NCI Aktuell Archiv November 2012
Donnerstag, 29.11.2012
Was wurde eigentlich aus … Thomas G.?
Vor lauter Negativschlagzeilen über Siemens überliest man leicht diese eine Neuigkeit:
Unter der Überschrift
„Später Vergleich“ berichtet die heutige SZ, dass sich der ehemalige Siemens-Com-Chef und Möchtegern-vonPierer-Nachfolger Thomas Ganswindt nun endlich, 6 Jahre nach Beginn des Siemens-Korruptionsskandals, mit Siemens geeinigt habe.
Worum ging es da noch mal gleich?
Naja, Thomas G. nahm es schon 2003 nicht so genau mit den Gesetzen, nur dass es damals noch nicht um Strafrecht sondern „nur“ um Arbeitsrecht ging: Bei Siemens Com (das ist der Siemens-Teil, der nachher zu NSN ausgegliedert wurde) wurde beim Personalabbau in nicht gerade leiser Weise massiv gegen geltendes Recht verstoßen, was dazu führte, dass 163 dagegen klagende Siemens-Mitarbeiter in erster Instanz alle ausnahmslos recht bekamen - und auch in zweiter Instanz schaffte Siemens nur ein einziges Ehrentor. Der Rest ist Geschichte - die Geschichte des mittlerweile geschlossenen Siemens-Standortes München-Hofmannstraße. Wird heute noch an den juristischen Fakultäten des Landes gelehrt, als Lehrbeispiel, wie man es nicht machen sollte.
Als Thomas G. dann aber ein weiteres mal über die Gesetze stolperte, wurde es heftiger, denn diesmal ging es um Korruption, und das tangiert nunmal das Strafrecht.
Derzeit (das soll sich ja demnächst ändern) ist es bei solchen Ereignissen noch üblich, sich vor Gericht auf einen Deal zu einigen, um das lästige Prozessieren und Urteile-Schreiben abzukürzen, und so einigten sich die Gerichte wegen der Korruptionsgeschichte im Jahr 2011 mit Thomas G. auf eine Zahlung von 175.000.- Euro, dafür wurde das Strafverfahren eingestellt; da hatte Ganswindt aber schon einige ungemütliche Wochen in U-Haft hinter sich.
Nur mit Siemens hatte er dann noch Ärger, denn mit seinem ehemaligen Arbeitgeber konnte er sich nicht auf eine Schadensersatz-Summe einigen, gegen deren Zahlung dann auch Siemens seine Zivilklage gegen ihn zurückziehen würde.
Das hat sich nun anscheinend geändert, nach jahrelangem Feilschen wurde man sich nun einig, gegen Zahlung einer Summe, über die man noch den Mantel des Schweigens breitet – was sich aber noch vor der im Januar anstehenden Siemens-Aktionärshauptversammlung ändern dürfte.
(cnn)
Mittwoch, 28.11.2012
NSN: Werk-Bruchsal wird geschlossen!
Darüber wurden die ca. 650 Mitarbeiter am Dienstag 27.11.12 informiert (
www.netzwerkit.de,
www.swr.de). Es ist der Endpunkt eines langen Niedergangs des einst so erfolgreichen Siemens-Werkes (z.B. Produktionsstandort des weltberühmten EWSD Systems). Schon Mitte 2010 wurde angekündigt ca. jeden vierten Arbeitsplatz abzubauen. Nach langem Arbeitskampf wurde Ende 2010 ein Interessenausgleich und ein Sozialplan darüber unterschrieben. Für die zu entlassenen wurden Abfindungen und eine beE (ab 1.1.2012) vereinbart. Ca. 50 der entlassenen Mitarbeiter haben sich bis jetzt erfolgreich vor dem Arbeitsgericht gewehrt. (
www.netzwerkit.de)
Weiter wurden Standortsicherungsmaßnamen vereinbart, z.B. mindestens 365 Arbeitsplätze bis Ende 2014 versprochen und jährliche Investitionen von 2 Mio. €. Noch Anfang 2012 hat NSN das Werk in Bruchsal zu den 5 Standorten gezählt, welche nach der Restrukturierung bleiben sollten. Das Papier ist bekanntlich geduldig und die Wirklichkeit war ganz anders. Ein Kollege
schrieb kürzlich: „Auslastung in Bruchsal zur Zeit bei ca. 40% im Schnitt übers ganze Werk gesehen. Wir bekommen einfach nichts neues rein! 28 Stunden Woche ist schon geplant bis es wohl zum großen Knall kommt. Paßt alles nicht so richtig zusammen, Bruchsal soll einer der 5 bestehenden Standorte bleiben, angeblich, aber man läßt uns am langen Arm verhungern !!!“ Der Betriebsrat musste gegen Auslagerung von Arbeit kämpfen (unser Artikel
"Gerichtliche Auseinandersetzung bei NSN zum Stellenabbau in Bruchsal" vom 2.10.2012)
Der Albtraum bei NSN Deutschland geht weiter und keiner scheint ihn aufhalten zu können oder zu wollen.
