NCI Aktuell Archiv Juli bis September 2013
September:
Sonntag, 29.9.2013
Kahlschlag bei Siemens
A propos „Siemens kommt nicht zur Ruhe“: Wer sich eben noch über den Abgang einzelner Siemens-Manager wunderte, der darf sich gleich noch viel mehr wundern: Mit dem Sparprogramm „Siemens 2014“ sollen nun weltweit 15.000 Jobs wegfallen, davon mit einem Drittel mal wieder überproportional viele in Deutschland. (
www.tagesspiegel.de)
Damit ist dann auch recht schnell die Frage beantwortet worden, ob Joe Kaeser, anders als seinen Vorgängern, mehr einfällt als nur das sattsam bekannte „Management by Restructuring“, Probleme-Lösen per Personalabbau: Nein, anscheinend doch nicht wirklich was Neues bei Siemens, nur ein paar Köpfe ausgetauscht, ansonsten bleibt alles beim Alten.
Aber wen überrascht das wirklich noch?
(bt)
Donnerstag, 19.9.2013
Siemens kommt nicht zur Ruhe – der schwache Abgang einer starken Frau
Auch unter seinem neuen Vorstands-Chef Kaeser kommt Siemens nicht so recht zur Ruhe - was sich auch nicht ändern dürfte, solange Cromme noch als AR-Chef mit im Boot ist.
An den neuesten „Siemens-Unruhen“ dürfte dieser aber nicht beteiligt sein, dafür aber umso mehr GBR und IG Metall.
Aber der Reihe nach: Die Siemens-Vorzeigefrau im Siemens-Vorstand, die im Vorstand für’s Personal zuständige Brigitte Ederer, die vor ihrer Siemens-Zeit schon als Sozialdemokratin in Österreich Furore gemacht hatte, verlässt Siemens im Streit.
Warum?
Wie die gestrige SZ berichtet, begann der Schlamassel damit, dass der Vorsitzende des Siemens-Gesamtbetriebsrats (GBR) seinen Arbeitsvertrag über das baldige Erreichen der „Regelaltersgrenze“ hinaus verlängert bekommen wollte.
Das geht grundsätzlich schon, wenn’s dafür eine gut begründete Ausnahmegenehmigung gibt. (Erinnert irgendwie schon auch etwas an die Causa Cromme...)
Frau Ederer spielte dabei aber nicht mit und legte sich damit mit dem GBR und der IG Metall zugleich an: Sie sieht keinen hinreichenden Grund für so eine Ausnahmegenehmigung, da eine solche Verlängerung „ausschließlich aufgrund des GBR-Mandats eine unzulässige Begünstigung“ sei.
Und da beginnt die Geschichte in der Tat schon ein Gerüchlein zu entwickeln. Ein Gerüchlein, das sich noch dadurch verstärkt, dass der GBR-Vorsitzende zugleich auch noch wegen einer Beförderung zum „leitenden Angestellten“ angefragt haben soll – so eine Beförderung kurz vor dem Ruhestand wäre erst recht ein Verstoß gegen das Begünstigungsverbot nach
§78 BetrVG.
Autsch!
Schon wieder ein IGM-Selbstbedienungsskandal? Reichte der mit der Bevorzugung von Metallern in der NSN-beE noch nicht?
Und warum aber will oder soll Frau Ederer nun Siemens verlassen, wenn’s doch eigentlich um den GBR-Chefposten geht?
Dazu rumort es, angeblich habe die Gewerkschaft dem Aufsichtsratschef (d.h. Cromme) klar gemacht, dass sie nur dann Joe Kaeser als neuem Vorstandschef zustimmen würden, wenn Frau Ederer als Arbeitsdirektorin abgelöst wird.
Das riecht nun schon fast etwas nach einem Fall für die Compliance-Hüter bei Siemens – aber was liest man dazu: „Auch der Amerikaner Peter Solmsen, der vor allem den Bereich Compliance betreut, ist auf dem Absprung“.
Ein Schelm wer Böses dabei denkt.
(bt)
Mittwoch, 4.9.2013
NSN und Gigaset – wie sich die Bilder gleichen
Klar, NSN und Gigaset spielen in unterschiedlichen Ligen – trotzdem verblüffend, wie sich die Bilder gleichen:
Siemens hat einmal seine Gigaset-Sparte mehrheitlich an den Starnberger Finanzinvestor Arques verscherbelt; später wurde dann auch der Rest an Arques abgetreten und Gigaset somit zu einer 100%-Tochter von Arques.
Einige Zeit danach trennte sich dieser Finanzinvestor aber von allen anderen Beteiligungen und behielt nur noch Gigaset übrig, und benannte sich schließlich sogar in Gigaset um!
So wurde aus einem Anteilsverkauf letztlich schlicht eine Verselbständigung von Gigaset unter neuem Eigentümer.
Und nun ersetze man in dieser Story einfach mal Gigaset durch NSN, und Arques durch Nokia:
Siemens hat seine Netzwerk-Sparte erst anteilig an Nokia verscherbelt und dann ganz an Nokia abgetreten, wodurch NSN (wie es dann hieß) zu einer 100%-Tochter von Nokia wurde.
Einige Zeit danach trennte sich Nokia nun von (fast) allem anderen Geschäft, insbes. von seinem bisherigen Kerngeschäft „Handys“, und behält vor allem NSN mit seinem (mittlerweile allerdings auf Mobilfunknetze reduzierten) Netzwerkgeschäft zurück – ob und wann sich Nokia dann auch noch in NSN umbenennt, werden wir ja sehen...
Auch aus diesem Siemens-Anteilsverkauf wurde also letztlich eine Verselbständigung der Netzwerker unter neuem Eigentümer (Nokia statt Siemens, genauso wie damals mit Arques statt Siemens).
