NCI Aktuell Archiv Dezember 2012
Freitag, 28.12.2012
Arbeitsrecht auf amerikanisch
Ein skurriles Urteil fällte das oberste Gericht von Iowa:
Es wies die Kündigungsschutzklage einer Zahnarztassistentin ab, die von ihrem Chef gekündigt wurde, weil er sie für unwiderstehlich hielt und ihre enge Kleidung ihn „aus dem Konzept bringt“.
Ich stelle mir das gerade bildlich vor, wie er beim Bohren auf ihren Minirock schielt und deshalb die Zunge statt den Zahn durchbohrt... Frägt sich nur wer schuld ist: Die zu attraktive Assistentin oder der Zahnarzt?
Das Gericht jedenfalls fand dessen Argumentation schlüssig und lehnte daher die Diskriminierungsklage ab.
Erwähnen sollte man vielleicht, dass das Gericht rein männlich besetzt war.
Aber bevor wir alle Schuld nur den Männern zusprechen: Tatsächlich soll die Entlassung erst zustande gekommen sein, als die Ehefrau des Zahnarztes dieses von ihm forderte und ihm ordentlich Druck machte...
(cnn)
Weihnachten 2012
Frohe Weihnacht und ein gutes Neues Jahr 2013
... wünscht Euch von Herzen die NCI-Redaktion.
Das zu Ende gehende Jahr war für sehr viele von uns wahrlich nicht das Beste!
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und hoffentlich bringt das nächste Jahr uns allen etwas Glück und Zufriedenheit - ist doch jede Veränderung zugleich auch eine Chance!
Erholt Euch gut, tankt Kraft und Zuversicht und bleibt aktiv – behaltet Euer Schicksal so gut es geht in eigener Hand.
Übt Solidarität und fordert sie ein, lasst euch nicht vereinzeln. Nur gemeinsam sind wir stark!
Als Redaktion haben wir auch einen Wunsch für das neue Jahr: Nutzt diese Plattform nicht nur, um Euch zu informieren, sondern auch um Euch auszutauschen. Sei es mit Infos oder Kommentaren (insbesondere auch zu Vorgängen außerhalb Münchens), am besten aber mit eigenen Artikeln.
Es gibt viel zu tun, packen wir es an!
(Die Redaktion)
Freitag, 21.12.2012
Urteil über Rederecht bei Hauptversammlungen
Die Deutsche Bank, die sich derzeit über einen Mangel an öffentlichem Interesse nicht beklagen kann, hat einen interessanten Prozess am Frankfurter Landgericht verloren: Demzufolge kann schon reichen, wenn eine einzige Frage auf einer Aktionärshauptversammlung nicht gestellt werden konnte (weil dem Redner zu früh das Wort abgeschnitten wurde), dass die Beschlüsse dieser Hauptversammlung gerichtlich für nichtig erklärt werden!
Nur so mal als dezenter Hinweis für die im Januar anstehende Siemens-Hauptversammlung…
(bt)
Freitag, 21.12.2012
NSN verliert beE-bezogenen Prozess
Am 20.12. fällte das Münchner Arbeitsgericht erstinstanzlich ein sehr interessantes Urteil zu zwei strittigen Fragen zur aktuellen Münchner NSN-beE, in beiden Punkten entschied das Gericht gegen NSN:
- Eine Bevorzugung von IGM-Mitgliedern in der beE ist unzulässig!
Begründung: Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Folge: Non-Metaller in der beE haben Anspruch auf weitere 10.000.- Abfindung und 10% mehr monatliches Bruttogehalt - wenn es dabei bleibt. Denn mit Sicherheit wird NSN in die Berufung gehen – das Spiel ist also noch nicht ganz zu Ende, wenngleich vieles dafür spricht, dass auch die nächste Instanz so entscheiden dürfte.
- Die beE-Einkünfte sind auf Bruttobasis zu berechnen!