(INTR)
Mittwoch, 28.11.2012
Blick zur NSN-Konkurrenz: Alcatel-Lucent
Nicht nur Ericsson baut mal wieder Personal ab (siehe unseren Artikel
„Personalabbau bei Ericsson“ vom 8.11.):
Auch der französisch-amerikanische Konkurrent Alcatel-Lucent versucht sich durch Stellenabbau zu sanieren.
Dabei sollen, wie nun bekannt wurde, in Deutschland 460 Stellen entfallen, und auch Standortschließungen werden nicht ausgeschlossen. Die Aufsichtsrats-Arbeitnehmervertreter wollen sich dagegen noch wehren - naja, vielleicht handeln sie es ja noch auf 450 herunter, dann haben alle Seiten ihr Gesicht gewahrt…
(bt)
Mittwoch, 28.11.2012
NSN will in den USA wachsen
Nach dem schon etwas suboptimal gelaufenen Versuch, durch den überteuerten Motorola-Einkauf endlich mal richtig Fuß in den USA zu fassen, nimmt NSN nun einen zweiten Anlauf (
www.silicon.de):
NSN will sich verstärkt auf Wachstum in den USA konzentrieren, um die Gunst der Stunde (die amerikanische Angst vor chinesischer Spionage, das Schwächeln bei Alcatel-Lucent, sowie zu erwartende Großausschreibungen von T-Mobile USA und AT&T) für sich zu nutzen.
Im Interesse der ständig um ihre Jobs bangenden NSN-Kollegen wünschen wir NSN dabei viel Erfolg.
Schade nur, dass NSN sich dafür aus Afrika zurückziehen will – also wieder ein Feld mehr in Afrika, das die Europäer einfach kampflos den Chinesen überlassen; wenn sich das mal nicht irgendwann rächt!
(cnn)
Sonntag, 25.11.2012
NSN: Restrukturierung ohne Ende?
Kaum hat Berlin als letzter Betrieb einen Interessenausgleich unterschrieben, erreichen uns Informationen über weiter Abbaumaßnahmen (s.
Forum). So sind in Mch M etliche KollegInnen aus verschiedenen Bereichen angesprochen worden, ob sie in die bestehende beE eintreten möchten. Auch die KollegInnen aus dem Vorzeigebereich Mobile Broad Band (MBB) gehören dazu. Sind es nur „Nachwehen“ der letzten Restrukturierung? Der Beginn einer neuen Restrukturierung? Oder nur der „ganz normale Wahnsinn“ bei NSN?
(IC)
Samstag, 24.11.2012
Stimmt die Siemens-Strategie noch?
Derzeit häufen sich Negativ-Schlagzeilen über Siemens, aktueller Anlass das ICE-Desaster.
Die SZ zum Beispiel erinnert bei der Gelegenheit auch an unglückliche Einkäufe (überteuert einkaufen und dann viel billiger wieder abstoßen) wie letztlich mit Solel, und kommentiert süffisant:
„Wie so oft in der Vergangenheit wurden Geschäfte aufgebaut, durch teure Zukäufe verstärkt – und wieder geschlossen. Fragte man Siemens vor zehn Jahren, was denn das eigentliche Kerngeschäft sei, gab es unter anderem zur Antwort: Kommunikation“. Der Rest ist Geschichte.
Jeder kennt doch den alten Bänker-Spruch: „Das einzige was ich noch mehr liebe als Geld, das ist das Geld anderer Leute“.