Derweil sprießen die Spekulationen
in unserem Diskussionsforum, was aus dem Erlös des Nokia-Handy-Verkaufs wird:
- Geht Nokia/NSN nun bei Alcatel-Lucent shoppen (was vielleicht keine so gute Idee wäre),
- oder wird das Geld wirklich in NSN investiert (was aber nicht unbedingt etwas Gutes für die NSN-Jobs hier bedeuten muss, im Gegenteil, solche Investitionen werden üblicherweise in Niedriglohnländern getätigt, was die Jobs hierzulande noch überflüssiger werden lässt),
- oder wird das Geld eingesackt und Rest-Nokia/NSN dann doch in absehbarer Zeit gegen die Insolvenz-Wand gefahren?
Es wäre jedenfalls keine Überraschung, wenn potentielle künftige Insolvenzverwalter schon heute ein waches Auge auf den Geld(ab)fluss werfen sollten...
(cnn)
Dienstag, 3.9.2013
Microsoft schluckt die Nokia-Handys
Das allseits beliebte wer-schluckt-wen-Karussell dreht sich munter weiter:
Da hat einmal NSN seinen Appetit bei Motorola gestillt, dann hat Siemens seinen NSN-Anteil an Nokia verscherbelt, nun wird das Nokia-Stammgeschäft, das Handy-Geschäft, an Microsoft verkauft (und Nokia zieht sich auf das NSN-Kerngeschäft zurück), und wer schluckt nachher Microsoft?
In diesen Tagen wohl der alltägliche Wahnsinn. An nur einem einzigen Tag Schlagzeilen wie
„Vodafone verkauft sein US-Geschäft für 130 Milliarden Dollar an Verizon“,
„Özil wechselt für 47 Millionen Euro zum FC Arsenal“ und „Bale wechselt für 100 Millionen Euro nach Madrid“ - und jetzt auch noch der Verkauf der Nokia-Handys an Microsoft für 5,4 Milliarden Euro.
Fällt jemandem auf, was da nicht mehr so ganz stimmt? Richtig, die Zahl der Nullen gerät da völlig aus den Fugen.
Liegt’s vielleicht an den führenden Nullen in unserem Wirtschaftssystem?
Wie auch immer; ein Statistiker würde einem beE’ler, der vergeblich versucht seine Arbeitskraft zu verkaufen, daraus abgeleitet vielleicht den Tipp geben:
Du musst Dich nicht zu billig verkaufen, anscheinend wird nur wertgeschätzt was richtig teuer ist. Und ab einer gewissen Zahl von Nullen verliert man eh den Überblick…
Aber zurück zur Sachlichkeit:
Reuters
berichtete kaum, dass Microsoft für 5,4 Milliarden Euro das Handygeschäft von Nokia kauft, schon werden Stimmen laut, das sei eigentlich viel zu billig gewesen – trotzdem steigt die Nokia-Aktie um ztw. mehr als 40%, das verstehe wer will.
Einen lang angelegten Masterplan dahinter vermuten manche unter der Überschrift „Heimkehr des trojanischen Managers“ (gemeint ist natürlich Stephen Elop).
Ob sich damit Microsoft aber auch wirklich einen Gefallen tut, wird von Manchen bezweifelt (
www.focus.de)
Zitat: „Mit dem Kauf der Nokia-Handysparte will Microsoft endlich wieder angreifen. Ob ein Befreiungsschlag gelingt, darf bezweifelt werden. Der einst wertvollste Konzern der Welt hat sich schon viele Fehlgriffe geleistet.“
Andere Blättchen unken: „Nokia nach dem Verkauf: Und jetzt wieder Gummistiefel?“
Das Handelsblatt sieht die Zukunft vom „Rest-Nokia“ jedoch nicht bei finnischen Gummistiefeln, sondern im „alten“ deutsch-finnischen NSN-Geschäft; Zitat:
„Netzwerkausrüstung ist das neue Herz von Nokia. Damit wird Nokia ein wenig deutscher. Denn NSN ist aus einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem Münchener Industriekonzern Siemens hervorgegangen. Und NSN wird künftig zum Kernstück des neuen Nokia-Konzerns.“
Ob das nun aber gut oder schlecht ist für die Zukunft der deutschen NSN-Arbeitsplätze – keine Ahnung, wir werden’s erleben.
(bt)
August:
Mittwoch, 7.8.2013
NSN benennt sich um und beschließt – was wohl?
Nachdem Siemens seinen NSN-Anteil an Nokia verkauft hat, man aber den eingeführten Namen nicht mehr ändern möchte, wurde die Abkürzung NSN nun einfach von „Nokia Siemens Networks“ zu „Nokia Solutions and Networks“ umgedeutet. „For a world in motion“ steht auch noch auf der neuen
NSN-Seite – na dann, wirklich sehr vielsagend…
Und die Pressemitteilung dort ergänzt: „Ownership change brings further … confidence in the future“ – hmmm, auch für die deutschen NSN-Mitarbeiter?
Und was beschließt das neue NSN konsequenterweise gleich als erstes?
Richtig: Damit niemand auf die Idee kommt, dass sich außer der Namensgebung noch etwas ändern könnte, wurde gleich noch ein Abbau weiterer 8.500 Stellen beschlossen. (
www.heise.de)
In unserem Diskussionsforum postet dazu ein Kollege: „ich kann gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte“.
In diesem Sinne: Mahlzeit!
(bt)
Dienstag, 6.8.2013
Unterstützung für Jobsuchende in der NSN TG - Was kann die Gewerkschaft tun?
