten Jahrgangs. Damit soll ein Produktionsengpass aufgefangen werden, der durch die Umsiedlung von Shenzhen entstehen könnte, weil längst nicht alle 300.000 Mitarbeiter der Verlagerung folgen wollen.
Dass laut „Anordnung von oben“ die chinesischen Medien darüber nicht berichten dürfen, ist inzwischen nicht mehr ungewöhnlich.
(sh)
Mittwoch, 28.7.2010
Kurzarbeit schützt nicht zwingend vor Offshoring und Kündigung
Ein interessanter Beitrag von br-online (auch die Kommentare lesen!), ein Auszug davon:
"Die Kurzarbeit hat in der Krise geholfen, Arbeitsplätze zu erhalten. Jetzt zieht die Konjunktur wieder an. Doch ... manche Firma, die vom Kurzarbeitergeld profitiert hat, will Arbeit ins Ausland verlagern.
Viele Mitarbeiter stehen nun trotzdem vor der Kündigung und fühlen sich betrogen."
Bleibt nur zu hoffen, dass die Optimisten unter uns, die sagen "bei uns gibt es sowas nicht", Recht behalten: Erst Steuern zahlen, dann damit die eigene Kurzarbeit finanzieren, und die Unternehmen verwenden danach die so eingenommenen Gelder für Offshoring-Investitionen, mit der Folge dass die Jobs (die die Kurzarbeit doch eigentlich retten sollte) dann erst recht weg sind - Kurzarbeit quasi als Offshoring-Motor missbraucht - das wäre ein grobes Foul, und das gibt bekanntlich die rote Karte!
(bt)
Mittwoch, 28.7.2010
Volksentscheide in Betrieben?
Laut der neuesten Umfrage des ARD-Morgenmagazins wünschen sich 76% der Deutschen Bürger mehr Volksentscheide. Es ist beileibe keine kurzfristige Stimmung nach den vor kurzem gewonnen Volksentscheiden. Die Initiative für Mehr-Demokratie verzeichnet seit Jahren die steigende Zahl von durchgeführten Volksbegehren und Volksentscheiden.
Wäre es möglich diese direkte Beteiligung auch in den Betrieben zu haben? Wie sehen die politischen und rechtlichen Voraussetzungen dafür aus?
In Deutschland haben wir z.B. das Mitbestimmungsrecht auf Unternehmensebene und das Betriebsverfassungsgesetz. Eine echte wirtschaftliche Mitbestimmung ist damit aber nicht gegeben. Es gilt immer noch die „heilige“ unternehmerische Freiheit und Entscheidung. Zwar verbietet das Gesetz nicht, dass der Unternehmer/Eigentümer eine „Volksentscheidung“ (oder sprachlich besser eine Urabstimmung) in seinem Betrieb durchführt. Nur, ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass es zu meiner Lebzeit ein Massenphänomen werden wird.
Wie sieht es aber mit den Entscheidungen des Betriebsrats aus? Schließlich gilt das, was der BR unterschreibt (z.B. Betriebsvereinbarungen, Interessenausgleich, Sozialplan) für alle Mitarbeiter (außer leitenden Angestellten). Auch hier gilt das oben für die wirtschaftliche Mitbestimmung gesagte: eine Urabstimmung (z.B. über eine Betriebsvereinbarung bevor sie unterschrieben wird) ist im Betriebsverfassungsgesetz nicht vorgesehen, aber auch nicht verboten*. In meinem langen Berufsleben habe ich davon bis jetzt nichts gehört. Schon öfter (obwohl immer noch zu selten) werden Mitarbeiter-Umfragen seitens des BR durchgeführt. Aber solche Umfragen können eine Urabstimmung und eine echte Mitentscheidung nicht ersetzen.
Mein Fazit:
Einen Volksentscheid (bzw. Urabstimmung) bei Firmenentscheidungen bekommt die Belegschaft eher nicht. Bei den BR-Entscheidungen könnte es gehen, wenn es eine engagierten Belegschaft und einen gut funktionierenden BR gibt.
*) Für die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter im Betrieb gibt es die Urabstimmung über einen Streik und seine Beendigung. Der Betriebsrat darf keinen Streik organisieren, es ist die Sache der Gewerkschaften. Wofür gestreikt werden darf, ist stark reglementiert.
(BRM)
Dienstag, 27.7.2010
Nachlese zum NSN-Quartalsergebnis
Der heutige Chat zum aktuellen NSN-Quartalsergebnis war genauso ergiebig wie vergangene Chats bei NSN...
Weder zum Stand und weiteren Vorgehen bzgl. der „7-9% Personalabbau“, noch zu Ausgliederungsgerüchten bzgl. Logistik/Operations, noch zu Befürchtungen der Motorola-Einkauf solle einen Börsengang von NSN vorbereiten, gab es klare Antworten.
Aber mal ehrlich: Alles andere wäre doch eine Überraschung gewesen, oder?
Freilich wäre so ein Chat auch nicht das richtige Forum für derlei Verkündigungen – was aber nichts daran ändert, dass die NSN-Belegschaft sich wünschen würde besser (insbes. frühzeitiger) informiert zu werden, was auf sie zukommt.
Dahinter steckt wohl der alte Interessenkonflikt, dass der eine dem Wunsch nach protestfreiem vor-vollendete-Tatsachen-Stellen frönt, während der andere vielleicht keine Vorliebe für die Fremdbestimmtheit einer Schachfigur hat und nur ungern erst aus der Presse erfährt, wenn sein Job wackelt.
Wenn dann Gerüchte schneller sind als offizielle Informationen, dann liegt das in der Regel nicht daran dass die bösen Gerüchte so schnell hochpoppen, sondern an der großen Zurückhaltung des Managements bei der Information der eigenen Belegschaft.
(cnn)
Montag, 26.7.2010
Kommunikation mit dem NSN Betriebsrat in der St. Martinstraße
Es wurde ja schon viel gesagt und geschrieben zur Kommunikation des Betriebrats. Das war bei der Kurzarbeit der Fall und ist jetzt bei der Auslagerung Operations/Logistik nicht anders. Aber das Verhalten hat sich immer noch nicht gebessert. Es kommen nur vereinzelte Informationen. Infoveranstaltungen finden kaum statt und das schlimmste: Mails, die an den BR-Vorsitzenden und seinen Stellvertreter geschrieben wurden, werden noch nicht einmal beantwortet.
Verträgt dieser BR keine Kritik? Ist das Absicht oder was steckt dahinter?
Einige wenige Betriebsräte haben Informationen, die den anderen vorenthalten werden.  Haben nicht alle Betriebsratsmitglieder, die Nachrücker und ganz besonders die MitarbeiterInnen das Anrecht rechtzeitig und ausführlich informiert zu werden?  Wenn schon die Betriebsleitung den Betriebsrat nicht rechtzeitig informiert, sollte es dann der Betriebsrat  nicht anders machen? Schließlich ist der Betriebsrat die Arbeitnehmervertretung. 
Im Betrieb gibt es auch einen Vertrauenskörper der IG-Metall. Dieser Vertrauenskörper wird eigentlich von den Mitgliedern gewählt und sollte auch aus IGM-Mitgliedern, die kein BR-Mandat haben, und Betriebsräten bestehen. Leider sind im Gremium in der St. Martinstraße nur BR-Mitglieder. Dieses Gremium hat in diesem Jahr erst einmal getagt. Wenn man bedenkt, was für Herausforderungen es schon gab, kann ich nur sagen, ziemlich mager. Bei einer der letzten Betriebsversammlungen stellte sich auch noch der VK-Vorsitzende hin und erklärte, dass sich die IGM-Mitglieder Gedanken über das Vorgehen der Firma gemacht hätten und tat so, als ob dies mit allen Mitgliedern abgestimmt worden wäre. Wenn schon, dann muss auch mit allen geredet werden und nicht nur mit einer Handvoll, wenn man solche Reden schwingen will. 
Ich habe mittlerweile sehr viele unterschiedliche Betriebsräte auf vielen Seminaren kennen gelernt und kann aus diesen Erfahrungen nur sagen, dieser BR in Mch M hat  das Gelehrte noch nicht umgesetzt. Es gibt in Mch M einige Betriebsräte, die viel arbeiten und sich auch für einige Mitarbeiter einsetzen. Aber dieser BR ist gewählt worden, damit sich auch alle für die MitarbeiterInnen einsetzen und vernünftige BR-Arbeit leisten und dazu gehört auch in erster Linie, die Informationen sofort an die MitarbeiterInnen weiterzugeben und sich intensiv um die Belange der Belegschaft zu kümmern. 
Dieser BR, der sich vorzeitig zur Wahl stellte, um - wie er sagte - für alle Herausforderungen gut aufgestellt zu sein, was ist nur daraus geworden? Zeigt sich hier nicht, dass es bei der vorgezogenen Wahl um was ganz anderes ging, nämlich nur die eigenen Pöstchen zu sichern und den anderen ehemaligen Betriebsräten aus Perlach und der Hofmannstraße keine Chance auf ein Mandat zu geben?
Es gibt einen großen Nachholbedarf bei diesem BR und ich hoffe, dass sich die Einstellung zur BR-Arbeit bei den gewählten Betriebsräten sehr bald ändert. Die MitarbeiterInnen haben schließlich Ihr Vertrauen in ihn gesetzt und dieses Vertrauen sollte man nicht enttäuschen.
(nihonise)
Samstag, 24.7.2010
Bevorstehende Ausgliederungen bei NSN - was weiß der Betriebsrat Mch-M?
Die Gerüchte in Mch-M werden (allen NDA’s zum Trotz) mittlerweile so laut, dass man sie nur noch überhören könnte, wenn man mit Ohropax in die Kantine geht. Gleich mehrere Teilausgliederungen mit einer Betroffenen-Anzahl im dreistelligen Bereich, die Logistik soll betroffen sein und andere Bereiche auch (von DHL ist die Rede) - und der Betriebsrat schweigt dazu. Auf seiner Homepage finden sich allenfalls so wichtige Artikel wie z.B. der über die richtige Abrechnung von Reisekosten.
Wir wollen dabei keineswegs allen Betriebsräten unterstellen, dass sie sich womöglich allzu willfährig einem arbeitgeberseitigen Schweigegebot unterwerfen statt ihrer Pflicht, die betroffene Belegschaft zeitnah zu informieren, nachzukommen; es kann ja auch durchaus sein dass nur der BR-Vorsitzende oder der BR-Betriebsausschuss etwas weiß und seine Betriebsratskollegen darüber auch noch nicht informiert hat - umso schlimmer!
Oder womöglich dass überhaupt niemand im Betriebsrat Bescheid weiß – am allerschlimmsten! Dann wird es höchste Eisenbahn daran etwas zu ändern.