Dahinter steckt die weise Erkenntnis, dass es z.B. bei einem Wertpapierkauf (gleiches gilt auch für Firmen…) immer Gewinner und Verlierer gibt; wer sich in die unglückliche Lage manövriert hat, ein teuer eingekauftes Papier zum falschen Zeitpunkt und damit zu einem schlechten Kurs verkaufen zu müssen, verliert Geld, das der glückliche Käufer desselben Papiers dafür einsackt.
Übertragen auf Firmen: Wie sind denn zum Beispiel die „Internet-Millionäre“ entstanden?
Nicht indem sie andere Firmen oder Firmenteile eingekauft hätten, sondern indem sie selbst etwas aufgebaut haben, eine erfolgreiche Firma nämlich! Und verkauft haben sie sie dann nicht, weil sie schlecht lief, sondern im Gegenteil, weil sie dann etwas wert war – und dann ab auf die Bahamas, den Rest des Lebens in den Millionen baden wie einst Dagobert Duck!
Und was macht Siemens: Es kauft immer wieder Firmen und Firmenteile überteuert ein (anstatt etwas selbst aufzubauen), und wenn es dann wieder etwas verkauft, dann wenn es so richtig schlecht läuft und also auch sehr wenig bringt.
Also teuer einkaufen, herunterwirtschaften und dann wieder billig verkaufen – seit wann aber ist das ein Erfolgsrezept?
Ob das der Siemens-Chef wohl anders sieht? Auch dazu die SZ nicht minder süffisant:
„Dazu passt, dass Konzernchef Peter Löscher neulich eigene Siemens-Aktien im Wert von 3,3 Millionen Euro verkauft hat... Traut Löscher inzwischen seinem eigenen Unternehmen nicht mehr?“ Autsch!
(cnn)
Donnerstag, 22.11.2012
Ingenieure gesucht?
Man kann fast schon die Uhr danach stellen: In schöner Regelmäßigkeit berichten die Zeitungen immer wieder über einen vermeintlichen Ingenieursmangel in Deutschland.
So berichtet heute die SZ, 75.000 arbeitslosen Ingenieuren stünden 190.000 Stellen gegenüber.
Klar könnte man daraus schließen, dass es dann wohl einen Ingenieursmangel geben muss (zumindest wenn man außer Acht lässt, dass nicht jeder arbeitsuchende Ingenieur auch als „arbeitslos“ gezählt wird, siehe z.B. die Insassen von Transfergesellschaften) – bis man dann auf die spannende Frage kommt:
Wenn dem so ist, wieso gibt’s dann immer noch 75.000 arbeitslose Ingenieure?
Weil den Arbeitgebern deren Gehaltserwartungen zu hoch sind, oder weil sie ihnen zu alt sind? (Also Lohndumping und Jugendwahn als Ursache? Zum Thema „Jugendwahn“ siehe auch
www.spiegel.de)
Und wenn dem so ist, kann man dann wirklich daraus auf einen Ingenieursmangel schließen, oder ist das vielmehr ein Indiz dafür, dass im Arbeitgeberlager ein nötiger Umdenkprozess noch nicht vollzogen wurde?
Nur um mal eine Stichprobe zu machen: Wieviele freie Stellen gibt es (trotz kürzlicher Sparankündigung) bei Siemens, und wieviele arbeitsuchende ex-Siemens-Ingenieure in der NSN-beE (denen bevorzugte Berücksichtigung bei der Stellenbesetzung zugesagt wurde, damit sie in die beE gehen) hat dabei Siemens bisher übernommen?
Und wenn wir gerade dabei sind: Wann endlich werden beE-Beirat und/oder IG Metall diese Zahlen offenlegen und deswegen etwas unternehmen, um die Einlösung dieser schönen Versprechen endlich einmal einzufordern?
Ein abwinkendes „das hast Du doch hoffentlich selber nicht geglaubt“ reicht da nicht – klar muss man nicht alles glauben, aber das kann noch lange kein Grund sein, auf die Einlösung solcher Zusagen zu verzichten!
(bt)
Montag, 19.11.2012
NSN: Freiwilligenphase in Berlin verlängert
Am 16.11. vermeldete die Geschäftsführung, dass knapp 100 Mitarbeiter das Angebot zum Wechsel in die NSN Transfergesellschaft bzw. einen Altersteilzeitvertrag angenommen haben. Damit wurde das Quorum für die Phase 1 erreicht, was bedeutet, dass die Firma das Angebot an die Freiwilligen erfüllen muss.