Demnach ist in der beE auch während des KUG-Bezugs der monatliche Bruttolohn in Höhe von 80% des bisherigen Brutto (genauer gesagt 80% des 13,5 fachen des alten NSN-Bruttomonatsgehalts dividiert durch 12) zu bezahlen.
Begründung: Es ist eine Bruttolohnabrede vereinbart worden und keine Nettolohnabrede.
Folge: Die bisherige NSN-Methode, erst einen Nettolohn aus dem Bruttolohn abzuleiten, davon dann das KUG abzuziehen, und dann auch nur für die (von NSN getragene) Differenz Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abzuführen, wäre demnach unzulässig - falls auch die nächsthöhere Instanz das so sehen sollte, was noch etwas in den Sternen steht, zumal die zum gleichen Thema von der IGM angerufene Tarifschiedsstelle am 14.12. dasselbe noch anders sah - in diesem Punkt ist also noch kein Endsieg, aber zumindest doch schon mal ein respektabler Etappensieg erzielt worden.
Glückwunsch den erfolgreichen Kollegen und ihrem Anwalt!
(bt)
Donnerstag, 20.12.2012
Kahlschlag in Berlin: Nun ist auch noch Siemens selber dran
Nach dem Berlin hart treffenden Personalkahlschlag sowohl bei NSN als auch bei OSRAM wird in Berlin nun auch noch Personalabbau bei Siemens selber befürchtet – rund 200 Berliner Jobs sollen durch Offshoring nach Indien verloren gehen, wie u.a. die
Berliner Morgenpost berichtet.
Für Berlin sind das keine guten Neuigkeiten, ein Arbeitsplatz nach dem anderen geht verloren, und auch wenn längst nicht mehr überall „Siemens“ drauf stand, war doch meistens „Siemens“ drin - wie eben bei NSN und OSRAM.
Aber eigentlich sieht selbst die Morgenpost die Lage noch zu optimistisch:
„Allerdings müssen die Siemens- und Osram-Mitarbeiter keine harten Schnitte befürchten. Betriebsbedingte Kündigungen sind bei Siemens per unbefristeter Betriebsvereinbarung ausgeschlossen, bei Osram immerhin bis 2015. Und auch Gewerkschafter räumen ein, dass Siemens in der Vergangenheit nie dafür bekannt war, besonders rüde mit seiner Belegschaft umzugehen.“
Das muss man freilich relativieren: Wenn es bei OSRAM einen Kündigungsausschluss bis 2015 gibt, wird man nach aller Erfahrung die Uhren danach stellen können, dass es dann genau 2015 tatsächlich rund gehen wird!
Spätestens, wie die Bruchsaler NSN-Kollegen bezeugen können: Auch sie hatten Zusagen, die nachher das Papier, auf dem sie geschrieben standen, nicht mehr wert waren; wäre es anders, würde Bruchsal heute noch nicht geschlossen.
Auch die zitierte Aussage von „Gewerkschaftern“, Siemens sei nie besonders rüde mit seiner Belegschaft umgegangen, dürfte z.B. die Siemens-stämmigen NSN-Mitarbeiter, die ihren Job längst schon verloren haben, leicht verwundern:
Siemens schmeißt zwar nicht so gerne selber Leute raus, aber es lässt sie dafür rausschmeißen (und tut dann unbeteiligt). Zum Beispiel via Ausgliederung/Verkauf.
Das macht es für die Betroffenen keinen Deut besser, so oder so sind die Jobs letztlich weg, dank Mutter Siemens - und das trotz immer noch vieler freier Siemens-Jobs, auch in Deutschland, die man den Betroffenen aber nicht anbieten will - na, wenn das nicht „rüde“ ist?!
Nein, auch in der Bundeshauptstadt arbeitet Siemens eifrig an der Demontage seines Rufes als guter Arbeitgeber.