So oder so: Wir fordern den Betriebsrat Mch-M auf, Klarheit darüber zu schaffen, was wir über bevorstehende Restrukturierungen und Teilausgliederungen wissen müssen, und was er dann (wenn es so kommt wie es hier überall die Spatzen von den Dächern zwitschern) zu tun gedenkt.
Alles was nicht "Firmengeheimnis" ist (und das ist nicht alles was der Arbeitgeber gerne der betroffenen Belegschaft möglichst lange verschweigen möchte, sondern nur z.B. Interna deren Wissen der Konkurrenz nützen könnte) darf und muss unserer Meinung nach sogar der betroffenen Belegschaft zeitnah von ihrem Betriebsrat mitgeteilt werden (wenn’s schon der Arbeitgeber nicht tut).
(cnn)
Freitag, 23.7.2010
Viren-Alarm bei Siemens
Wie die SZ berichtet, wurde Siemens Ziel eines professionellen Spionage-Virusangriffs. Dabei wurden die (zunächst im Nahen Osten aufgetretenen) Viren in USB-Sticks versteckt, die man auf dem Firmengelände "liegen ließ"; Ingenieure sind nun mal meistens neugierig, der Schritt von "USB-Stick finden" bis "USB-Stick einfach mal reinstecken und anschauen" ist da leider nur allzu schnell getan. Der Angriff nutzt eine Sicherheitslücke im XP-Betriebssystem und ist offensichtlich gezielt gegen Siemens gerichtet.
Also: Finger weg von vermeintlich harmlos irgendwo herumliegenden USB-Sticks!
(bt)
Freitag, 23.7.2010
Nokia Siemens Networks: Neue Ausstiegs-Szenarien der Mütter
Dem Wall Street Journal zufolge - so berichtet die Märkische Allgemeine - erwägen Siemens und wohl auch Nokia einen Ausstieg aus ihrem Gemeinschaftsunternehmen NSN über einen Börsengang (IPO = "Initial Public Offering"). Geplant sei dies aber nicht vor 2012; zuvor müssten erst noch das Motorola-Geschäft (das laut Analysten die IPO-Chancen erhöht habe) integriert und "einige gute Quartalsergebnisse" abgeliefert werden.
Eben noch ärgerten wir uns über mäßige Quartalsergebnisse, aber nun - Ironie des Schicksals, das hat schon was vom am-eigenen-Ast-sägen: Je bessere Ergebnisse die NSN-Mitarbeiter abliefern, umso eher laufen sie Gefahr von ihren Müttern abgestoßen zu werden! Aber diese Perversion kennen wir ja auch schon von der Offshoring-Thematik: Geht es einer Firma zu schlecht wackeln die Jobs wegen Insolvenzgefahr, geht es ihr zu gut wackeln sie weil die Firma dann das für Offshoring-Investitionen nötige Kleingeld hat; am sichersten fahren Mitarbeiter also im Mittelmaß.
Die gleiche verquere Logik scheint nun auch fürs Abstoßen per Börsengang zu gelten: Nicht mehr Spitzenleistungen sondern das Mittelmaß fördern die Arbeitsplatzsicherheit. Wen aber wundert's, wenn dann auch nur noch Mittelmaß abgeliefert wird?
Spitzenleistungen wird die deutsche Wirtschaft wohl erst dann wieder abliefern können, wenn ihre Manager einen Weg zurück zum Grundprinzip des vorglobalisierten Kapitalismus finden: Je besser die Ergebnisse, desto sicherer die Jobs. Derzeit gilt das offensichtlich nicht.
(cnn)
Donnerstag, 22.7.2010
NSN im zweiten Quartal: Gewinnziele erreicht, aber noch kein Turnaround
Die operativen Gewinne waren zwar niedrig, erfüllten aber ihre Zielvorgaben; Umsatz und Wachstum hingegen nicht, und damit verschiebt sich das Turnaround-Ziel leider auf das dritte Quartal.
Gründe gibt's dafür natürlich immer, aber es ändert alles nichts daran, dass wir noch immer nicht "über den Berg" sind - auch wenn es in den letzten Tagen ermutigende Neuigkeiten gab (siehe Nokia Siemens Networks im Aufwind und Nokia Siemens Networks kauft wesentliche Teile der Mobilfunknetz-Infrastruktur von Motorola).
Der globale BRM wurde auf 0,88 festgelegt. Weitere Details folgen in Kürze.
(bt)
Donnerstag, 22.7.2010
NSN-Motorola-Deal: Das Presse-Echo
Wie würde wohl die Finanzpresse auf die NSN-Shoppingtour reagieren?
Nach 2 Tagen lässt sich zusammenfassend feststellen, dass der Deal allgemein positiv bewertet wurde; eine Kritik dass NSN für diesen Einkauf zu viel bezahlt hätte (ein Vorwurf der bei solchen Gelegenheiten gerne mal fällt, und so ganz billig war’s dann ja auch nicht gerade) wurde in den Analysten- und Pressekommentaren bisher noch nicht erhoben.
Exemplarisch ein paar Pressestimmen:
SZ: „Endlich eine gute Nachricht …
Damit hofft NSN auch für die 10.000 deutschen Mitarbeiter auf eine bessere Perspektive …
Da es mit Motorola kaum Überschneidungen in Europa gibt, soll es auch keinen Stellenabbau geben …
Siemens will spätestens 2013 aussteigen, daran ändert offenbar auch der jetzige Zukauf nichts.“

Ins gleiche Horn stößt Börse-Online:
„Nokia und Siemens hübschen ihre Problemtochter NSN auf - Erst sanieren, dann verkaufen:
Mit dem Motorola-Deal wollen Nokia und Siemens ihren chronisch defizitären Netzwerkbauer endlich wettbewerbsfähig machen – um ihn mittelfristig dann verkaufen zu können.“

(Allerdings dürfte spätestens nach diesem teuren Einkauf klar sein, dass NSN nur gegen richtig viel Geld verkauft wird, und das muss dann auch erst mal jemand auszugeben bereit sein…)
Positiv auch die Börsenzeitung:
„Diesmal hat NSN Nägel mit Köpfen gemacht. Mit dem Erwerb der Mobilfunktechnologie von Motorola nutzte der Netzwerkausrüster die vermutlich für längere Zeit letzte Chance für die dringend benötigte Stärkung im wichtigen US-Markt.
Dem dürfte intensive Überzeugungsarbeit des Managements bei den Müttern Nokia und Siemens vorausgegangen sein, die beide aus unterschiedlichen Gründen kein Interesse haben, der Tochter besondere Ressourcen zu widmen…
Ein Stellenabbau sei nicht geplant…“

Und noch ein interessantes Detail:
„Für die Nutzung der Patente erwirbt NSN mit dem Kaufpreis eine Art dauerhafte Gesamtlizenz.“
Betont wurde auch die Bedeutung von Skaleneffekten im sehr wettbewerbsintensiven Infrastrukturmarkt.
Last not least die Finanznachrichten, auch nicht negativ aber etwas zurückhaltender:
„Die Schweizer Großbank UBS hat die Einstufung für Nokia nach einem Zukauf bei der Tochter NSN auf "Neutral" mit einem Kursziel von 7,20 Euro belassen.
Die Übernahme von Netzwerkaktivitäten vom US-Konkurrenten Motorola habe nur begrenzt Einfluss auf das Geschäft und den Wettbewerb in den USA, schrieb Analyst Gareth Jenkins in einer Studie vom Dienstag. Während der Zukauf im Grundsatz vernünftig klinge, bringe er kaum potenzielle Synergien mit sich. Mangels Plänen zu Personaleinsparungen und fehlender operativer Überschneidungen dürften die möglichen Kosteneinsparungen limitiert bleiben.“

Hoffentlich gilt das auch für Ulm.
Jaja, des einen Freud des anderen Leid: Analysten mögen es bedauern wenn es zu keinen Personaleinsparungen kommt, die NSN-Belegschaft sieht das naturgemäß etwas anders.
Versteht sich von selbst, dass der zeitnahe Lightsquared-Auftrag in den USA das positive Presseecho noch verstärkt; so stellt die Neue Züricher Zeitung (NZZ online) fest (a propos "Auswirkungen auf den Kurs der NSN-Mütter"):
„Den Aktien von Siemens kam ein milliardenschwerer Auftrag für den Netzwerkausrüster NSN zugute. Die Titel legten um 2,09 Prozent auf 74,18 Euro zu. Das Gemeinschaftsunternehmen von Siemens und Nokia baut für sieben Milliarden US-Dollar ein Mobilfunknetz in den USA für den Hedge-Fonds Harbinger Capital auf. Börsianer verwiesen zudem darauf, dass Siemens NSN zuletzt Teile des Netzwerkgeschäfts von Motorola gekauft sowie während der Russland-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel einige lukrative Verträge abgeschlossen habe“.
(bt)
Dienstag, 20.7.2010
Nokia Siemens Networks im Aufwind
Laut Inside-Handy baut NSN ein 7-Milliarden-Dollar-Hybridnetz für den US-Netzbetreiber Lightsquared. Dieser will in den nächsten acht Jahren mit NSN ein Mobilfunknetz der 4. Generation mit 40.000 Basestations aufbauen, das erste Hybridnetz der USA in dem Kunden entweder über LTE oder per Satellit ins Internet kommen.
(bt)
Dienstag, 20.7.2010
Volksentscheide und NSN
Nach der ersten überraschenden Entscheidung zum Nichtraucherschutz in Bayern vor zwei Wochen, jetzt die zweite dicke Überraschung in Hamburg: Die Mehrheit der Wähler hat anders entschieden als die Regierungen es wollten! Gratulationen an die Initiatoren.
Ob beide Entscheidungen gut oder schlecht sind, ist damit freilich nicht gesagt. In meinen Augen ließen sich zwar formale Kriterien für gute und schlechte Entscheidungen aufstellen (z.B. moralische, gesellschaftliche, volkswirtschaftliche...). Aber, ob gute oder schlechte Wahl ist nicht der primäre Zweck einer Mehrheitsentscheidung, auch wenn man es (naiverweise) oft so annimmt. Der primäre Zweck einer demokratischen Mehrheitsentscheidung ist schlicht den Mehrheitswillen festzustellen. Dabei muss es nicht mal die absolute Mehrheit sein! Z.B. wenn nur jeder zweite zur Wahl geht, reicht eine Minderheit der Wahlberechtigten von 25% + 1 Stimme für den Sieg.