Da die vereinbarte Abbauzahl von 158 Mitarbeitern noch nicht erreicht wurde, hat die Firma die Phase 1 (Freiwilligenphase) bis zum 21.11. von sich aus verlängert.
Gleichzeitig wurde, wie im Interessenausgleich vereinbart, die Phase 2 eingeleitet: die Firma und der Betriebsrat verhandeln in der Einigungsstelle die
Auswahlrichtlinien, welche dann zu einer Liste der zu kündigenden Mitarbeitern führen wird.
(IC)
Dienstag, 13.11.2012
Besser ein schlechter Betriebsrat als gar keiner?
In unserem Jubiläumsartikel (
„NSN: 10-jähriges Jubiläum der „blauen Briefe“ in der Hofmannstraße“ vom 11.11.2012) sprachen wir die Problematik an, dass durch die Unterzeichnung von Kündigungs-Namenslisten durch einen Betriebsrat die Aussichten auf eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage merklich geschmälert werden – bedeutet das im Umkehrschluss, dass man OHNE Betriebsrat mitunter sogar besser fahren würde?
Nicht wirklich; ein Betriebsrat hat ja vielfältige Funktionen, am wichtigsten aber wird er natürlich, wenn es nicht nur um Details der Beschäftigungsbedingungen, sondern um den drohenden kompletten Verlust des Arbeitsplatzes geht.
Das bringt, je nach Qualität des Betriebsrats, Licht- und Schattenseiten mit sich.
- Ein guter Betriebsrat wird im Rahmen der Betriebsratsanhörung einen qualifizierten Widerspruch gegen eine beabsichtigte Kündigung aussprechen; das geht nur, WENN man einen Betriebsrat hat, und ist prozesstaktisch deshalb so wichtig, weil man damit verhindern kann, dass einem während des Kündigungsschutzprozesses (nach Ablauf der Kündigungsfrist aber noch vor einem Urteil) das Geld und damit die Puste ausgeht. Details siehe §102 (5) BetrVG.
- Ein schlechter Betriebsrat wird vom Arbeitgeber willkürlich, ohne korrekte betriebsweite Sozialauswahl aufgestellte Kündigungs-Namenslisten mit unterschreiben, zum Beispiel wenn er auf die Drohung „ansonsten schließen wir den Betrieb komplett“ hereinfällt. Auch dies kann nur MIT Betriebsrat passieren, und es reduziert dann die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage erheblich (Details siehe §1 (5) KSchG).
Je nachdem hat man also im Falle von Kündigungen massive Vorteile oder massive Nachteile vom Bestehen eines Betriebsrats, je nach dessen Qualität.
Die Aussage „dann lieber im Zweifelsfall keinen Betriebsrat“ führt aber in die Irre!
Nehmen wir als Beispiel nur mal Siemens/NSN in München an: Wie oft haben die Kollegen im Zeitraum von 2003 bis 2012 mithilfe qualifizierter BR-Widersprüche ihren Kündigungsschutzprozess gewonnen (oder der Arbeitgeber hat’s gar nicht erst versucht, weil genau dies drohte), und wie oft wurden sie in Form von Namenslisten von ihrer eigenen Interessenvertretung verraten und verkauft?
Eben: Acht Jahre lang profitierten die NSN’ler von ihrem Betriebsrat, und erst im neunten Jahr ließ sich der dann amtierende Betriebsrat vom Arbeitgeber und dessen Drohszenarien überfahren und zur Unterzeichnung solcher unsäglicher Namenslisten überreden.
Also selbst in diesem bedauerlichen Fall (Namenslisten bei NSN) haben unterm Strich die Kollegen von ihrem Betriebsrat profitiert, denn ohne einen Betriebsrat hätten viele Kollegen schon 2003 ihren Job verloren.
Alles in allem also: Doch, auch mit schlechten Erfahrungen kommt man zu dem Schluss, dass man MIT Betriebsrat besser fährt.
Und was dessen Qualität betrifft, muss man sich halt nur den richtigen Betriebsrat wählen – und wenn man mal merkt, dass dieser Betriebsrat nicht hält was er versprach (z.B. keine Namenslisten des Arbeitgebers zu unterzeichnen), kann man ja bei der nächsten BR-Wahl die Konsequenzen daraus ziehen...