(bt)
Samstag, 15.12.2012
Der Aufstand der Siemens - Rentner
Statt Innovation rückt bei Siemens zunehmend das Portfolio Management, die Schließung von Betrieben und die Entsorgung von Mitarbeitern ins Zentrum der Aktivitäten.
Nun haben sogar die Siemens-Rentner die Nase voll. Im Rahmen einer jährlich stattfindenden Weihnachtsfeier in Konstanz gab es Proteste gegen die aktuelle Siemens-Geschäftspolitik. Viele ehemalige Kolleginnen und Kollegen boten spontan jegliche Unterstützung im Kampf der Belegschaft für den Erhalt der Arbeitsplätze an.
Die Konstanzer Rentner handeln sicher nicht ganz uneigennützig, denn die Betriebsrente ist nur dann 100%-ig sicher, wenn es Siemens auch in der Zukunft noch gut geht, was man aufgrund der aktuellen Geschäftspolitik durchaus bezweifeln könnte.
www.suedkurier.de
(mg)
Dienstag, 11.12.2012
Chinesischer Angriff auf Finnland
Natürlich kein Angriff im militärischen Sinn – aber das finnische Selbstwertgefühl dürfte schon etwas darunter leiden:
Ausgerechnet der chinesische Nokia-/NSN-Konkurrent Huawei baut in Helsinki für 70 Millionen Euro ein Entwicklungszentrum auf.
Dessen erste Aufgabe wird dann in der Entwicklung von Software für Smartphones und Tablet-Computer liegen; kopfzahlmäßig keine große Nummer, in den nächsten 5 Jahren sollen dort gerade mal 100 Leute arbeiten, aber es ist eben die Konkurrenz direkt vor der Haustür.
Auch nicht auszuschließen, dass dann auch finnische Mitarbeiter von Huawei abgeworben werden, ähnlich wie schon bei uns in Düsseldorf. Dürfte ein leichtes Spiel sein, da Nokia 2013 weltweit 10.000 Stellen abbauen will – wie gemacht für ein chinesisches Cherry-Picking.
(bt)
Montag, 10.12.2012
Auch SEN schmeißt Leute raus
Damit sich die um ihre Jobs bangenden NSN-Kollegen nicht so alleine fühlen, hat nun auch SEN (Enterprise Networks) beschlossen, im Jahr 2013 eine „umfassende Restrukturierung“ durchzuführen.
Konkret sollen in Deutschland 600 Kollegen davon betroffen sein, das entspricht einem Personalabbau in Höhe von 20%.
Eben überall, wohin das blaue Auge auch nur blickt, immer nur die eine selbe Medizin, nämlich Personalabbau zur Lösung aller Probleme, und wenn das bisher noch nie den erwarteten großen Befreiungsschlag bewirkte, so zieht man daraus nicht etwa die Konsequenz sich für’s nächste mal etwas Anderes auszudenken, sondern glaubt höheren Ortes anscheinend noch immer, dass man es dann halt nur noch ein weiteres mal versuchen muss, diesmal klappt’s ganz sicher – einfach nur Leute rausschmeißen, oder schon floriert die Firma wieder!
Aber das ist schon okay, es glauben ja auch noch viele Leute an den Weihnachtsmann. Und den Osterhasen.
(bt)
Montag, 10.12.2012
Abwicklung von NSN in Deutschland: Steht als nächstes Berlin vor dem Aus?
Nach den neuesten Abbauplänen (beim NSN-Service) bei gleichzeitigem Verkauf von Unternehmensteilen (Optical Networks, Business Support Systems, ...) mutmaßt die Presse, dass NSN in Berlin nun bald schon ganz geschlossen werden könnte. (
www.portel.de und
www.morgenpost.de)
Schlicht und ergreifend, weil am Ende des Tages Berlin zu einem Kleinstandort mit gerade mal 200 verbleibenden Arbeitsplätzen verkümmern wird, und was bei NSN mit solchen Standorten geschieht, davon können andere Kollegen schon länger ein gar traurig Liedchen trällern. Entsprechende Befürchtungen hat auch der NSN-GBR und treiben die Berliner Kollegen am Montag auf die Straße. (
www.welt.de)
Wenn’s die Berliner Kollegen tröstet: Ihr seid bestimmt nicht der letzte NSN-Standort, der geschlossen wird (genauso wenig wie das Bruchsal war, das geht jetzt Schlag auf Schlag) - bei NSN in Deutschland kann sich kein einziger Mitarbeiter mehr seines Jobs wirklich sicher sein, egal wo im Lande.