Ist es auch gut so? In meinen Augen ja, weil es allemal besser ist als ein vermeintlicher „Gotteswille“, die „Diktatur eines weisen Herrschers“ oder der oft zitierte „Wille der schweigenden Mehrheit“. Eine Mehrheitsentscheidung ist natürlich nur dann demokratisch, wenn der Wähler nicht manipuliert wird. Dazu müssen allen die gleichen Informationen und auch das Wissen haben, um diese Informationen auszuwerten. Wer aber Informationen und Wissen für sich behält (Herrschaftswissen), strebt die Herrschaft an und verhält sich somit nicht nur undemokratisch und unsolidarisch sondern auch noch unmoralisch obendrauf.
Was lernen wir aber aus den beiden Volksentscheiden?
  1. wer für seine Interessen kämpft, hat bessere Chancen sie auch zu erreichen.
  2. auch relativ kleine Gruppen können auf demokratischem Wege eine Wahl gewinnen.
  3. das Gute setzt sich nicht automatisch und von alleine durch.
Und was hat das ganze mit uns bei NSN zu tun? Ganz einfach, wer bei der anstehenden Restrukturierung nicht unter die Räder kommen will, soll sich spätestens jetzt folgendes überlegen:
Natürlich kann das Ergebnis dieser Überlegungen auch sein, dass „mir sowieso nichts passieren kann“ oder, dass „ich sowieso nichts machen kann“. Das sind dann auch legitime freie Entscheidungen, um nichts zu tun. Nur wenn diese Personen dann von der Restrukturierung doch betroffen wären, sollten sie sich nicht beschweren und von Undank oder Schicksalsschlag fantasieren. Sie hätten die Chance gehabt vorher was zu tun! Die Psychologen kennen sehr gut solches Verhalten; gerade die Opferrolle ist so schön verlockend, ja keine Initiative und Verantwortung zu übernehmen.
Ich bleibe lieber ein Optimist, dass man immer etwas machen kann und das Nichtstun meistens der größere Fehler ist. Die beiden Volksentscheide bestätigen mich aufs Neue.
(INTR)
Montag, 19.7.2010
Nokia Siemens Networks kauft wesentliche Teile der Mobilfunknetz-Infrastruktur von Motorola
Also doch, die Gerüchte haben sich bestätigt: NSN goes Shopping ...
Der Fokus schreibt:
"Der Netzwerkbauer Nokia Siemens Networks ist auf dem Weg, den US-Markt zu erobern. Nokia Siemens übernimmt große Teile der amerikanischen Motorola für 1,2 Milliarden Dollar. Mit der Transaktion will das Unternehmen seine Präsenz, vor allem in den USA und Japan, erheblich stärken... Motorola behält allerdings fast alle Mobilfunkpatente... Den Kaufpreis stemme NSN aus seinen Barmitteln und durch Finanzierungszusagen... Die beiden NSN-Mütter Siemens und Nokia stützen ihre eher ungeliebte Tochter bei der Finanzierung und wandeln ein Gesellschafterdarlehen über 250 Millionen Euro in Eigenkapital um."
Ohne Zweifel ein entscheidender Schritt in der Entwicklung von NSN, ein Einschnitt mit gleichermaßen Chancen und Risiken.
So bleibt nur zu hoffen, dass der Erfolgsdruck (nach der gescheiterten Übernahme von Nortel-Teilen) nicht dazu geführt hat, dass NSN sich nun bei Motorola überhoben und womöglich zu teuer (zumal wie gesagt ohne Patente) eingekauft hat.
NSN erwartet jedenfalls dass der Vertrag ab dem ersten Tag rentabel ist.
Es dürfte sich lohnen dazu die Finanzpresse in den nächsten Tagen zu verfolgen, bis jetzt jedenfalls gab's dazu noch keine Kritik zu lesen.
Das NSN-Management bezeichnet den Deal als "spannende Akquisition" - spannend dürfte auch die Frage sein, woher das Geld kommt, oder noch genauer: Wo es eingespart wird, wo "Synergien gehoben" werden. Führt diese Akquistion zu weiterem Personalabbau in der NSN-Belegschaft (und wo und in welchem Umfang)? Die NSN-Belegschaft erhöht sich durch den Deal zunächst um 7500 Motorola-Mitarbeiter.
Das NSN-Management räumte dazu zwar ein, man müsse nun erst recht die Kostendisziplin weiterhin straff einhalten, betonte aber es gehe bei diesem Deal nicht um Kostenvorteile sondern um Wachstum.
Die Chancen aber liegen auch auf der Hand: NSN übernimmt damit nicht nur Technologie sondern zugleich wertvolle Kundenbeziehungen zu über 50 Netzbetreibern. Nun wird das Ziel anvisiert, so zur #3 für Mobilfunknetze in den USA und der "#1 foreign wireless vendor" in Japan zu werden sowie seine Position als globale #2 zu stärken.
Und NSN stellt damit seine Anstrengungen in einer Zeit zunehmender "Konsolidierungen" auf eine breitere Basis; dabei dürfte es immer noch besser sein andere zu schlucken als selber geschluckt zu werden...
Dass dafür so viel Geld in die Hand genommen wird, dokumentiert zugleich deutlich eine Vorwärtsstrategie; ein ermutigendes Zeichen, denn wenn man im Management von NSN und seinen Müttern nicht an unsere Zukunft glauben würde und noch einiges (Positives) mit uns vor hätte, wäre dies sicherlich nicht geschehen.
Hoffen wir also, dass die Rechnung von Nokia Siemens Networks aufgeht und durch diese Verstärkung die Sicherheit auch unserer Arbeitsplätze (bei NSN in Deutschland) dadurch nicht nachteilig sondern positiv beeinflusst wird.
Wir werden sehen...
(bt)
Montag, 19.7.2010   ergänzt am 20.7.2010
NSN Mch-H: Ehemaliger BR-Vorsitzender Heribert Fieber gestorben
Wie wir vom Münchner NSN-Betriebsrat erfahren haben, ist Heribert Fieber am vergangenen Wochenende verstorben.
Viel zu früh: Er wurde nur 66 Jahre alt. Only the good die young.
Heribert war Betriebsratsvorsitzender in der Münchner Hofmannstraße (damals noch Siemens Com), als diese Anfang 2003 von Massenentlassungen ohne korrekte Sozialauswahl erschüttert wurde. Nicht erst dann erwies er sich als einer der ganz wenigen Betriebsräte, die selbst einem Heinrich von Pierer Paroli bieten konnten - souverän, kompetent, stets den richtigen Paragraphen parat (was gerade 2003 besonders wichtig war...), engagiert, verhandlungsstark, humorvoll und mit einer eingängigen Bildersprache begabt, erfreute er sich nicht nur des Vertrauens und des höchsten Respekts seiner Belegschaft, sondern war seither auch uns NCI-Betriebsräten ein Vorbild an dem wir uns stets orientiert haben.
In den turbulenten Tagen der Hofmannstraßen-Kündigungen unterstützte er auch die Entstehung unseres Mitarbeiternetzes NCI und wir arbeiteten prima Hand-in-Hand (was mit seinen IGM-Nachfolgern nicht immer gelang); es war auch die Zeit, in der er sich opferte und "freiwillig" wie gefordert die Firma verließ, um Schlimmeres für die Belegschaft abzuwenden.
Danach haben wir uns etwas aus den Augen verloren; und nun also diese schlimme Nachricht!
Das hat's nicht gebraucht, dazu fällt einem einfach nichts mehr ein.
Oder wenigstens das:
Du hast Deine Spuren hier hinterlassen, lieber Heribert, wir haben Dich nicht vergessen und wir werden Dich nicht vergessen!
(bt)
Die Beerdigung findet am Freitag den 23.07.2010 um 10:30 Uhr im Westfriedhof statt.
Persönlicher Nachruf von Inken Wanzek
Montag, 19.7.2010
Siemens beendet Kurzarbeit
Unser Mutterkonzern Siemens hat sich von der Kurzarbeit verabschiedet und stellt sie zum 31. Juli 2010 ein. Nach Zeitungsberichten sind die Auftragsbücher wieder gefüllt und darum wird wieder „normal“ gearbeitet.
Mehr offene Stellen - mehr Leiharbeiter, es geht offenbar wieder aufwärts. Siemens sucht vor allem Maschinenbauer und Elektrotechniker.
Siemens hatte das Kurzarbeitergeld, das 60 beziehungsweise 67 Prozent des Nettolohns beträgt, auf bis zu 85 Prozent aufgestockt.
Süddeutsche Zeitung
Rp-online
(Waschtl)
Montag, 19.7.2010
Von fleißigen Arbeitnehmern und weniger gut verdienenden Ingenieuren
Fangen wir mit dem Thema "Fleiß" an:
Nach einer Emnid-Studie liest über die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer im Urlaub auch ihre geschäftlichen EMails. Besonders ausgeprägt ist das bei Arbeitnehmern mit "mittlerem Einkommen".
Kennen wir: Wie oft bekommen wir auf dienstliche Mails erst eine automatische ich-bin-in-Urlaub-Mail von Outlook zurück, und dann doch noch eine "richtige" Antwort vom Empfänger (aus seinem Urlaub)?
Dieses nicht-Abschalten-können (oder sich-wichtig-nehmen?) ist bei Männern (mit satten 63%) übrigens deutlich stärker ausgeprägt als bei der anderen Hälfte der Menschheit (Frauen nur 39%); vielleicht weil sie ihr Selbstwertgefühl doch noch stärker auf ihren Beruf reduzieren?
Und nun noch zur Kohle: Einer Kienbaum-Studie zufolge sind die Ingenieursgehälter in der Krise deutlich langsamer als zuvor gestiegen, um nur noch 1,8% (für 2010 werden 1,5% prognostiziert); wenn man davon die Inflation abzieht...
Allerdings jammern wir auf vergleichweise hohem Niveau:
Ingenieure in Führungspositionen ("Head of ...") z.B. verdienen durchschnittlich 102.000.- im Jahr. Freilich darf man dabei nicht aus dem Auge verlieren, dass Ingenieure vom deutschen Arbeitsmarkt häufig schon mit 50 als "zu alt" ausgeblendet werden, Firmen werden sie gerne deutlich vor den 67 los, und wer in dieser Alterskategorie erst mal seinen Job verloren hat, muss sich mit dem Gedanken anfreunden mit großer Wahrscheinlichkeit keinen neuen mehr zu finden; d.h. die gutverdienenden Ingenieure müssen eben auch überdurchschnittlich viel zurücklegen, um für eine Langzeitarbeitslosigkeit vor Erreichen des Rentenalters so gut wie möglich gewappnet zu sein.
(bt)
Samstag, 17.7.2010
Wird die Gigaset-Sparte doch weiterverkauft?