(bt)
Sonntag, 11.11.2012
Leserbrief
Zu unserem Artikel vom Samstag, 10.11.2012
NSN-Restrukturierung: Ergebnisse in Berlin haben wir von einem Leser dankenswerterweise zwei Ergänzungen bekommen.
Der Interessenausgleich (IA) in Berlin unterscheidet sich m.E. schon in wesentlichen Punkten von dem in der Region West:
- Abfindung: Dienstjahre fließen nicht ein - für alle werden 12 Dienstjahre angenommen!
- Eine Namensliste gibt es. Die Kollegen auf der Namensliste werden gerade alle angeschrieben (per Einschreiben mit Rückschein). Die Aussage im Schreiben ist: "Ihr Arbeitsplatz entfällt." Der Berliner BR (SD62) hat die Aussage gemacht, dass diese Namensliste in Phase 2 (siehe IA) keine Rolle spielen wird. Diese Meinung wird in der Belegschaft nicht so deutlich gesehen (siehe IA - Punkt 2.3).
In jedem Fall wird ein hoher Druck auf die Kollegen aufgebaut, die auf der Namensliste stehen.
(Die Redaktion)
Sonntag, 11.11.2012
NSN: 10-jähriges Jubiläum der „blauen Briefe“ in der Hofmannstraße
Am 11.11.2012 jähren sich zum zehnten mal die „blauen Briefe“, die dann zu den Hofmannstraßen-Kündigungen Anfang 2003 führten.
Die Kollegen verteidigten damals erfolgreich ihre Jobs vor Gericht – der Stellenabbau aber ging munter Jahr für Jahr weiter, ohne Unterbrechung bis heute.
Was wurde aus ihnen?
Manche haben in den folgenden Jahren das Unternehmen freiwillig verlassen, zu einem Zeitpunkt und zu Trennungskonditionen, die für sie dann passten; viele aber behielten auch ihren Job zumindest bis April 2012 (letzte NSN-beE vor dem Hintergrund BR-unterzeichneter Namenslisten), und manche haben ihn heute noch.
Gelohnt hat es sich allemal: Es macht schon einen Unterschied, ob ich z.B. mit 52 oder mit 61 meinen Job verliere!
Was aber wurde aus dem „Versuchsprogramm“ hinter dieser Aktion?
Wie seinerzeit von Siemens-Anwälten ganz offen vor Gericht eingeräumt wurde, drehte es sich darum, mithilfe des beE-Konstrukts („gehe freiwillig in die Transfergesellschaft beE oder Du wirst gekündigt“) neue Methoden zur Umgehung der gesetzlich vorgeschriebenen Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen auszuprobieren.
Siemens und sein Ableger NSN versuchten seither immer wieder neue Varianten und kassierten dafür auch immer wieder juristische Niederlagen vor Gericht, aber im April 2012 sah die Sache schließlich doch anders aus, so manche Kollegen gingen dann „freiwillig“ in die beE, weil sie nicht mehr an die Rettung ihrer Zukunft per Kündigungsschutzklage glaubten.
Warum, und hat damit die Versuchsreihe also nun endlich zu einem (aus Arbeitgebersicht) positiven Ergebnis geführt, zu einer Erkenntnis, wie man um die Sozialauswahl herumkommt?
Nicht wirklich: Der Unterschied zu früheren Abbauprogrammen dieser Versuchsreihe besteht in drei Punkten.
Erstens in einer Reihe von Ausgliederungen, nach denen der „Restbetrieb“ einfach geschlossen würde - das verkompliziert den Rechtsweg etwas, macht ihn aber noch nicht ungangbar (man darf sich dann halt nicht nur auf
KSchG §1 berufen, sondern muss zusätzlich auch noch
BGB §613a bemühen).
Zweitens sahen viele Kollegen keinen großen Sinn mehr darin, zwei Jahre lang gegen eine Firma zu prozessieren, die es in 2 Jahren womöglich gar nicht mehr (zumindest nicht mehr in Deutschland bzw. in München) geben wird - das kann aber wohl kaum ein nachahmungswertes Muster sein, seine Firma so herunterzuwirtschaften, dass deshalb kein Mitarbeiter mehr Sinn in einer Kündigungsschutzklage sieht...