Kann oder muss die Gewerkschaft mehr tun, für die Jobsuchenden in der beE? Klar ist: eine Gewerkschaft kann keine Jobs herbeizaubern. Aber jedenfalls steht in der IGM-Satzung §2: "Die IG Metall hat die Aufgabe, die wirtschaftlichen, sozialen, beruflichen und kulturellen Interessen der Mitglieder zu fördern."
Reicht es dazu sich alle paar Monate mit der NSN TG zu (völlig intransparenten) Beiratssitzungen zu treffen bzw. die beE-Kollegen zu Diskussionsrunden ins Gewerkschaftshaus einzuladen? Offenbar nicht, denn rund 70% der über 50-jährigen der Münchner NSN beE sind nach über 1 Jahr trotz intensiver Suche immer noch ohne Job. Irgendetwas läuft also grundfalsch.
In dem NCI-Artikel vom 28.7.
"Halbzeitstand der aktuellen Münchner NSN-beE: Glas halb voll oder halb leer?" wurde ein wichtiger Problempunkt genannt: der immer noch vorherrschende Jugendwahn der deutschen Firmen - festzumachen daran, dass die Vermittlungsrate unter 50 doppelt so hoch ist, wie über 50.
Und die Gewerkschaft was kann sie hiergegen tun? Ein paar Vorschläge:
- die Altersdiskriminierung am Beispiel der Transfergesellschaft massiv öffentlich machen (Presse, Fernsehen, Kontakte in Politik. Dass hier öffentliches Interesse besteht, zeigt die gewerkschaftsneutrale Aktion des Briefs an Minister Zeil (NCI vom 3.7.2013) und die nachfolgende Pressereaktion.)
- damit öffentlich Druck auf Arbeitergeber und deren Verbände erzeugen, die Jobsuchenden in der beE bevorzugt einzustellen.
Ein jeder Arbeitgebervertreter, der IT-Fachkräftemangel sagt, muss als Antwort postwendend die Adresse und Telefonnummer der beE erhalten. Es kann insbesondere nicht angehen, dass weitere Fachkräfte "importiert" werden und gleichzeitig ältere Kollegen in Hartz IV geschickt werden.
- hierzu von Arbeitgeberverbänden und beE konkrete Vermittlungsaktionen einfordern (jedes Monat eine Liste mit Stellenvorschlägen der beE – die man ohnehin meist bereits selbst recherchiert hatte – reicht definitiv nicht!)
- im Siemens-Aufsichtsrat vehement für die Einhaltung der einstmals gegebenen und nicht gehaltenen Versprechen eintreten (es gab leider praktisch keine Bewerbungsgespräche bei Eignung von beE-Kandidaten. Joe Kaeser hat als neuer CEO jetzt erneut die Gelegenheit seine diesbezüglichen Versprechen einzulösen!)
- Kurzschließen von Bewerbern aus der NSN-beE mit den Betriebsräten der aufnehmenden Siemens-Betriebe bzw. deren Personalausschüssen (damit diese keiner Stellenbesetzung zustimmen, wenn es geeignete Bewerber aus der beE gibt, die noch kein Bewerbungsgespräch hatten)
- ein Aktionskomitee gründen, das weitere konkrete Maßnahmen ausarbeitet und umsetzt
Jedenfalls kann es nicht heißen "weiter wie bisher", bis die beE dann zu Ende ist und die Kollegen in Hartz IV sind. Denn wie heißt es in der IGM-Satzung weiter: "Aufgaben und Ziele der IG Metall sind insbesondere: … Zusammenschluss aller … Beschäftigten zum gemeinsamen Handeln". Wohlgemerkt es heißt dort "Handeln" nicht Abwarten oder Erleiden!
(nlst)
Juli:
Mittwoch, 31.7.2013
Jetzt ist es amtlich: Kaeser löst Löscher ab
Heute hat, wie angekündigt, der Siemens-Aufsichtsrat beschlossen (und dies nun sogar einstimmig), dass der bisherige Finanzvorstand Joe Kaeser zum 1.8.2013 Peter Löscher als Siemens-Vorstandschef vorzeitig ablöst. (
www.t-online.de
www.spiegel.de)
Mancher sieht Löscher als Bauernopfer (wenngleich sich das Mitleid bei einer Abfindung von 15 Millionen in Grenzen hält): „Ab nächster Woche wird das gleiche Gericht zubereitet – nur mit einem neuen Koch“.
Allerdings hat der neue Koch deutlich mehr Rückhalt in der Belegschaft; das mag auch an Bekenntnissen wie „gutes Management zeichnet sich nicht dadurch aus, dass es viele Stellen streicht, sondern dass es neue Geschäfte entwickelt“ liegen.
Die Erwartungen an den neuen Koch sind jedenfalls hoch (
www.spiegel.de), während in der Münchner Belegschaft teilweise fast schon Resignation herrscht (
„eine enttäuschte Familie – der Abschied Löschers bewegt sie kaum“).
Eines aber dürfte klar sein: Es reicht nicht, nur wieder mal ein quietschbuntes Faltblättchen mit einer neuen „Siemens-Vision“ zu entwerfen!
Wer Kaesers Nachfolger als Finanzvorstand wird, ist noch offen.
Interessanter noch ist vielleicht die Frage, wie’s mit Aufsichtratschef Cromme weitergeht. (
www.faz.net)
Auch die SZ schreibt dazu: „Aufsichtsratschef auf Abruf – bei Siemens soll nach einer Übergangszeit auch Ober-Kontrolleur Gerhard Cromme ausgewechselt werden.“
Wobei Ackermann sicherlich keine Alternative wäre.