Der Starnberger Finanzinvestor Arques will sich nun überraschenderweise doch noch von der (von Siemens erworbenen) Gigaset-Sparte trennen newsticker.sueddeutsche.de); für die Beschäftigten sicher eine eher gute Nachricht, so wie sich Arques bisher angestellt hat.
Nach den bisherigen Querelen mit dem Noch-Miteigentümer Siemens steht aber noch immer in den Sternen, wie dieser Verkauf genau ablaufen soll; Arques schwebt wohl vor, vorher noch die restliche Siemens-Beteiligung für einen Appel&Ei zu kaufen, wohingegen Siemens den Standpunkt vertritt, dass diese billige Kauf-Option zu einem eher symbolischen Betrag nicht mehr zieht, weil Arques Siemens noch viel Geld schulde. Es bleibt also spannend.
(bt)
Samstag, 17.7.2010
Offshoring made by Taiwan
Es soll hier nicht erörtert werden, ob bei Foxconn ein Offshoring im Sinne der Begriffsdefinition in Wikipedia vorliegt: „Der Begriff Offshoring ... bezeichnet eine Form der Verlagerung unternehmerischer Funktionen und Prozesse ins Ausland.“ Tatsache ist, dass die taiwanesische Firma Foxconn ca. 800.000 Mitarbeiter in 20 chinesischen Werken beschäftigt.
Und es muss gute Gründe geben (z.B. billigste Löhne), dass ein „Rückzug vom Rückzug aus China“ in die weitgehend automatisierten Fabriken in Taiwan erfolgt ist. Das Management von Foxconn hat ernsthaft geprüft, nach den Vorkommnissen in Shenzhen (siehe Artikel vom 8.6.2010), Teile der Produktionen in China wieder nach Taiwan zurückzuverlagern.
Um die Schwierigkeiten in Shenzhen in Griff zu bekommen, hat man den Arbeitern in diesem Werk eine zusätzliche Lohnerhöhung von bis zu 66% ab Oktober in Aussicht gestellt – und dies bei 400.000 Mitarbeitern in Shenzhen. Obwohl die Lohnkosten nach der Erhöhung nur ca. 2% der operativen Kosten betragen würden, war dies dem Management (und den Aktionären) wohl zu teuer.
Daher hat man kurzfristig eine erneute Verlagerung beschlossen, zwar noch innerhalb Chinas, aber teilweise bis zu 1800 km weiter weg hauptsächlich in die Provinzhauptstadt Henan, eines der dicht besiedelten Gebiete Chinas, wo viele Wanderarbeiter herstammen. Dies betrifft ¾ der Arbeitsplätze von Shenshen, das sind 300.000. Für diese Zahl entfällt die Lohnerhöhung auf jeden Fall. Für die restlichen 100.000 sieht die Zukunft auch nicht rosiger aus. An den inhumanen Arbeitsbedingungen mit Sprechverbot, Überstunden und Siebentagewoche habe sich nichts verändert, berichtet ein Arbeiter (golem.de). Und ob die Lohnerhöhung für alle in der genannten Höhe eintrifft, bleibt abzuwarten.
(sh)
Freitag, 16.7.2010
China bleibt nicht ewig ein Niedriglohnland
...und diese Regel galt eigentlich schon immer: Ein armes Land auf dem Sprung nach oben profitiert nur für eine gewisse Zeit von seinen Niedriglöhnen, dann aber wachsen Ansprüche und berechtigte Lohnforderungen, für eine Übergangszeit lässt sich das noch durch Hinnehmen von Fluktuation und damit auch Knowhow- und Qualitätsverlust übertünchen, aber dann bekommt plötzlich doch wieder ein anderes "Schwellenland" die neue Chance zum Aufstieg.
In China läuft gerade ein gigantisches Konjunkturpaket der Regierung langsam aus, und so kommen langsam die Zeiten in denen die chinesische Industrie zeigen muss, dass sie ihr Wachstum auch ohne diese staatlichen Subventionen aufrechterhalten kann; das wird sicherlich nicht flächendeckend gelingen.
Während sich gleichzeitig Chinas Zeiten als Niedriglohnland dem Ende nähern (in zahlreichen Fabriken wurden Lohnerhöhungen in Dimensionen erstreikt, wie sie sich westliche Industrienationen gar nicht vorstellen können, aber hier ist eben auch der Nachholbedarf überdimensional; und nach überbordenden Mitarbeiter-Selbstmordraten hat ein großes Unternehmen von sich aus die Gehälter eben mal schnell verdoppelt; die Industrie kann sich diesem wachsenden Druck auf leistungsgerechte Bezahlung auf Dauer nicht wirklich entgegenstellen), wird das chinesische Exportgeschäft sicherlich zurückgehen. Das betrifft auch den Export von Arbeit, denn den (schwindenden) Lohnkostenvorteilen stehen zugleich erhöhte Transportkosten gegenüber (die Mobilitätsrohstoffe unserer Erde werden bekanntlich auch nicht billiger).
So wird China sich mit einem Problem, das wir in der Exportnation Deutschland schon lange kennen, befassen müssen: Dass Wachstum nicht nur aus dem Export, sondern auch aus der Binnen-Nachfrage, aus dem Konsum zunehmend besser bezahlter chinesischer Arbeitnehmer und Konsumenten gewonnen werden muss.
(bt)
Donnerstag, 15.7.2010
Indien kämpft mit hoher Fluktuation
Unter diesem Titel beschäftigt sich ein Gastbeitrag bei fit4sourcing (auf ein Land klicken) mit den Problemen bei der Verlagerung in die drei großen Offshore-Standorte: Indien, China und Osteuropa. Diese Studie stammt von 2007 und bestätigt das deutliche Minus durch Fluktuation (z.B. 20% bis 40% bei IT-Projekten) bei den Bewertungskriterien in Indien. Interessant ist dies deshalb, weil unsere eigenen Erfahrungen bei Siemens ICN mit Bangalore in den 90er-Jahren vom Management damals entweder ignoriert oder als Anfangsschwierigkeiten abgetan wurden.
Die Situation hat sich heute auch für NSN nicht gebessert. Teure Bonbons wie zusätzlichen halbjährlichen Interkontinental-Flüge und Freizeit-Workshops reichen schon lange nicht mehr aus, um wirklich hochqualifizierte und fähige Mitarbeiter in Indien oder China zu halten. Die Jagd nach dem besten Gehalt treibt die Fluktuation weiter hoch.
In den „high growth countries“ wie Indien und China gehört ein konstant steigendes Gehalt zur Philosophie und ist auch durchsetzbar! Ebenso der „regelmäßigen Jobwechsel Bestandteil der Karriereplanung der Mitarbeiter sind“ (suedasien.info ). Erschwert wird eine Mitarbeiterbindung auch durch die zu Amerikaner und Europäern unterschiedliche Denkweise bei Verhandlungen: Im Westen hat sich das Anstreben einer „win-win-Situation“ etabliert, der indische Ansatz geht eher noch von einem Nullsummen-Spiel aus, geprägt durch "calculated battle of wits rather than a discussion on how to work together".
Die hohe Fluktuation hat natürlich (teils verheerende) Folgen für Projekte, bei denen der Know how Aufbau von wenigen Wochen nicht ausreicht. Wenn z.B. die notwendige Zeit, um ein Expertenteam auszubilden 2 Jahre dauert und in der Zwischenzeit die Hälfte des Teams aus immer neuen Anfängern besteht, wird das Team den Expertenlevel nie erreichen.
Sind diese Probleme dem NSN-Management nicht bekannt? Bestimmt, so dumm können sie wirklich nicht sein. Was sind also deren Beweggründe für das fortgesetzte Offshoring? Setzt vielleicht das NSN-Management auf einfache Prozesse und Produkte, welche dann von low level „experts“ beherrschbar sind? Oder denken sie nur an die kurzfristigen Kosteneinsparungen und „nach mir die Sintflut“?
(sh)
Donnerstag, 15.7.2010
Schluckt NSN die Motorola-Ausrüstersparte?
Zumindest behaupten Stern und Wall Street Journal, Nokia Siemens Networks wolle für über eine Milliarde Dollar die Netzwerktechnik-Sparte von Motorola kaufen, Verhandlungen seien schon im Gange; von NSN gibt's dazu bisher aber weder ein "ja" noch ein klares Dementi. (www.stern.de)
Vorteile hätte NSN damit u.a. durch einen verbesserten Marktzugang zu Netzbetreibern in den USA. Andererseits würden sich Kurzarbeit und Stellenabbau wohl kaum mehr rechtfertigen lassen, wenn man gleichzeitig für eine lockere Milliarde shoppen geht. Nicht alles was in der Zeitung steht muss auch stimmen, und nicht jede Verhandlung führt auch zum Ziel (die Erfahrung machten wir ja auch schon mal beim Verteilen der Nortel-Trümmer).
(bt)
Donnerstag, 15.7.2010
Überstunden schlecht fürs Herz
Viele Angestellte müssen regelmäßig ihre Freizeit zu Gunsten von Überstunden opfern, und das wird mit jeder "Restrukturierung" schlimmer (wovon wir auch bei NSN ein Lied singen können): Je weniger Mitarbeiter, desto mehr Arbeit pro Nase. Eine Dauerbelastung, die der Körper aber langfristig nicht unbeschadet hinnimmt: Wer Raubbau am eigenen Organismus betreibt, muss mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen rechnen.
Wer hingegen pünktlich Feierabend macht, hat nicht nur mehr Freizeit, sondern schützt auch noch sein Herz.
Überstunden sind nicht nur schlecht für das Sozialleben. Sie erhöhen, wie in einer Langzeitstudie mit rund 6.000 Menschen nun bewiesen wurde, auch das Risiko, am Herzen zu erkranken. Die Studie wird im Fachmagazin «European Heart Journal» veröffentlicht.
Danach hatten Angestellte, die regelmäßig drei bis vier Überstunden pro Tag leisteten, ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko für Koronarerkrankung als ihre Kollegen mit normalen Dienstzeiten. Davon sei nicht nur das Herz betroffen, zu viel Arbeit rufe auch Ängste, Depressionen und Schlafstörungen hervor. Wer viele Überstunden macht, wird schneller herzkrank. Dazu zählten die Wissenschaftler Herzinfarkte und die auch Brustenge genannte Angina pectoris.
Andere Risikofaktoren ohne Auswirkung:
Besonders erstaunt waren die Mediziner, dass 21 andere untersuchte Risikofaktoren - darunter Rauchen, Übergewicht oder ein erhöhter Cholesterin-Spiegel - praktisch keine Auswirkungen auf das Ergebnis hatten.