Und drittens hat diesmal ein Betriebsrat sich (womöglich aus Sorge um seine eigene Zukunft vor dem Hintergrund von Betriebsschließungsdrohungen) zu einem absoluten BR-nogo herumkriegen lassen:
Er hat Kündigungs-Namenslisten mit unterzeichnet und diesen Kündigungen somit eine vermeintlich korrekte Sozialauswahl attestiert (deren „Korrektheit“ daran gemessen werden kann, dass sie z.B. auch den Ernährer einer achtköpfigen Familie oder Mitarbeiter mit 40 Firmenjahren traf). Dass aber Kündigungen ohne korrekte Sozialauswahl durchaus aussichtreich sein können, wenn der Arbeitgeber es nur schafft einen Betriebsrat zur Unterzeichnung solcher Namenslisten zu motivieren, ist keine neue Erkenntnis, das ist schon seit 1.1.2004 (damals trat diese Gesetzesergänzung zu KSchG §1 in Kraft) bekannt - neu ist nur, dass es nun bei NSN tatsächlich solche Betriebsräte gab, die genau dies getan haben (in München sogar ohne vorangegangene freiwillige Trennungen).
Das ist das eigentliche Novum dabei – und eines, das hoffentlich keine Schule macht.
(bt)
Samstag, 10.11.2012
NSN-Restrukturierung: Ergebnisse in Berlin
Auch der Standort Berlin ist von der Restrukturierung nicht verschont geblieben. Dort müssen 158 Mitarbeiter gehen (von ca. 1.000). Am stärksten betroffen sind ON (mit 57) und MSS (mit 50). Aber auch MBB muss 13 Mitarbeiter abbauen. Insgesamt ist das der geringste prozentuale Abbau von allen Regionen in Deutschland (s. Mittwoch, 29.8.2012,
NSN-Restrukturierung: Ergebnisse in der Region West und Nord ; Samstag, 11.8.2012,
NSN-Restrukturierung: Ergebnisse in der Region Süd-West ; Sonntag, 5.8.2012,
NSN-Restrukturierung: Ergebnisse in den Regionen Ost und Süd vs. München).
Der Interessenausgleich (IA) in Berlin ist fast identisch mit dem in der Region West:
- die beE mit 75% (Gleichbehandlung aller Mitarbeiter, kein IGM-Bonus) läuft bis 30.4.2014
- echte Freiwilligenphase (Phase 1 bis 14.11.12 15:00, ohne Namenslisten
- wenn sich zu wenig Freiwillige melden, kommen mit dem BR ausgehandelte Auswahlrichtlinien (Sozialauswahl) zum Zuge (Phase 2)
- Abfindungen (ohne Deckelung)
Vergleich der Abfindungsregelungen
Die Formeln und die Matrixfaktoren gibt es im Intranet (Unterlagen nur im Intranet).
|
Mch M |
Süd |
Ost |
Süd-West |
Bemerkungen |
Berechnungs- formel |
12xBMG (+10.000€) |
DJxBMGx0,8 |
BMG(13,5/12)xDJxMx0,7 |
BMGxDM/12xM’x0,8 |
Für Mch ab 7 Betriebsjahre;
in Klammern IGM-Bonus.
Für spätentschlossene in Süd verringert sich der Faktor 0,8 auf 0,6
|
Abfindung nach 10 DJ |
12xBMG (+10.000€) |
8xBMG |
5,1xBMG |
6xBMG** |
Abfindung mit 10 DJ, M=0,65* |
Abfindung nach 15 DJ |
12xBMG (+10.000€) |
12xBMG |
8,86xBMG |
9xBMG** |
Abfindung mit 15 DJ, M=0,75* |
Abfindung nach 20 DJ |
12xBMG (+10.000€) |
16xBMG |
11,8xBMG |
12xBMG** |
Abfindung mit 20 DJ, M=0,75* |
|
West |
Nord |
Berlin |
Bemerkungen |
Berechnungs- formel |
BMGxDJxM’’x0,7 (+3.000 oder 6.000 €) |
BMGxDM/12x0,7 |
BMGx12xAF
<40J ; <50J ; >50J
AF= 0,33 ; 0,66 ; 1,0 |
Für West ab Alter 35J. +3.000 € ; ab 47J. +6.000 €
|
Abfindung nach 10 DJ |
5,25xBMG (+3.000 oder 6.000 €) |
7xBMG |
12xBMGxAF |
Abfindung mit 10 DJ, M=0,65* |
Abfindung nach 15 DJ |
8,925xBMG (+3.000 oder 6.000 €) |
10,5xBMG |
12xBMGxAF |
Abfindung mit 15 DJ, M=0,75* |
Abfindung nach 20 DJ |
14xBMG (+3.000 oder 6.000 €) |
14xBMG |
12xBMGxAF |
Abfindung mit 20 DJ, M=0,75* |