Und wen das nicht tröstet: Es gibt auch ein Leben außerhalb von NSN!
(cnn)
Samstag, 8.12.2012
Gerettet bis 2016… dann gibt’s Opel Bochum jedoch nicht mehr?
In letzter Zeit war es um das GM-Werk Bochum in der Presse ruhiger geworden, zumindest empfand das der normale Konsument so. Hatte Opel doch angekündigt, das Werk schließen zu wollen. Nach dem Auslaufen der Produktion des Modells Zafira im Jahr 2016 stehen hier auch 3.000 Arbeitsplätze, respektive Existenzen zur Disposition. (
de.reuters.com)
Selbst wenn alle anderen Mitarbeiter in den anderen Standorten bis 2016 gerettet wären, zu welchem Preis!? Den „Großen“ Managern dieser Weltkonzerne scheint in einer Krise nichts anderes als Kurzarbeit, Personalabbau und komplette Werksschließungen einzufallen.
Am Montag den 10.12.2012 wird der örtliche Betriebsrat und ein Vorstandsmitglied von Opel die Pläne der anwesenden Belegschaft auf einer Betriebsversammlung erläutern. Bereits im Juni dieses Jahres hatte GM eine Galgenfrist von 4 Jahren sowie den Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen angeboten. Inwieweit die Arbeitnehmervertreter demgegenüber ein Mehr an Zugeständnissen aushandeln konnten, ist derzeit nicht bekannt.
Wie wäre es, wenn man nicht nur den „Kleinen Mann“ sondern auch mal diejenigen der Mitarbeiter, die mehr oder gleich viel wie Außertarifliche Mitarbeiter bezahlt werden, sich massiv an der Behebung der Krise beteiligen? Beispielsweise durch Absenkung auf das Durchschnittsgehalt in der Firma? Sowie komplette Streichung der Erfolgsprämien. Im Gegenzug könnte es dann für jeden Kürzungsmonat 2,5 Monate betriebsbedingten Kündigungsschutz geben.
(pg)
Freitag, 7.12.2012
Time to go: Aus für die Financial Times Deutschland
Heute am Freitag den 7.12.2012 wird die Landschaft der Wirtschaftspresse um ein Druck- und Onlineprodukt ärmer sein. Ich werde die Financial Times Deutschland, kurz ftd, vermissen, da es sie nicht mehr gibt, auch nicht den Onlineauftritt
ftd.de. Vor allem die Onlinedienste und Artikel waren großartig recherchiert. Zweifellos wird die Medienlandschaft nun um ein großartiges Medium weniger.
Ich wünschen den Mitarbeitern alles alles Gute und möglichst viele Ersatztätigkeiten. Danke für eure Arbeit.
28.11.2012, 10:45 In eigener Sache
(pg)
Donnerstag, 6.12.2012
Die Früchte der bösen Saat
Gleich zwei mal hat es in Mch-M Demonstrationen gegen die Schließung von Bruchsal gegeben. Am 3.12 hat die Münchner IGM zur einer Solidaritätsdemo aufgerufen. Ganze 150 Mitglieder sind dem Aufruf gefolgt (plus einige nicht-organisierte). Eine Schande für einen Betrieb mit über 1.800 Mitarbeitern davon ca. 50% Mitglieder! Plus noch mal ca. 1.600 ex-Mitarbeitern in der beE.