Stattdessen würden Arbeitnehmer, die regelmäßig Überstunden schieben, oftmals auch trotz Krankheit im Büro erscheinen und Warnsignale des Körpers ignorieren, anstatt einen Arzt zu Rate zu ziehen. Außerdem würde die Arbeitswut unter anderem zu einer gesteigerten Anspannung, Aggressivität sowie Schlafmangel führen - allesamt ebenfalls Auslöser von Herzerkrankungen.
Deutsches Ärzteblatt
Ärzte Zeitung
European Heart Journal
(Waschtl)
Donnerstag, 15.7.2010
Billig-Lebensmittel und ihr wahrer Preis
In Deutschland können Verbraucher wie in kaum einem anderen europäischen Land Lebensmittel günstig einkaufen. Doch die niedrigen Preise sind teuer erkauft. Ein knallharter Konkurrenzkampf im Lebensmittelshandel begünstigt die großen Discounter und geht zunehmend zu Lasten der Lieferanten und Arbeitskräfte.
Die heute noch sechs marktbeherrschenden Discounter können ihre unfairen Einkaufspraktiken aufgrund ihrer Übermacht leicht durchsetzen. Das erhöht den Druck auf Löhne und verschlechtert die Arbeitsbedingungen nicht nur hier zu Lande. Bei der hohen Konzentration, die sechs Supermarkt-Ketten Aldi, Edeka, Lidl, Metro, Rewe und Tengelmann kontrollieren über 90% des Marktes, steht auch der Verdacht der illegalen Preisabsprachen im Raum. Die Ermittlungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen.
Kleine Lebensmittelgeschäfte leben in dieser Situation meist in Existenzangst, die Arbeitskräfte müssen mit niedrigen Löhnen und fehlenden Sozialleistungen zurechtkommen. Beiden gemeinsam ist die Abhängigkeit von der „alles erdrückenden Übermacht“ (Süddeutsche Zeitung).
(sh)
Mittwoch, 14.7.2010
Mit kreativen Regelungen Arbeit und Leben besser miteinander vereinbaren
Die IG Metall will eine neue Debatte zur selbstbestimmten Arbeitszeit (siehe Hannoversche Allgemeine ) in Gang bringen. Das geht ja in die richtige Richtung, aber wie flexibel ist unser Arbeitgeber Nokia Siemens Networks? Flexible Arbeitszeitenregelungen haben gerade in der Krise gezeigt, dass sie sogar zum Erhalt von Arbeitsplätzen beitragen. Aber das heißt auch Flexibilität des Arbeitgebers. Diese Flexibilität fehlt mir aber noch bei NSN. Man kann vieles ereichen, wenn man sich auch damit auseinandersetzt. Einige Regelungen bestehen ja, die auch für die einzelnen MitarbeiterInnen ganz gut sind, aber die Vereinbarung zur Kurzarbeit zeigt absolut nichts von Flexibilität. Wenn man aber nur Geld sparen will auf Teufel komm raus und nicht über Alternativen nachdenkt, kommen solche Vereinbarungen heraus.
Wenn die derzeit hohen Temperaturen auch das Denken erschweren,sind innovative und arbeitnehmerfreundliche Ideen zur Flexibilität der Arbeitszeit gefordert. Flexibilität wird von uns ArbeitnehmernInnen ja schließlich auch erwartet.
(nihonise)
Mittwoch, 14.7.2010
NSN an Übernahme von Motorola-Sparte interessiert
Nokia Siemens Networks ist einem Medienbericht (Finanz-Nachrichten) zufolge an einer Übernahme der Netzwerktechnik-Sparte des US-Konzerns Motorola Inc. interessiert. Wie das "Wall Street Journal" am Mittwoch unter Berufung auf informierte Kreise berichtet, laufen derzeit bereits Verhandlungen über einen Kauf der Konzernsparte. Der Kaufpreis dürfte sich dabei nach Informationen der Zeitung zwischen 1,1 und 1,3 Mrd. Dollar bewegen. Eine entsprechende Vereinbarung werde für die kommenden Wochen erwartet.
Neben Nokia Siemens Networks sei auch die chinesische Huawei Technologies Co interessiert. Allerdings hätten sich die Verhandlungen abgekühlt, möglicherweise wegen Sicherheitsbedenken.
(Waschtl)
Mittwoch, 14.7.2010
Stress macht immer mehr Arbeitnehmer krank
Diese Meldung der Süddeutschen Zeitung ist nicht neu. Was neu ist, man begegnet ihr immer öfter. Die Zahl der psychischen Erkrankungen ist im vergangenen Jahr sprunghaft angestiegen und hat einen neuen Rekordwert erreicht. Was noch alarmierender ist: Die ArbeitnehmerInnen fehlen bei psychischer Erkrankung bedeutend länger am Arbeitsplatz als bei anderen Krankheiten.
Aber wundert man sich noch, dass diese Krankheiten sich so verbreiten? Man muss doch nur in die Firmen schauen. Da wird Kurzarbeit gemacht, obwohl genug Arbeit da ist. Die KollegInnen, die am Arbeitsplatz verbleiben, haben doppelte Belastung, der Stress steigt enorm. Auch ohne Kurzarbeit ist der Zeitdruck enorm. Alles muss schneller werden, aber mit immer weniger MitarbeiterInnen. Man erwartet fast, dass rund um die Uhr gearbeitet wird. Freizeit hat man kaum noch. Fast jeder hat einen Laptop und ein Handy und ist somit immer erreichbar. Was auf der Strecke bleibt, ist die Erholung, die man in einer hektischen Welt einfach benötigt. Aber Rücksicht wird darauf leider nicht genommen.
Auch die Angst vor einem drohenden Arbeitsplatzverlust spielt eine zentrale Rolle.
Man kann sich nicht mehr auf das konzentrieren, was man möchte, nämlich gute Arbeit leisten, ohne ständig darüber nachzudenken, ob man morgen seinen Arbeitsplatz noch hat. Diese Unsicherheit lähmt viele ArbeitnehmerInnen bei Ihrer täglichen Arbeit. Aber statt diesem entgegenzuwirken, machen unsere Manager genau das Gegenteil. Die Beschäftigten werden immer mehr verunsichert. So werden die Fehlzeiten noch größer werden und was passiert dann...?
(nihonise)
Dienstag, 13.7.2010
Immer mehr Handy-Telefonate
Die Anbieter von Mobilfunknetztechnik wie NSN wird's ebenso wie die Netzbetreiber freuen: Es wird immer mehr übers Handy telefoniert. Deutsche z.B. telefonieren damit jährlich 37 Stunden; auch wenn das nur 6 Minuten am Tag entspricht, es bedeutet rund eine Verdoppelung seit 2005. (www.netzwelt.de)
Ein Grund für die Zunahme dürfte in den neuerdings inflationär von den Netzbetreibern angebotenen Flatrates liegen.
Interessant ist auch die Zahl der Mobilfunkverträge: 110 Millionen in Deutschland entspricht 1,3 SIM-Karten je Bundesbürger (was natürlich private und Firmen-Handys gleichermaßen umfasst). Weltweit dürfte in Kürze gar die 5-Milliarden-Grenze überschritten werden - wobei (wenig überraschend) die Zahl der Handyverträge in den Schwellenländern am meisten zunimmt.
Vermittlungstechnik bleibt also ein "Renner", mit dem man (wenn man's nur richtig anstellt in Zeiten eines Preise-verderbenden Konkurrenzkampfes) auch richtig gutes Geld verdienen kann.
(bt)
Dienstag, 13.7.2010
Weiteres zur Kündigung der Kassiererin "Emmely"
Der Fall „Emmely“ führt erstmals zu einem Umdenken bei den Berliner Arbeitsrichtern (www.berlinonline.de). Bei einer Verhandlung vor dem LAG haben die Richter vorgeschlagen, dass eine gekündigte Mitarbeiterin wieder von Ihrer Firma beschäftigt wird, obwohl sie mit einer Gefälligkeitsquittung den Arbeitgeber um 160 € betrogen hat. Bisher wurde in solchen Fällen eine Entlassung gerechtfertigt. Im ersten Prozess vor dem Arbeitsgericht hatten die Richter die Kündigung noch für rechtens gehalten. Begründung: Die Frau hat ihren Arbeitsgeber betrogen. Zu diesem Zeitpunkt fehlte aber noch das Urteil zum Fall "Emmely".
Bei diesen Bagatellfällen, über die in der Presse berichtet wird, handelt es sich um erstmalige Vergehen nach langjähriger Betriebszugehörigkeit. Die Richter erklärten, dass diese einmaligen Verfehlungen den "Vertrauensbestand" nicht aufbrauchen würden.
Man sollte sich bei solchen einmaligen Verfehlungen wirklich die Mittel überlegen, die man hier anwenden will. Auch sollte man als Arbeitsgeber hinterfragen, wieso kam es nach so langen Jahren zu einer solchen Verfehlung. Natürlich rechtfertigt nichts solche Verfehlungen, aber wie verhalten sich denn allzu viele Manager, die Millionen und Milliarden unterschlagen oder durch Fehlentscheidungen einfach zum  Fenster hinauswerfen. Wie werden die denn verurteilt?
Leider wird immer mit zweierlei Maß gemessen. Die "Kleinen" verurteilt man, die "Großen" lässt man laufen.
Hoffentlich passiert hier noch in vielen Köpfen ein Umdenken.
(nihonise)
Montag, 12.7.2010
Stellenabbau bei den PSE-Kollegen in Wien
Welcher Wind bei Siemens weht, nachdem selbiger Wind die Österreicherin Brigitte Ederer zu Siemens nach München geweht hat, mag darin abzulesen sein welches Abschiedsgeschenk sie unseren österreichischen PSE-Kollegen hinterlassen hat:
Massiver Stellenabbau!
(www.netzwerkit.de)
Die SIS kann sich freuen, auf die sozialdemokratische Vergangenheit der neuen Arbeitsdirektorin sollte da lieber keiner gar zu sehr vertrauen.
(bt)
Montag, 12.7.2010
Mein Arbeitsplatz bei NSN - Ein Bericht eines Münchner Mitarbeiters
„Vieles passiert bei NSN. Am Standort Mch-M sind wir noch ca. 4000 MA, aber es werden immer weniger. Die Geschäftsführung, die Betriebsleitung, der Betriebsrat und auch die Gewerkschaft erzählen uns mal viel, mal weniger. Man kann den Aussagen glauben, aber man kann ihnen auch nicht glauben. Wenn sich die Aussagen aber widersprechen, sind diese nicht sehr überzeugend.  Die MitarbeiterInnen sind eigentlich gut motiviert, aber nicht so, wie man es sich wünscht. Die Arbeit wird zwar getan, aber man ist nicht mehr mit der vollen Überzeugung und Spaß bei dieser Arbeit.