(bt)
Sonntag, 28.7.2013
Jetzt ist es passiert: Auch Löscher muss gehen
Die (ex-) Siemens-Mitarbeiter, die in der Ära Löscher ihren Job verloren haben, könnten dazu zynisch kommentieren: Willkommen im Club - aber wir sind ja nicht zynisch, gell, und außerdem wird Löscher sicherlich nicht in der beE landen; seine Abfindung dürfte den beE-Etat denn auch etwas übersteigen...
Jedenfalls kann sich jetzt so mancher Mitarbeiter, der schon seit Jahren um seinen Job bibbert oder schon in der beE gelandet ist, damit trösten, dass er nun schon drei Oberindianer (von Pierer, Kleinfeld, Löscher) überlebt hat – ist aber auch nur ein schwacher Trost, wenn am Ende des Tages auch der eigene Job weg ist, nicht zuletzt auch dank der Löscher’schen Siemens-Politik.
Aber zurück zu den Fakten: Gestern abend wurde beschlossen, dass Löscher seinen Platz räumen muss (formal wird der Aufsichtsrat dieses am kommenden Mittwoch beschließen), nachdem er mal wieder seine selbstgesetzten unrealistischen Zielvorgaben und Versprechen nicht erfüllen konnte.
Und zwar für Joe Kaeser als seinen Nachfolger. (
www.spiegel.de)
Ob ausgerechnet ein Finanzvorstand es besser machen kann und wird? Wir werden sehen; jedenfalls kennt er Siemens besser als der Quereinsteiger Löscher, und er punktet schon mal mit dem Spruch „Sparen alleine reicht nicht“.
Welche Taten dem folgen, das bleibt aber freilich abzuwarten.
Aber es ist auch ein kleiner Hinweis darauf, was Löscher falsch gemacht hat:
Es reicht nicht, schwächelnde Bereiche einfach unter Wert zu verkaufen oder gar zu verschenken, und dafür erfolgreiche Firmen weit über Wert einzukaufen - wer das fortgesetzt tut, verbrennt letztlich nur Geld. Und wenn dann auch noch Kernkompetenz-Bereiche wie die Telekommunikationstechnik (und seither noch viele andere mehr) mit der faulen Ausrede abgestoßen werden, man wolle sich auf seine Kernkompetenzen besinnen, dann wird spätestens klar: Da hat jemand keine Ahnung von den eigenen Kernkompetenzen, und auch vom Spruch „fix it, sell it or close it“ den ersten Teil „fix it“ aus den Augen verloren.
Löscher stolpert darüber, nicht selbst etwas aufgebaut (statt teuer eingekauft) zu haben. Nicht die nötige Geduld und das Durchhaltevermögen gehabt zu haben, schwächelnde Bereiche wieder aufzupäppeln.
Ein guter Manager und guter Arbeitgeber wird sich in einer Situation, in der ein bisher gutes Geschäft zu schwächeln beginnt, fragen: Was muss ich ändern, um mit diesen tollen Mitarbeitern, die die bisherigen Erfolge eingefahren haben, auch künftig wieder auf Erfolgskurs gehen zu können?
Löscher fragte sich hingegen nur: An wen kann ich diesen Laden verscherbeln, und was kaufe ich mir stattdessen ein?
Ein Manager, der in seiner Firma aus sich selbst heraus etwas aufbaut, war er jedenfalls nicht, und vielleicht ist es genau das, was Siemens wieder braucht. Bleibt den Siemensianern zu wünschen, dass Kaeser diese Hoffnungen erfüllt. Und auch die „Causa Cromme“ wäre noch zu bereinigen, wie die Presse sofort moniert:
www.faz.net
Es ist jetzt nicht mehr die Zeit für halbe Sachen.
(bt)
Sonntag, 28.7.2013
Halbzeitstand der aktuellen Münchner NSN-beE: Glas halb voll oder halb leer?
Zur aktuellen NSN-beE wurde offiziell berichtet, dass 14 Monate nach beE-Start rund 44% der 1302 beE-Insassen bereits ausgeschieden sind (in den meisten Fällen indem sie einen neuen Job gefunden haben), darunter 190 Mitarbeiter die älter als 50 sind.
Außerdem seien 60 ehemalige NSN’ler zu Siemens übernommen worden (aber nur die Hälfte davon aus der NSN-beE heraus).
Wie ist das alles nun zu werten? Glas halb voll oder halb leer?
Der Reihe nach: Wenn nach 14 (von 24) beE-Monaten 44% ausgeschieden sind, dann entspricht das hochgerechnet 75% zum beE-Ende, d.h. ¼ = 325 beE’ler wären dann arbeitslos!
Aber zugegeben: Genau so eine Hochrechnung darf man im Grunde nicht machen, es wird sicherlich nicht linear so weiter gehen.
Nachdem jetzt die „low hanging fruits“ abgeerntet sind (d.h. die leicht vermittelbaren und überwiegend jüngeren Kollegen einen Job gefunden haben) wird es wohl in den nächsten Monaten eher etwas langsamer vorangehen, wiederbelebt etwa im Oktober wenn auch die letzten beE’ler vom „Ferienmodus“ in den Modus „jetzt muss ich aber wirklich mal intensiv etwas Neues suchen“ umschalten, und erfahrungsgemäß gibt es insbesondere kurz vor beE-Ende, also 2014 dann, noch mal einen Turboeffekt, der u.a. daher rührt, dass eine Torschlusspanik die Bereitschaft der Übrigen zu erheblich reduzierten Gehaltserwartungen erhöht.
Wie das aber am beE-Ende dann aussehen wird, wieviele dann auf eine HartzIV-Karriere zusteuern, kann man aus dem heutigen Zwischenstand beim besten Willen noch nicht prognostizieren.