BMG: Bruttomonatsgehalt
DJ: Dienstjahre
DM: Dienstmonate
M: Matrixwert
AF: Altersfaktor
*) Bei der Berechnung des Matrixfaktors M in Ost habe ich angenommen, dass die meisten Mitarbeiter nach der Wende (oder später) als junge Menschen bei Siemens angeheuert haben
**) Bei der Berechnung des Matrixfaktors M’ in SW habe ich angenommen, dass die meisten Mitarbeiter zwischen 42 Jahren und 50 Jahren alt sind (M’=0,75)
Jeder kann seine Abfindung selber ausrechnen, in Abhängigkeit von seinem Alter und der Betriebszugehörigkeit. Und dann vergleichen, welcher Betriebsrat hätte für ihn das meiste herausgeholt. Über die Staffelung der Abfindungen nach Alter und Dienstjahren kann diskutiert werden. Fakt ist, dass bei Siemens und NSN schon immer so verfahren wurde. Eine Staffelung nach Dienstjahren ist sogar gesetzlich notwendig. Und eine Staffelung nach Alter ist in meinen Augen sozial gerechtfertigt.
(INTR)
Donnerstag, 8.11.2012
Personalabbau bei Ericsson
Auch NSN-Konkurrent Ericsson streicht (nicht zum ersten mal) Stellen, die Konkurrenten wetteifern miteinander bei der Todesspirale fortgesetzten Personalabbaus, wie Models von denen Jede die Schlankste bleiben will: Ericsson will heuer in seinem Heimatland Schweden 1550 Jobs streichen, das sind etwa 9% der dortigen Arbeitsplätze. „Der Löwenanteil der Jobs soll in der wichtigen Netzwerksparte gestrichen werden“, berichten die Aktien-Meldungen.
www.aktien-meldungen.de
(bt)
Donnerstag, 8.11.2012
Unerwartet umfangreiche Sparpläne bei Siemens
Selbst Analysten waren davon überrascht: Siemens will bis 2014 schlappe sechs Milliarden Euro einsparen (und so auf eine unbescheidene Gewinnmarge von 12% kommen). (
wirtschaft.t-online.de)
Mit seinem Eingeständnis „Es wird sich am Ende auf die Arbeitsplätze auswirken“ hat Löscher hingegen niemanden mehr überrascht - was denn sonst?
Auch die Größenordnung des resultierenden Personalkahlschlags kann sich mittlerweile jeder Mitarbeiter fast schon selber ausrechnen, ohne durch die Zahl der vielen Nullen ins Straucheln zu geraten, schließlich haben wir in den letzten Jahren ja schon genügend Beispiele bei den diversen Siemens-Ausgliederungen erlebt und wissen mittlerweile, für wieviele Milliarden Einsparung wieviele Mitarbeiter ihren Koffer packen müssen – das wird mal wieder heftig.
Auch wieviel davon schon im laufenden Geschäftsjahr, d.h. bis 09/2013 abgebaut werden soll, lässt sich zwischen den Zeilen lesen, nämlich daraus, dass im Geschäftsjahr 2012/2013 eine Milliarde Euro für das Sparprogramm (also Restrukturierungskosten wie Abfindungen und beE’s) vorgesehen werden. Die Abbau-Kopfzahl für dieses Geschäftsjahr lässt sich daraus leicht ableiten.
Die Größenordnung ist damit also schon vorgezeichnet; nebulöser wird’s freilich bei den Details zum „wie“.
Da ist die Rede von engerer Verbindung von Design, Entwicklung und Fertigung, was freilich nicht unlogisch klingt, zugleich aber auch nach „Synergieeffekten“ – das soll schon mal 3 von den besagten 6 Milliarden sparen.
Und die andere Hälfte? Eine „verbesserte globale Auslastung und Präsenz“ soll helfen (wobei „verbessert“ nicht zwingend heißt „vergrößert“, im Gegenteil, und insbesondere riecht so eine Formulierung nach verstärktem Offshoring), und auch „schlankere Abläufe im Konzern“ klingt nicht gerade neu aber dafür leicht nach personalpolitischer Bulimie.