Wieso ist das so?
Warum fragen sich so viele MA, was will unser Arbeitgeber? Wieso sagt dieser Arbeitgeber nicht einmal, ja wir bekennen uns zum Standort Deutschland und wir werden keine Restrukturierungen mehr durchführen? Stattdessen heißt es, wenn ihr bei den Umfragen immer so schlecht abstimmt, dann seid ihr für die Verlagerungen eurer Arbeitsplätze selbst verantwortlich.
Ist ja einfach toll, man zeigt dem Management, hier stimmt was nicht und das Management nimmt das nicht zur Kenntnis, sondern schimpft die MitarbeiterInnen, weil sie die Wahrheit sagen. Ja zum Teufel, wieso macht man dann die Umfragen, wenn man die Wahrheit nicht hören will?
Außerdem, wieso wird der Personalaufbau nur im Ausland gemacht und im Inland nur abgebaut? Es ist klar, dass ein globaler Arbeitgeber alle MitarbeiterInnen im Auge haben muss, aber wieso dann die Ungleichheit in der Behandlung.
Man wirft uns in Deutschland unsere gute Bezahlung, die guten Arbeitsgesetze und Kündigungsschutzgesetze vor. Was soll das? Man sieht doch, wozu sie gut sind und schließlich hat man für diese Gesetze und Vereinbarungen jahrelang gekämpft. Dadurch hatte man aber auch Ruhe als Arbeitgeber. Man konnte sich auf die Pünktlichkeit, die verdammt gute Arbeitsleistung und Qualität und die Loyalität der ArbeitnehmerInnen verlassen und die Waren aus Deutschland mit "Made in Germany" hatten einen unschätzbaren Wert. Es wurde so gut wie nie gestreikt. Wer nimmt heute noch groß dieses "Made in Germany" in den Mund? Die Traditionsmarken der deutschen Wirtschaft sind kaum noch in deutscher Hand. Alles wird verscherbelt nur des schnöden Mammons wegen und außerdem lassen wir auch noch überall fertigen, die Qualität leidet, die Kunden sind unzufrieden und für was? Dass manche immer reicher werden und der Normalo sich mit HartzIV begnügen muss? Soll es wirklich so weitergehen?
Am Arbeitsplatz wird viel über die Zukunft von NSN geredet. Viel Zeit geht verloren, weil die MitarbeiterInnen einfach unsicher sind und durch Gespräche versuchen, eine gewisse Sicherheit zu erlangen. Man könnte seitens des Arbeitgebers viel tun, diese Unsicherheit ein für allemal zu beenden.
Will man ganz bewusst auf diese Weise unsere Gesetze und Vorschriften umgehen, um die MitarbeiterInnen zu willenlosen Geschöpfen zu machen?
Heißt es aber nicht eigentlich "Nur gemeinsam sind wir stark". Wieso können wir das nicht praktizieren?“
(Redaktion)
Montag, 12.7.2010
Maschinenbauer setzen voll auf Deutschland
Diese Aussage kommt von den Maschinenbauern (siehe welt.online ). Wieso kommt so was nicht auch von Siemens oder Nokia Siemens Networks? Die Maschinenbauer sagen, man ist sehr wohl wettbewerbsfähig in Deutschland und kann auch wettbewerbsfähig produzieren. Also, es geht doch. Trotz einiger Nachteile überwiegen am Ende doch die Vorteile. Man geht sogar soweit und sagt: "Der Standort Deutschland hat Zukunft".
Wieso verlagern dann Siemens und NSN immer mehr ins Ausland? Man muss halt mal auf andere Ideen kommen, als nur zu sagen, die deutschen Arbeitnehmer sind einfach zu teuer und daher auch der Standort Deutschland. Wenn man nur will, geht alles. Außerdem kommen immer wieder Firmen aus dem Ausland zurück, die sich dort eine blutige Nase geholt haben.
Steckt aber doch was anderes hinter diesen Verlagerungen? Will man die deutschen Standorte einfach kaputtmachen?
Aber was ist mit unseren Managern? Die kassieren immer noch Millionen und wofür? Gehen diese Manager alle ins Ausland, wenn in Deutschland kein Arbeitsplatz für sie mehr da ist? Dann müssen sie aber auch ihre Gehaltsvorstellungen ändern oder wie sieht das dann aus? Kassieren sie dann noch mehr, weil ja die Arbeitnehmer im Ausland viel weniger verdienen? Man sieht also, es geht immer und nur ums liebe Geld. Zu sozialer Verantwortung in Deutschland bekennt man sich nicht mehr.
Also besinnen wir uns zurück und fangen endlich alle an, an den Standort Deutschland zu glauben, anstatt ihn komplett kaputt zu machen.
(nihonise)
Montag, 12.7.2010
Vereinzelte Trennungsangebote bei NSN in München
Wie wir von betroffenen Kollegen erfahren haben, unterbreitet Nokia Siemens Networks vereinzelt gezielte freiwillige Trennungsangebote.
Dazu haben uns einige Fragen erreicht:
Bekommt das Trennungsangebot jeder in Mch-M, und woraus besteht es?
Den Meldungen betroffener Kollegen zufolge handelt es sich anscheinend nur um 2 Personengruppen, die dzt. gezielt angesprochen werden (und nur die).
Zum einen gibt es "vB"-Angebote für die MchM-Kollegen, die zugleich von Kurzarbeit betroffen sind und das 58. Lebensjahr erreicht haben. Zur Erinnerung: vB = Vorzeitige Beendigung, das ist wie eine in Monatsraten bis zum Erreichen des frühestmöglichen Rentenalters (das ist meistens 63) abgestotterte Abfindung.
Zum anderen gibt es Aufhebungsvertragsangebote (im Gegensatz zur vB wird hier die Abfindung auf einen Happs ausgezahlt) ohne beE für die IT-Kollegen, die einem Betriebsübergang zu Wipro, Accenture oder Tieto widersprochen haben.
Hat der Betriebsrat dazu einen Interessenausgleich/Sozialplan ausgehandelt?
Nein; nicht nur bei Kündigungen sondern auch bei Betriebsänderungen und sonstigen größeren Abbauwellen mag es üblich sein sowas auszuhandeln, aber der BR kann den Arbeitgeber auch nicht daran hindern in kleinerem Umfang auch ohne solche Verhandlungen wie-auch-immer-geartete freiwillige Abfindungsangebote gezielt ganz bestimmten Kollegen zu unterbreiten, das ist legal; es sind ja auch nur freiwillige (ablehnbare) Angebote.
So war das auch hier. Die Konsequenz: Es gibt keine einheitlichen, mit dem BR ausgehandelten Abfindungsformeln, d.h. die genauen (finanziellen) Trennungskonditionen sind hier individuell auszuhandeln (inwieweit der Arbeitgeber dann abhängig vom jew. Verhandlungsgeschick noch eine Schippe auf sein Angebot drauflegt steht abzuwarten).
Kann jeder (auch wenn nicht dazu angesprochen) so ein Trennungsangebot in Anspruch nehmen?
Jein. Aufhebungsverträge sind grundsätzlich immer beidseitig freiwillig; genauso wie jemand, der so ein Angebot bekommt, es auch ablehnen kann, genauso kann auch die Firma ihrerseits sich weigern, so einen Aufhebungsvertrag für jemanden, den sie behalten will, zu unterzeichnen. Anders wäre das allenfalls wenn es einen IA/SP gäbe, der genau regelt, wer alles einen Anspruch darauf haben soll, aber der liegt ja wie gesagt in diesem Falle nicht vor.
Wer also kein Angebot bekam aber doch daran interessiert ist, für den gilt: Fragen kostet nichts! Aber die Antwort kann auch "nein" lauten.
In dem Falle muss man sich halt bis zur nächsten Restrukturierung gedulden; Gerüchten zufolge könnte die schon in 2 Monaten kommen (dann vielleicht auch wieder mit beE), aber das ist noch reine Spekulation; wenn es so sein sollte gibt es sicherlich schon "Wissende" (auch im Aufsichtsrat und vielleicht sogar im GBR), aber die halten leider gut dicht - die Firma mag es freuen, uns weniger, aber: Die Geheimhaltung funktioniert bei NSN leider besser als seinerzeit bei Siemens...
(bt)
Sonntag, 11.7.2010
Ressource Mitarbeiter am Beispiel NSN Bruchsal
Zuerst Kurzarbeit, dann Aussetzung der Kurzarbeit, stattdessen Überstunden, danach Kündigungen?
Das ist keine optimale Personalpolitik aus Arbeitnehmersicht, aber die Firmen können dieses Vorgehen anscheinend ohne große Gegenwehr durchziehen, sie benutzen damit die „flexiblen“ Arbeitnehmer zur Optimierung des Firmengewinns.
Ein solches Szenario spielt sich derzeit auch bei NSN Bruchsal ab mit Beteiligung des Betriebsrates, dessen Vorsitzender glaubt, um den Erhalt der Arbeitsplätze am Standort „kämpfen“ zu können und nicht (nur) um deren „sozialverträglichen“ Abbau.
Wie bruchsal.org berichtet wurde als „Gegenleistung“ für das „flexible“ Personal-Hin-und-Her der Verhandlungsbeginn über den geplanten Abbau von 270 Stellen auf Oktober 2010 verschoben.
(sh)
Freitag, 9.7.2010
Kurzarbeitergeld wird erneut verlängert
Der Bundestag beschloss gestern die erneute Verlängerung des Kurzarbeitergeldes um weitere 15 Monate. Damit läuft das Programm vorerst Ende März 2012 aus.
Laut rp.online übernimmt die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Lohnzahlungen an die Arbeitgeber zu rund zwei Dritteln. Ebenso sollen die Erstattungsregelungen für die Sozialversicherungsbeiträge erhalten bleiben: die BA zahlt in den ersten 6 Monaten die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge, ab dem 7. Monat die gesamten Beiträge. Auch bei Qualifizierungen während der Kurzarbeit übernimmt die BA sofort die vollen Sozialversicherungsbeiträge.
(sh)
Donnerstag, 8.7.2010
Neues von einem alten Bekannten
Laut Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung (www.spiegel.de) will der Arcandor-Insolvenzverwalter 175 Mio Euro Schadensersatz von ex-Vorständen des Pleitekonzerns einklagen; neben Thomas Middelhoff wird dabei auch der ehemalige Personalvorstand Dr. Matthias Bellmann verklagt.