Nun zur Zahl 190 (Ü50-Kollegen die einen Job gefunden haben):
Ob das viel oder wenig ist, hängt doch davon ab, wieviele beE-Insassen überhaupt zur Ü50-Kategorie zählten!
Ein Schelm wer sich Böses dabei denkt, dass beE-Macher und beE-Beirat genau daraus ein Geheimnis machen – das macht einen natürlich misstrauisch.
Nehmen wir zum Beispiel mal an, dass etwa die Hälfte der beE’ler älter als 50 seien (was übrigens der Wahrheit durchaus nahe kommen könnte): Dann würden diese Zahlen eine Erfolgsquote von 59% für die unter-Fünfziger, aber nur 29% für die über-Fünfziger bedeuten, d.h. die Bewerbungen von Ü50’ern wären nur halb so erfolgreich wie die der jüngeren Kollegen! Dann mag es zwar immerhin noch erfreulich sein, dass es überhaupt Ü50er gibt, die sich erfolgreich bewarben, aber wenn unter-Fünfziger sich doppelt so erfolgreich bewerben wie über-Fünfziger, dann sollte man über sowas (und die daraus zu schließenden Schlüsse und Konsequenzen) auch ganz offen reden, anstatt nur verharmlosende Halbwahrheiten zu verbreiten.
Und wenn wir gerade dabei sind: Die Vermittlungsquoten für Ü55er (die sind nämlich noch deutlich kritischer als die Ü50) wären auch interessant zu wissen - hier mangelt es eindeutig an der nötigen Transparenz.
Nun kann man die NSN-beE-Macher zweifelsohne nicht für den in deutschen Personalabteilungen vorherrschenden Jugendwahn verantwortlich machen; tut aber die NSN-beE auch genug, um dem (im Rahmen des Möglichen) gegenzusteuern?
Wenn zum Beispiel (
wie hier schon liebevoll kommentiert...) als tolle Erfolgsmeldung verbreitet wird, dass ein Ü55er auf einer AZuBi-Messe (!) einen Job gefunden hat, dann frägt man sich zwangsläufig, ob die NSN-beE nicht auch etwas systematischere Methoden zur Vermittlung von Ü50ern und Ü55ern anwendet?
Zum Beispiel wurde vor beE-Start vollmundig behauptet, die Headhunter-Profis der beE würden ihren Klienten den Zugang zum „verdeckten Stellenmarkt“ eröffnen - und was wurde daraus? Reden wir lieber nicht darüber...
Auch das Thema „abgelehnte Qualifizierungsmaßnahmen“ ist eher unerfreulich; wieso zum Beispiel werden nicht für Qualifizierungsmaßnahmen, für die ein breiteres Bedürfnis besteht (z.B. PM-Zertifizierungen wie ITIL etc.), preiswerte und so für die beE bezahlbare Inhouse-Schulungen organisiert?
Zuguterletzt noch zu den 30 beE’lern, die sich erfolgreich auf freie Siemens-Stellen bewarben:
Wieso so wenige, wieso wurde nicht darauf bestanden, dass Siemens das Versprechen eines Vorstellungsgespräches für jeden geeigneten beE-Bewerber einhält? Dass ebenso viele NSN’ler, die ihren NSN-Job noch gar nicht verloren haben, bei Siemens landen konnten, wie Kollegen aus der NSN-beE, dokumentiert auch deutlich, dass Bewerber aus der NSN-beE bei der Besetzung freier Siemens-Stellen nicht wirklich bevorzugt berücksichtigt wurden. Dieser Vorwurf darf aber schon beide treffen, sowohl Siemens als auch die zu untätige Interessenvertretung der NSN-beE’ler.
Andererseits – ob Siemens heute wirklich noch so eine erstrebenswerte Zieladresse ist?...
Aber wir wollen weder die 44% beE-Abgänge noch die 190 erfolgreichen Ü50er kleinreden, hier ist schon etwas erreicht worden (wenn auch wohl weniger mit Hilfe der beE als vielmehr durch die sich erfolgreich bewerbenden Kollegen selbst); nur: Es hätte seitens der beE noch mehr getan werden können und es wird noch deutlich mehr getan werden müssen, wenn wir Ende April 2014 keine böse Überraschung erleben wollen.
(bt)
Sonntag, 28.7.2013
Ergebnis Gerichtsverfahren zum Übergangsgeld
Zur letzten NSN-beE hat nach einer Zeugenbefragung das Arbeitsgericht München festgestellt: Wenn ein Mitarbeiter nach Verlassen der beE sofort Betriebsrente bezieht und daher ein „Übergangsgeld“ (Differenz zwischen letztem Gehalt und Betriebsrente) bekommt, so berechnet sich dieses Übergangsgeld auf Grundlage des letzten Gehalts vor beE-Eintritt, und nicht nur auf Grundlage des auf 80% vom letzten Gehalt aufgestockten beE-Transferkurzarbeitergeldes.
(bt)
Sonntag, 28.7.2013
Bei NSN nichts Neues
Der NSN-Chef mailte anlässlich der Quartalsergebnisse:
„„… Our restructuring activities are continuing…” und
“…we are planning to optimize our way of working by bringing teams together geographically to reduce fragmentation and silos...”.
Also auf gut Deutsch: Weitere Standortschließungen und Stellenabbau.
Naja, dann müssen sich die NSN-Mitarbeiter wenigstens nicht an einen neuen Führungsstil gewöhnen, seit Gründung von NSN kennen sie ja nichts Anderes.
(bt)
Donnerstag, 25.7.2013
Jobs mit Ü50? – Gibt's auf der AZUBI-Messe!