Naja, und Siemens will schneller und unbürokratischer werden; und was noch?
Ja, man plant auch einen Umbau mit „gezielten Käufen und Verkäufen“ (zu Letzterem gehört wie kürzlich schon gehört die Solarsparte, aber nun überraschenderweise auch die Abwasserreinigung) – das heißt im Klartext also Outsourcing.
Summa summarum also Personalabbau, Offshoring und Outsourcing – bei Siemens nichts Neues.
(bt)
Mittwoch, 7.11.2012
NSN-Betriebsrente – Achtung bei Zeiten in Siemens-Beteiligungsfirmen
Wir berichteten (unser Artikel
"Gütetermin vor dem Arbeitsgericht München - Unzureichende Auskünfte zur Betriebsrente aus AT-Altverträgen" vom 15.7.2012) vom Gütetermin eines Kollegen am Arbeitsgericht um detaillierte Betriebsrentenauskunft von NSN/Mercer zu erhalten. Dem Kollegen liegt mittlerweile ein detaillierter Bescheid von Mercer vor.
Dieser Bescheid enthielt allerdings überraschender Weise Kürzungen in Höhe von rund 50% wegen "mitgebrachter Anwartschaften". Was hatte es damit auf sich? Der Kollege ist vor etwas über 10 Jahren von Fujitsu Siemens Computers zurück zu Siemens gewechselt (auf eigenen Wunsch, also ohne Betriebsübergang nach BGB §613a). Es wurden zwar alle Dienstzeiten und Betriebsrentenanwartenschaften anerkannt und bei NSN auch immer in den standardmäßig versendeten 1-seitigen Bescheiden von Mercer ausgewiesen. Erst in dem detaillierten Betriebsrentenbescheid tauchten aber die erwähnten Kürzungen auf. Des Rätsels Lösung ist, dass die Betriebsrente des Kollegen aus 2 "Töpfen" kommt: für die Zeiten vor der Rückkehr zu Siemens von Siemens (klingt aufs erste seltsam, wurde aber von Siemens Pensions Services Germany bestätigt !), für die Zeiten danach von NSN. Die jeweiligen Teile der Betriebsrente sind auch getrennt bei Siemens bzw. NSN zu beantragen (
Achtung: Zahlung erfolgt erst ab Antragsstellung!).
Um später keine Überraschungen zu erleben, kann man jedem Kollegen, der zeitweise in Siemens-Beteiligungsfirmen gearbeitet hat, nur empfehlen für Klarheit bei seiner Betriebsrente zu sorgen. Heute gibt es nämlich noch alle Ansprechpartner bei NSN, aber in 10 Jahren oder 15 Jahren?
(rep_42)
Montag, 5.11.2012
Zeitarbeit „for ever“
Was wir schon immer befürchtet (oder gar gewusst) haben,
hat jetzt eine Studie bestätigt: Die Aussichten über den „Klebeeffekt“ fest angestellt zu werden liegt gerade mal bei 7%. Der Hauptgrund liegt in der kurzen Verweildauer in einer Firma (im Schnitt nur 3 Monate). Bei längerer Verweildauer erhöhen sich die Chancen, z.B. auf 45% nach 2 Jahren. Eine arg lange „Probezeit“ Ob Reformen an der Zeitarbeit den „Klebeeffekt“ verbessern, bezweifele ich stark. Letztendlich suchen die meisten Firmen nur billige „Tagelöhner“ ohne Sozialkosten und Verpflichtungen.
(IC)
Freitag, 2.11.2012
Jetzt doch: NSN-Personalabbau auch in Berlin
Kurz nach dem Rücktritt des Berlin-stämmigen NSN-GBR-Vorsitzenden brechen auch in Berlin die Dämme: 160 (von 1000) Berliner NSN-Mitarbeiter müssen gehen. Nach dem bewährten Schema: Sie sollen „freiwillig“ in einer Transfergesellschaft (beE) wechseln, um so ihrer Kündigung zuvorzukommen. (
www.morgenpost.de)
Sollte es aber doch noch zu Letzterem kommen, wird es spannend: Wird auch der Berliner NSN-Betriebsrat Kündigungs-Namenslisten unterzeichnen?
(bt)
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