Was das uns angeht? Nun, bevor Dr. Bellmann zu Arcandor wechselte, war er auch federführend für die rechtswidrigen Massenentlassungen bei Siemens in der Münchner Hofmannstraße im Januar 2003 verantwortlich, bei denen auf eine korrekte betriebsweite Sozialauswahl großzügig verzichtet wurde (was dann dazu führte dass die klagenden Mitarbeiter in einer beispiellosen Serie all ihre Kündigungsschutzprozesse gewannen).
Nicht dass wir rachsüchtig wären - das vielleicht nicht, aber zumindest ein gutes Gedächtnis haben wir schon, daher interessiert es uns natürlich auch, was aus diesem netten Kollegen geworden ist, dessen nähere Bekanntschaft uns einmal reichlich viel Nerven gekostet hat...
(bt)
Mittwoch, 7.7.2010
NSN: Kurzarbeiter zurückgerufen
Eine Reihe von NSN-Mitarbeitern in Mch-M, welche für die Kurzarbeit NULL (100 %) „identifiziert“ worden sind, wurden aus der Kurzarbeit zurückgerufen. Sie dürfen wieder arbeiten, weil jetzt einfach die Arbeit wieder da ist und ihre Arbeitsleistung dringend gebraucht wird.
Wenn auch erst einmal nur für einige Kollegen, gibt es hier doch offensichtlich eine Kurskorrektur. Hieraus kann man erkennen, dass die Arbeit doch nicht dauerhaft entfallen ist und die Mitarbeiter weiterhin gebraucht werden.
Bei der Kurzarbeit geht das noch einfach – was aber, wenn es im Herbst zur nächsten „klassischen Restrukturierung“ kommen sollte? Wenn sich dann nachher herausstellt dass man ohne diese Kollegen doch nicht seine Termine halten kann, ist es zu spät. Restrukturierung in Hochlohnländern bei gleichzeitiger Fluktuation (wegen schlechter Bezahlung) in Niedriglohnländern, das kann NSN dann in einen heiklen Ressourcen- und Knowhow- Engpass stürzen. Bei der Kurzarbeit wenigstens lassen sich solche Fehlentscheidungen noch einfach korrigieren, man holt die Kollegen einfach früher als geplant zurück.
Waschtl
Mittwoch, 7.7.2010
Platzt nach der Internet-Blase nun auch die China-Blase?
Der Internet-Hype (während dessen die Netzbetreiber munter Bandbreiten-Überkapazitäten eingekauft haben) ist uns noch allen gut in Erinnerung, und insbesondere der große Knall, als diese Seifenblase schließlich platzte; es war schon lange zu erwarten in Zeiten, in denen der Finanzmarkt geradezu hysterisch auf alles reagierte, was nach Internet klang, was zu fantastischen Überbewertungen führte - das musste förmlich schief gehen.
Dieselbe irrationale Überbewertung hat seit einiger Zeit alles was mit China oder Indien zu tun hat - das hat sowohl mit den dortigen Ausbeuterlöhnen als auch mit den (damit zusammenhängenden) Wachstumsquoten zu tun.
Gefährlich wird's erst wenn der Markt überreagiert, wenn zu unkritisch alle Chips nur auf diese neue Blase gesetzt werden und diese daher wächst und wächst - bis es mal wieder knallt.
Dieser Knall kündigt sich jetzt schon mit leichten Vorbeben in China an: wirtschaft.t-online.de.
Wie schon zuvor in den USA, beginnt auch in China der Schlamassel auf dem Immobiliensektor, und breitet sich dann über die Banken schließlich auf die gesamte Volkswirtschaft und alle Branchen aus.
Im weltweiten Verdrängungswettbewerb dürfte sich somit in Bälde derjenige als Überlebenskünstler durchsetzen, der am solidesten aufgestellt ist, indem er nicht alle Chips nur auf China gesetzt hat:
Das betrifft die Abhängigkeit von chinesischen Bauteile-Zulieferern ebenso wie die Abhängigkeit von chinesischen Niedriglohn-Arbeitnehmern in Entwicklung und Fertigung und auch die Abhängigkeit vom chinesischen Absatzmarkt und dessen eben doch nicht unbegrenztem Wachstum.
Wohl dem, der sich so aufgestellt hat dass seine Geschäfte auch dann noch reibungslos weiterlaufen wenn's in China rumpelt!
(bt)
Mittwoch, 7.7.2010
Zu heiß?
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat im Juni 2010 eine neue "Technische Regel für Arbeitsstätten" für die Raumtemperatur in Arbeitsstätten verabschiedet; für Freunde des AKüFi: "ASR" heißt das Werk, im Langtext Arbeitsstättenregel ASR 3.5.
Viel wert ist das geduldige Papier leider nicht: Zusammengefasst steht da drin, dass 26 Grad nicht überschritten werden sollen, wenn aber doch dann ist das auch völlig in Ordnung insofern nur Gegenmaßnahmen ergriffen werden (selbst dann wenn diese die Temperatur auch nicht wieder unter die 26 Grad bringen). Zitat: "...sind höhere Temperaturen als 26 Grad nur zulässig ... wenn die Außenlufttemperatur über 26 Grad beträgt" - Ach so!
Ab 30 Grad gibt es dann eine Verpflichtung zu "Nachtauskühlung oder Getränkeversorgung", wobei nicht explizit dasteht dass fließend kaltes Wasser aus dem Hahn dafür nicht auch schon ausreicht.
Ab 35 Grad sind die Räume nicht mehr als Arbeitsräume geeignet, aber bei Einhaltung von "Entwärmungsphasen" darf auch dann noch weiter gearbeitet werden.
Im Klartext zusammengefasst: Viel blabla und doch wenig Rechte.
Hitzefrei gibt's nicht, träumt weiter!
(bt)
Dienstag, 6.7.2010
NSN Mch-M: Wenig Begeisterung nach Kantinen-Ausgliederung
Mit Ausgliederung der MchM-Kantinen bei NSN hält sich die Begeisterung der betroffenen Essensgäste sehr im Rahmen, Statements wie "die Qualität ist viel besser" oder gar "ich muss jetzt weniger zahlen" sind kaum zu hören, im Gegenteil.
Zur Qualität mag es noch unterschiedliche Meinungen geben, ist ja auch Geschmacksache; vermisst werden hingegen die bisherigen und nun entfallenen Grill/Döner-Angebote und das Dessertbüffet, bemängelt werden wachsende Kassen-Schlangen und steigende Preise, sowie die Tatsache dass viele Gerichte nur noch als Komplettgerichte (mit Beilagen) angeboten werden, so dass man sich weder die Art noch die Menge der Beilage selbst auswählen kann; auch das wirkt sich letztlich auf den Geldbeutel aus.
(bt)
Montag, 5.7.2010
Streik in Bangalore
Laut aljazeera.net wird in ganz Indien heute wegen einer Erhöhung der Kraftstoffpreise gestreikt; natürlich ist auch Bangalore davon massiv betroffen.
Die Bevölkerung befürchtet durch diese Preiserhöhung ein weiteres Antreiben der (heute schon bei 10% liegenden) Inflation in Indien. Ursache für diese Preiserhöhung von 6,7% war eine Beendigung staatlicher Benzin-Subventionen.
(bt)
Montag, 5.7.2010
Gewaltausbruch in Bangladesch: Der Aufstand der Näherinnen
Am 25.6. erst (siehe Artikel „BAG-Urteil: Ein Betrieb kann mehrere Tarifverträge haben“) schrieben wir: "Wo es aber keinen 'sanften' Ausweg gibt, kann es eines Tages zu explosionsartigen Aufständen kommen." In Bangladesch hat sich das nun auf dramatische Weise bewahrheitet: Die Näherinnen gingen auf die Straße, weil sie sich nicht länger zu Löhnen ausbeuten lassen wollen, von denen sie bei den steigenden Kosten schlicht nicht mehr überleben können. Sie gingen auch deshalb auf die Straße, weil sie keinen anderen Weg mehr sahen sich zu wehren, zu überleben, und so kam es zu so unschönen Szenen, dass schwerbewaffnete Polizisten auf wütende aber meist friedliche überwiegend weibliche Demonstranten einschlugen, mehr als 80 von ihnen wurden dabei verletzt und einer getötet. Aber auch der Friedlichste kann eben mal krawallig werden, wenn er auf Dauer keinen anderen Ausweg mehr sieht!
Um uns nicht nur bei Gedanken darüber aufzuhalten, wohin es führen kann wenn es keine wirkungsvolle Interessenvertretung der Arbeitnehmer gibt:
Worum ging es hierbei konkret?
Textilarbeiter in Bangladesch bekommen einen Mindestmonatslohn von umgerechnet gerade mal 19,20 Euro; davon können sie nicht mehr leben und fordern eine Anhebung auf 57,70 Euro - im Monat, wohlgemerkt! Aber auch diese doch eigentlich sehr bescheidene Forderung ist den Fabrikanten (die Zulieferer für Firmen wie H&M, Zara und WalMart sind) noch immer zu viel, es ging nicht voran und die Wut staute sich immer mehr auf, und so entlud sich das nun eben schließlich in der schlechtesten Lösung, nämlich gewalttätige Auseinandersetzungen, und die zeitweise Schließung von 700 Fabriken. Dazu muss man auch wissen, dass die Textilindustrie mit ihren Ausbeuterlöhnen fast 80% von Bangladeschs (höchst ungleich verteilten) Exporteinnahmen erwirtschaftet.
Manche Käufer wie z.B. Carrefour und Levi Strauss fordern übrigens schon länger Lohnerhöhungen von ihren Lieferanten, was aber nur zum Rauswurf führender Demonstranten führte: Die Billiglohn-Fabrikanten wollen weder von Arbeitnehmerrechten noch einer etwas gerechteren Verteilung der Exporteinkünfte etwas wissen.
Was können wir da tun?
Nun, die westlichen Einkäufer-Firmen können ihren Einfluss als Kunden nutzen um die berechtigten Forderungen der ausgebeuteten Näherinnen nachhaltig zu unterstützen, und die westlichen Endkunden (Klamotten-Käufer) können westliche Firmen, die ihre Textilien aus Bangladesch beziehen ohne sich für gerechte Löhne dort stark zu machen, bei ihren Shoppingtouren konsequent meiden. Auch der Verbraucher hat Macht, er muss sich ihrer nur bewusst werden und sie nutzen (und nötigenfalls dafür auch mal ein paar Euros mehr ausgeben, denn das ist natürlich der Preis für den weltweiten Kampf gegen solche Ausbeuterlöhne, die übrigens auch unseren eigenen Arbeitsmarkt kaputt machen); es ist Zeit, sich bewusst zu werden dass wir (fast) alle doch zugleich Konsumenten und auch Arbeitnehmer sind!