Endlich weiß ich, warum es bei mir mit der Jobsuche über 50 immer noch nicht geklappt hat. Ich war bislang auf keiner AZUBI-Messe! Diesen wertvollen Hinweis hat die NSN-Transfergesellschaft, unterzeichnet vom Geschäftsführer Gernot K. persönlich, sämtlichen ihrer Jobsuchenden in einer Mail gegeben.
Wörtlich heißt es da:
"... Als ein Beispiel möchten wir Ihnen an dieser Stelle gern einen anonymisierten Fall vorstellen, der sich in der Altersklasse der älteren Mitarbeiter ereignet hat:
Mitarbeiter mit 55, Projektkoordinator: Der Mitarbeiter begleitet sein Kind zu einer AZUBI -Jobmesse. Auf dieser kam es zum Kontakt mit einem Unternehmen mit Ziel der Aufnahme einer Nebentätigkeit. Aber das Unternehmen bietet dem Mitarbeiter eine Festanstellung an und nach einem Schnupperarbeitsverhältnis unterschreibt der Mitarbeiter seinen Arbeitsvertrag als Projektkoordinator. ..."
Ist das ernst gemeint? Ist das Realsatire? Oder ist das einfach ein Zeichen, dass die beE-Berater auch mit ihrem Latein am Ende sind, weil außer mit Zufallstreffern über 50 nichts geht?
(nlst)
Mittwoch, 24.7.2013
Nokia und NSN: Wer hängt an wessen seidenem Faden?
Kaum zu glauben:
Laut IT-Times hängt die Zukunft von Nokia zunehmend vom Erfolg der (halben) Neuerwerbung NSN ab!
Ist halt alles relativ: Wenn’s der Mutter nur schlecht genug geht, kann daneben die Tochter auch mit mittelprächtigen Ergebnissen schon glänzen!
Ob das aber Nokia rettet, frei nach dem Motto „wenn sich meine Smartphones nicht verkaufen, dann kaufe ich mir eben einen Netze-Ausrüster“?
Die Frage, wie sicher und wohl man sich am „NSN-Faden“ fühlen kann, haben zahlreiche NSN-Mitarbeiter mit ihrem (wenn auch nicht immer so ganz freiwilligen) Austritt (von NSN in die beE) schon für sich entschieden. Wenn NSN aber schon nicht mal mehr so einen leichten Arbeitnehmer tragen kann, wie soll es dann gleich ein Schwergewicht wie seine dicke Mutter Nokia tragen können? Ein in der Tat sehr dünner Faden, an den sich Nokia da hängt.
Die Bedeutung von NSN für seine Mutter wächst dadurch natürlich – aber das Zutrauen in eine gute, dauerhaft tragfähige Zukunft für Nokia nicht unbedingt.
(cnn)
Donnerstag, 18.7.2013
Maue NSN-Vermittlungsquoten im Visier
Der offene Brief an Minister Zeil (unser Artikel vom 3.7.2013
Brief an Minister Zeil: NSN Transfergesellschaft – "Work in Bavaria" chancenlos?) zu „Work in Bavaria“ auch für über-fünfzigjährige beE’ler trägt erste Früchte.
Gespräche mit dem Ministerium kommen in Fluss, man denkt gemeinsam über Lösungswege nach.
Das thematisiert auch
die SZ vom 18.7.2013:
Wieso wird über vermeintlichen Ingenieurs- und Fachkräftemangel in Bayern gejammert, wenn gleichzeitig unsere beE-Ingenieure und -Fachkräfte keinen Job mehr kriegen?
Die Antwort lässt sich in einem SZ-Kommentar nachlesen: Es hat etwas mit dem deutschen Jugendwahn zu tun. Nicht mit dem Gehalt, wie interessanterweise sogar ein Gewerkschafter andeutet, denn wenn es so wäre, würde die Erfolgsquote für Bewerbungen, bei denen noch gar kein Gehaltswunsch genannt wurde, höher liegen.
Nein, da hilft alles Leugnen nicht: Der Stellenbesetzungsdruck auf deutsche Arbeitgeber muss wohl noch größer werden, bevor sie bereit sind, auch mal einen Überfünfziger einzustellen; das ist das Problem und seine Lösung zugleich,
Das betrifft allerdings nicht nur die Anderen, sondern auch Mutter Siemens, bei denen die allermeisten NSN-beE’ler vor Jahren mal angeheuert hatten, teils vor 30 oder gar schon 40 Jahren, bis sie dann bei NSN ihren Job verloren:
Angesichts der (bisher wohl noch nicht hinreichend umgesetzten) Siemens-Versprechen, Bewerber aus der NSN-beE bei der Besetzung der vielen freien Siemens-Stellen bevorzugt zu berücksichtigen, kommentiert die SZ denn auch: "Wer im nächsten Frühjahr auf der Straße zu stehen droht, den muss der Münchner Weltkonzern auffangen".
Was dieser selbst wohl anders sehen dürfte – aber in der öffentlichen Meinung ist Siemens seiner Verantwortung für seine langjährigen ex-Mitarbeiter noch lange nicht ledig, nur weil Siemens seine Telekommunikationssparte zu NSN ausgegliedert und schließlich ganz an Nokia verkauft hat.
(bt)
Montag, 15.7.2013
NSN hat Kohle - frägt sich nur, wofür
Obwohl NSN angeblich Kohle hat ...
(guckst Du hier:
www.welt.de, demnach sind bei NSN 2,7 Milliarden Euro als liquide Mittel auf der hohen Kante geparkt)
... gab es jetzt eine etwas eigenartige „Einladung“ zu einer „house warming party“ bei NSN in Ulm (nennt man das jetzt house warming, wenn Feuer auf dem Dach ist?):
Einerseits will man feiern und andererseits hat man wohl kein Geld für Catering übrig, daher mögen doch die Mitarbeiter bitte jeder selber was zum Knabbern mitbringen.
„For the catering we are planning to have a mixed buffet where we all together provide some small snacks/salads/deserts/etc. on a voluntary basis. Team assistants will contact you in the next days/weeks to make the necessary arrangements.“
Nicht mehr steigerungsfähig? Doch doch, noch innovativer wäre wohl, den Mitarbeitern zu sagen dass man leider nicht mehr für Alle einen ausgeben könne, aber damit wenigstens die Chefs feiern können, mögen doch die Mitarbeiter bitte freiwillig ein paar Salate, Snacks etc. mitbringen…
(cnn)
Freitag, 5.7.2013
Das war’s: Das Ende von Nokia Siemens Networks
Das war’s also: Siemens verkauft seinen NSN-Anteil an seinen bisherigen Partner Nokia, für schlappe 1,7 Milliarden Euro.
Die Firma wird noch weiter bestehen, aber das „S“ (wie „Siemens“) in seinem Namen wird wohl verschwinden, und wahrscheinlich auch noch ein wenig mehr.
Das bisherige NSN wird damit nicht zu einem Teil von Nokia, sondern bleibt als hundertprozentige Nokia-Tochter ein (zumindest gesellschaftsrechtlich) eigenständiges Unternehmen. Was man so „eigenständig“ nennt in so einer Konstellation…
War das nun ein guter oder ein schlechter Deal?
Kommt wohl ganz drauf an, für wen.
- Siemens hat damit die vollständige Trennung von seiner Telekommunikationssparte recht flott abgeschlossen, und anstatt wie bei BenQ die Trennung teuer zu bezahlen, diesmal sogar einen zehnstelligen Betrag eingestrichen; wenn auch „nur“ 1,7 Milliarden, was eindeutig weniger ist als die Hälfte der zuletzt diskutierten 4-7 Milliarden, die NSN wert sei - egal, wenn man keinen Käufer findet, muss man eben im Preis etwas nachgeben, wenn man’s ernst mit dem Verkauf meint, und auch für diese 1,7 Milliarden muss eine alte Omi lange stricken!
Aus Siemens-Sicht kann man eigentlich nur sagen: Alles richtig gemacht!
- Etwas schwieriger gestaltet sich diese Frage dann schon für den Käufer: Warum hat Nokia, das derzeit ja ohnehin nicht in Geld schwimmt, Siemens für seine NSN-Hälfte ausbezahlt, und das auch noch für so einen doch immer noch recht stattlichen Preis?
Darüber spekuliert die Presse munter drauflos: Hofft Nokia womöglich, im Alleingang mit NSN erfolgreicher zu werden als in Kooperation mit Siemens? (Und wenn ja: Warum war dann Nokia mit seiner Telekommunikationsnetzsparte nicht erfolgreicher, bevor sie in das Gemeinschaftsunternehmen NSN aufging?)
Oder glaubt Nokia, NSN ganz oder in Teilen mit etwas mehr Zeit für mehr als 1,7 Milliarden weiterverkaufen zu können und so Gewinn zu machen?
Oder glaubt Nokia nach den letzten Handy-Rückschlägen womöglich, in der Telekommunikationsnetzesparte läge mehr Zukunft für Nokia als in den Handys (ähnlich wie das kürzlich Ericsson gemacht hat)?
Auf alle Fälle hat Siemens seinen Nutzen (1,7 Milliarden) aus dem Deal sicherer in der Tasche, als Nokia; so gesehen verwundert es, dass nach Bekanntwerden des Verkaufs der Aktienkurs nicht nur von Siemens, sondern auch von Nokia in die Höhe ging.
Nun, die Zukunft wird es weisen; eines ist aber schon klar: Sollte es Nokia wider Erwarten gelingen, NSN ohne Siemens wieder zu großen Erfolgen zurückzuführen, dann wäre das für Siemens eine Blamage – wäre, aber ob es dazu auch kommen wird, steht mehr als nur in den Sternen.
- Und was bedeutet der Deal für NSN selber, für seine Belegschaft, seine Zulieferer und Partner, seine Kunden? Wir werden sehen.
Zumindest für die Siemens-stämmige deutsche NSN-Belegschaft im Allgemeinen, und auch für die Münchner NSN-Truppe im Besonderen lässt sich schwer vorstellen, inwiefern die Sicherheit dieser Standorte und der Arbeitsplätze an diesen Standorten durch den Verkauf an die Finnen steigen könnte, um es noch zurückhaltend zu formulieren – und Gleiches gilt auch für die zu erwartenden Abfindungen bei künftigen Stellenabbauprogrammen, da werden dann frühere Siemens-Restrukturierungen kaum mehr als Benchmark dienen.
Alleine schon die Tatsache, dass z.B. mit Restrukturierungsplänen unzufriedene deutsche NSN-Mitarbeiter sich künftig nicht mehr am Münchner Wittelsbacher Platz (bei Siemens) öffentlichkeitswirksam beschweren können (und Helsinki ist weit), setzt für NSN-Management und -Eigentümer die Hürden für künftige Grausamkeiten noch ein Stück niedriger. Es bleibt daher wohl eher ungemütlich bei NSN in Deutschland, auch ohne das „S“ im Namen.
(bt)
Mittwoch, 3.7.2013
Brief an Minister Zeil: NSN Transfergesellschaft – "Work in Bavaria" chancenlos?