(bt)
Samstag, 3.7.2010
FAQ zur Kurzarbeit bei NSN in München
Auf seiner Intranet-Homepage hat der NSN-Betriebsrat Mch-M "FAQ" (häufig gestellte Fragen und vor allem die Antworten dazu) zum Thema "Kurzarbeit" veröffentlicht; speziell zur Rubrik "Im Falle von Stellenabbau/Kündigungen" nehmen wir uns aber die Freiheit auch noch ein paar ergänzende Antworten hinzuzufügen:
Frage: Stimmt es, dass eine Betriebsänderung den Kündigungsschutz aufheben könnte?
Der Betriebsrat klärt dazu auf, dass eine Betriebsänderung keinen gesetzlichen/tariflichen Kündigungsschutz aufheben kann.
Unser Kommentar: Aufheben vielleicht nicht, aber aushebeln. Kündigungsschutz basiert nicht unwesentlich auf der Verpflichtung zu betriebsweiter Sozialauswahl; wenn also z.B. eine Betriebsänderung zu kleineren Betrieben führt, erhöht sich dadurch die individuelle Kündigungsgefahr drastisch. Erst recht wenn eine Betriebsänderung eine (Teil-)Betriebsschließung vorbereitet (da gilt dann z.B. kein "Jubilarsschutz" und auch kein tariflicher Kündigungsschutz mehr).
Frage: Stehe ich als Mitarbeiter in Kurzarbeit automatisch auf einer Liste für eventuelle Kündigungen?
Der Betriebsrat verneint dies.
Unser Kommentar: Automatisch vielleicht nicht, aber manuell? Der Arbeitgeber dürfte bei der Auswahl, wer kurzarbeiten soll, auch auf die jeweilige Entbehrlichkeit geschaut haben, und dasselbe Kriterium könnte einen auch für eine künftige Abbau-Liste "qualifizieren". Insbesondere wenn wir nicht von Kündigungen sondern von freiwilligen Trennungen sprechen: Einen Aufhebungsvertrag darf der Arbeitgeber jederzeit selektiv anbieten (ist ja nur ein Angebot), und es ist nicht auszuschließen, dass Kurzarbeiter zu einem Personenkreis mit erhöhter Wahrscheinlichkeit solche Angebote zu bekommen gehören.
Frage: Kann ich dzt., wenn ich von mir aus kündige, eine Abfindung erhalten?
Der Betriebrat verweist dazu auf das jeweilige Verhandlungsgeschick.
Unser Kommtar: Günstiger könnte es sein, den Arbeitgeber nach einem Aufhebungsvertragsangebot zu fragen (oder nötigenfalls einfach die nächste Restrukturierung abzuwarten, dann kommen solche Angebote ganz von selbst).
Frage: Was würden Verkäufe oder Teilverkäufe der Firma während der Kurzarbeit bedeuten?
BR-Antwort: Hypothetische Fragen können nicht beantwortet werden.
Unser respektloser Kommentar: Können schon, aber vielleicht nicht wollen?
Solche Antworten haben wir vom Arbeitgeber schon oft genug gehört, vom Betriebsrat braucht's das nicht auch noch.
Dabei ist die Antwort doch ganz einfach: Auch in der Kurzarbeit ist man Mitarbeiter des Unternehmens und hat in einer solchen Situation also auch die gleichen Rechte wie alle Kollegen. Sollte es sich beim Verkauf um einen reinen "Share Deal" (Eigentümerwechsel, ohne dass sich sonst irgend etwas ändert) handeln, dann ändert sich ja nichts und man hat dagegen dann auch keine Rechtsmittel.
Wenn hingegen z.B. nur ein NSN-Teil herausgeschält und verkauft wird, oder allgemeiner ausgedrückt wenn ein "Betriebsübergang" vorliegt, hat man das Recht auf einen Widerspruch gegen den Betriebsübergang nach §613a BGB (mit der Wirkung dass man dann im verbleibenden Teil der bisherigen Firma verbleibt, was aber nicht in jedem Falle auch gesund sein muss). Daran ist aber nichts Spezifisches für Kurzarbeiter.
Frage: Was bedeutet für mich die Aussage "am 1.4.2011 kann eine neue Runde der Restrukturierung stattfinden"? Kündigung durch Arbeitgeber ohne Abfindung? Sofortige Kündigung ohne Schutz?
Wieder die gleiche BR-Antwort: Hypothetische Fragen können nicht beantwortet werden.
Unser Kommentar: Grundsätzlich kann so gut wie immer eine Restrukturierung kommen, egal ob mit oder ohne so eine unverbindlich ankündigende Aussage, und arbeitsrechtlich ist man dann als "gewesener Kurzarbeiter" weder besser noch schlechter als andere Kollegen gestellt. Mit Kündigungen ohne Abfindung würde ich in diesem Fall bei NSN nicht ernsthaft rechnen, fristlose betriebsbedingte Kündigungen lässt das Gesetz natürlich auch in diesem Falle nicht zu, und die Schutzmechanismen (Sozialauswahl, freie Stellen im Unternehmen etc.) sind für alle die gleichen, ohne spezifische Nachteile für (ex-)Kurzarbeiter.
(bt)
Freitag, 2.7.2010
"Ältere" in Arbeit - das Glas wird halb-voll
Wie das IAQ-Institut vermeldet, wuchs seit 2007 der Anteil der noch arbeitenden 55- bis 64-Jährigen auf "mehr als die Hälfte" an, gegenüber nur 40% noch vor 10 Jahren; das hängt jedoch u.a. mit der Abschaffung von Frühverrentungsmöglichkeiten zusammen.
Freilich ist damit das Glas zwar "halb voll" geworden, zugleich aber auch immer noch halb leer:
Angesichts einer Anhebung des Rentenalters auf 67 verbunden mit der bedauerlichen Tatsache, dass die Wenigsten eine zehnjährige Lücke zwischen Arbeitslosigkeit und Rentenalter finanziell überbrücken können, sowie der Tatsache dass bei Langzeitarbeitslosigkeit der Großteil des eigentlich einmal für's Alter Ersparten abgeschmolzen wird, bevor ALGII ausgezahlt wird, ist das noch immer der Stoff aus dem eine breit angelegte Altersarmut gemacht wird.
Wenn man dann auch noch die in dieser Studie nicht berücksichtigte Langzeitarbeitslosigkeit in den fünf Jahren davor (50-55) ins Kalkül zieht, wird das Bild noch trüber; in Transfergesellschaften/Beschäftigungsgesellschaften (damit haben wir ja auch schon umfangreiche Erfahrung...) können schon mal bis zu 80% der Stellensuchenden älter als 50 sein; wieviele davon aber wohl wirklich noch mal in Arbeit kommen werden vor Erreichen des Rentenalters?
Es steht zu befürchten, dass die weltweite Finanzkrise und der dadurch gebeutelte deutsche Arbeitsmarkt das Verhältnis nicht gerade verbessern werden.
Die Situation bleibt also im wesentlichen doch unverändert: Die "Älteren" sollen, können aber (mangels Jobs) nicht länger arbeiten.
(bt)
Freitag, 2.7.2010
Siemens dreht durch
...was aber zur Abwechslung mal durchaus positiv gemeint ist:
Um durch die Krise zu kommen, lässt Siemens seine Mitarbeiter rotieren.
Wie der "Westen" berichtet, werden im Siemens-Energiesektor Mitarbeiter aus schwach ausgelasteten Abteilungen (das betrifft dzt. etwa 10% der Kollegen) in Arbeitsbereichen eingesetzt, in denen noch ausreichend zu tun ist (anstatt kurzarbeiten zu lassen).
Das erfordert natürlich nicht nur von den Kollegen Breitbandigkeit und Flexibilität, sondern auch firmenseitig die Bereitschaft zu einer gewissen Einarbeitung, was erklären mag, warum dieser Weg so selten beschritten wird. Auf alle Fälle aber ein Schritt in die richtige Richtung: Die Kollegen behalten ihre Jobs und ihr Gehalt und können zugleich ihre Berufserfahrung und ihr "Skillprofil" verbreitern und damit auch ihre künftige Einsetzbarkeit verbessern, und überlastete Abteilungen bekommen die dringend benötigte personelle Verstärkung; und Restrukturierungskosten fallen so auch nicht an!
Dieses Modell kann und sollte man auf eine noch viel breitere Basis stellen, dann würde sich auch der Widerspruch auflösen, dass es zahlreiche unbesetzte Siemens-Stellen und zugleich doch auch viele arbeitsuchende ex-Siemensianer in Beschäftigungsgesellschaften (von Siemens und seinen diversen Ausgliederungen der letzten Jahre) gibt.
(bt)
Donnerstag, 1.7.2010
Eine Österreicherin wird neuer Siemens-Personalvorstand
Mit Brigitte Ederer, die u.a. eine 17-jährige Politikerkarriere aufzuweisen hat, zieht nicht nur endlich eine weitere Frau, sondern auch ein weiterer Österreicher (nach Peter Löscher) in den Siemens-Vorstand; zu Befürchtungen einer schleichenden Übernahme von Siemens durch unsere Alpen-Nachbarn gibt das aber wohl noch keinen Anlass.
Sie wird dabei zugleich Personalvorstand, Arbeitsdirektorin und Europa-Chefin.
Bleibt zu hoffen, dass Arbeitnehmervertreter, die alleine schon wegen ihrer sozialdemokratischen Vergangenheit große Hoffnungen in sie setzen (hmmm, wer war das nochmal gleich der HartzIV eingeführt hat?) sich nicht täuschen: Ein Siemens-Personalvorstand steht natürlich in jedem Falle zuerst einmal für die Firmeninteressen ein, und es ist Fr.Ederer zuzutrauen dass sie das, was sie tut, auch knallhart durchzieht (durch diesen Wesenszug, den die SZ mit "eine Frau für harte Bretter" umschreibt, hat sie sich ja letztlich für diesen Posten empfohlen).
Lange werden wir nicht auf Aufklärung warten müssen, wie sie mit der Belegschaft umgeht: Sie hat nun natürlich auch den Job geerbt, die Verhandlungen über den Abbau von Stellen in der Siemens-IT-Sparte SIS fertig zu führen.
(bt)
Donnerstag, 1.7.2010
Über den Zusammenhang von Geld und Motivation
Ein nicht nur lustig aufgepepptes sondern auch wirklich interessantes Video: www.youtube.com
Das Fazit daraus: Für Motivation und Leistung ist ein anständiges Gehalt, bei dem man sich über sein Auskommen keine Sorgen machen muss, besser als leistungsabhängige Incentives.
Man könnte noch ergänzen: Natürlich wirkt es auch motivierend sich nicht über drohenden Jobverlust Sorgen machen zu müssen!
(bt)
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