Am 27.4.2013 (
"Return to Bavaria – Wir helfen bei der Rückkehr") berichteten wir über ein Programm des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft zur Gewinnung von Fachkräften. 56 Fachkräfte aus der NSN TG haben nun folgenden Brief an Hrn. Staatsminister Zeil geschrieben:
Sehr geehrter Herr Staatsminister Zeil,
Ihre Kampagne "Work in Bavaria" bzw. "Return to Bavaria" adressiert ein wichtiges Thema: ein Land wie Bayern kann sich im internationalen Wettbewerb nur behaupten, wenn es seine "Leistungsträger" an sich binden oder zur Rückkehr bewegen kann. Der Slogan "Bayern braucht kluge Köpfe" trifft daher den Nagel auf den Kopf: gut ausgebildete Fachkräfte, sind die entscheidende Ressource für die Wirtschaft unseres Freistaats.
Als ehemalige Mitarbeiter von Nokia Siemens Networks (NSN), die jetzt seit über einem Jahr in einer Transfergesellschaft sind, können wir jedoch leider keinen nachhaltigen Umgang mit dieser Ressource feststellen:
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Von den rund 1.400 Münchner Kollegen, die im Zuge der Restrukturierung von Nokia Siemens Networks gezwungen wurden einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben und in die Transfergesellschaft zu wechseln, sind an die 1.000 trotz intensiver Stellensuche noch immer ohne Job.
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Diese sämtlich gut ausgebildeten und hoch motivierten High-Tech-Fachkräfte haben überwiegend ein Studium in einem MINT-Fach absolviert (Dipl.- Ingenieure, Informatiker, Physiker, Mathematiker, aber auch Betriebswirte, Kaufleute …) und langjährige Erfahrung in den verschiedensten Aufgaben gesammelt (z.B. IT-Technologie, SW-Entwicklung, Produktmanagement, Projektmanagement, Testingenieure, kaufmännische Experten und Account Manager mit Erfahrungen in nationalen und internationalen Projekten).
Diese 1.000 jobsuchenden Fachkräfte in München haben im letzten Jahr wirklich alles unternommen, was nur möglich war um einen neuen Arbeitsplatz zu finden: zahllose Bewerbungen mit professionellen Bewerbungsunterlagen, die Nutzung von Netzwerken wie XING und LinkedIn, Besuch von Jobmessen, direkte Gespräche mit Firmen, Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit sowie der NSN Transfergesellschaft. Alles leider ohne Erfolg.
Über die Gründe für die erfolglose Jobsuche einer solch großen Menge von Fachkräften kann man nur mutmaßen:
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Gibt es altersbezogene Vorurteile in den Unternehmen?
Die Bewerbungspraxis zeigt, dass Kollegen jenseits der 50 deutlich weniger häufig zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden, als jüngere Kollegen. Wie soll aber Rente mit 67 funktionieren, wenn es bereits ab Alter 45 praktisch keine Job-Chancen mehr gibt?
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Gibt es womöglich überhaupt keinen Fachkräftemangel?
Diese mangelnde Einstellbereitschaft wird aus heutiger Sicht dazu führen, dass in Kürze aus vielen gut verdienenden Steuerzahlern, Familienvätern und -müttern, Bezieher von Arbeitslosengeld werden.
Wie soll man der jungen Generation so klar machen, dass sich Leistung lohnt?
Das muss verhindert werden und deshalb fordern wir Sie auf:
Unterstützen Sie die Fachkräfte der NSN Transfergesellschaft hier in München und Bayern bei der Suche nach einem Arbeitsplatz
Wir bitten Sie, setzen Sie sich mit Ihren Kontakten in die Wirtschaft dafür ein, dass in München und Bayern ansässige Firmen sich intensiv mit den Arbeitssuchenden der NSN TG auseinandersetzen, um offene Arbeitsplätze mit uns neu zu besetzen.
Mögliche Unterstützungsmaßnahmen wären z.B. gezielte Kontaktschaltung zu Arbeitskräfte suchenden Unternehmen, Bewerberdrehscheiben mit interessierten Firmen, wo nötig Förderung für Weiterbildungsmaßnahmen etc.
Wir zählen auf Ihre Antwort und laden Sie gerne zu einem Gespräch ein, um Details und ein gemeinsames Vorgehen mit Ihnen zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
(Liste mit 56 Namen von Fachkräften der NSN TG)
(gg)
Montag, 1.7.2013
Nachtrag zu: Arbeitskampf auf Chinesisch
Am 26.6. berichteten wir über ruppige Methoden des Arbeitskampfes in China; chinesische Mitarbeiter ließen ihren amerikanischen Chef einfach nicht mehr aus seinem Büro, als er 30 Mitarbeiter entlassen wollte.
Nun kamen noch mehr Details heraus: Diese 30 Arbeitsplätze sind nicht einfach entfallen, sondern sollten nach Indien verlagert werden!
Also im Klartext: Die Offshoring-Problematik hat nun auch China eingeholt und China findet sich plötzlich auf der anderen Seite des Offshoring-Gartenzauns wieder!
Bisher wurden nur europäische Arbeitsplätze ins billigere China verlagert, nun aber werden auch chinesische Arbeitsplätze ins noch billigere Indien verlagert.
Die Karawane zieht mal wieder weiter – irgend einer ist immer billiger.
Ohne Schadenfreude: Als Betroffener denkt man über’s Offshoring doch gleich ganz anders, oder?
Die Chinesen reagierten denn auch gleich sehr viel heftiger, als das von deutschen Offshoring-Opfern zu erwarten wäre; denn genauso wie schon Karl Valentin feststellte, dass in Deutschland eine Revolution leider nicht möglich da verboten sei, genauso liegt wohl das Einsperren von Offshoring-planenden Chefs hierzulande etwas jenseits der Legalität - andere Länder andere Sitten, im revolutionären China ist das wohl auch nicht legal, aber das stört da niemanden, und so hat auch die Polizei nicht eingegriffen bis sich die Konfliktparteien irgendwie geeinigt haben.
(bt)
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