Dann am 5.12. kamen ca. 250 Bruchsaler nach München, um für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen. Und schon wieder das gleiche traurige Bild: es haben sich ganze 150 Münchner dazugesellt. Nicht mal alle aus dem BR in Mch-M waren dabei! Wo waren die ca. 900 IG Metaller aus NSN München?! Geschweige denn die weiteren 900 Nicht-Mitglieder?
Warum diese Abstinenz? Haben die Bruchsaler KollegInnen keine Solidarität verdient? Für viele in München ist die Antwort klar (Z.B. folgende Beiträge im netzwerkit.de:
Nach dem Verrat ist die Luft (leider) raus und
Demo?): Es ist die Bestrafung der Münchner IGM für ihren Verrat an den Nicht-Mitgliedern (Unser Artikel von Dienstag, 29.5.2012,
Fehler Nr. 2 des BR in Mch M: Nichtmitglieder diskriminiert). Damals hat ein Kollege gesagt, was sehr viele gedacht haben: „Wenn ihr noch mal zu einer Demo aufruft, dann nur noch gegen Vorkasse“. Das politische Kalkül hinter der Bevorzugung der IGM-Mitglieder ist nicht aufgegangen. Auch viele der Mitglieder haben es ihren Funktionären übel genommen, dass sie per Namenslisten in die beE gepresst worden sind. Da hat sie auch der Bonus nicht besänftigen können.
Jetzt müssen auch noch die KollegInnen aus Bruchsal unter der kurzsichtigen und ungerechten Politik der Münchner IGM leiden!
(INTR)
Mittwoch, 5.12.2012
NSN: Business Support Systems (BSS) wird verkauft
Es geht Schlag auf Schlag bei NSN. Wie die
Kollegen und NSN berichten, wird BSS und die ca. 1.200 Mitarbeiter (weltweit) an die Kanadische Firma
Redknee verkauft. In Deutschland sind ca. 350 KollegInnen, davon über 300 in Berlin davon betroffen.
Damit treibt Rajeev Suri, CEO of Nokia Siemens Networks die Reduktion der Firma auf reines Mobile Broad Band (LTE) konsequent voran. Welche von den derzeit nur noch 5 NSN Betrieben in Deutschland mit ca. 3.000 Mitarbeitern werden am Ende noch hier bleiben?
(IC)
Dienstag, 4.12.2012
Jetzt ist der Service dran: Die NSN-Demontage geht weiter
Die NCI-Homepage entwickelt sich so langsam zu einer Chronologie der Demontage einer Firma - an uns liegt’s aber nicht!
Die Schlagzeilen über die beabsichtigte Schließung der NSN-Fabrik in Bruchsal (und dies trotz Standortgarantie bis 2014!) sind noch immer druckwarm, da haut’s auch schon die nächste Negativ-Schlagzeile auf die SZ:
„NSN-Tochter vor dem Aus“!?
So langsam reagiert die Öffentlichkeit gar nicht mehr auf solche Neuigkeiten, zu sehr hat man sich schon daran gewöhnt, dass es tägliche Negativschlagzeilen von Siemens und/oder seiner Tochter NSN gibt.
So ähnlich wie „Klitschko gewinnt Boxkampf“ oder früher mal „Schumi gewinnt Rennen“ – klar, wie sollte es auch anders sein?
Und jetzt eben „Bei NSN sind gut 1000 weitere Job bedroht“ – klar, wen überrascht das noch?
Schön ist’s für die Betroffenen aber trotzdem nicht, an die drohende Arbeitslosigkeit mag man sich spätestens dann nicht mehr gewöhnen, wenn’s einen mal persönlich selber trifft.
Und diesmal trifft’s die Service-Kollegen, die NSN vor 5 Jahren von der Deutschen Telekom eingekauft hatte.
Warum? Wegen eines versemmelten Preispokers. Die Telekom (nunmehr als Kunde, nicht mehr als Arbeitgeber dieser Kollegen) hat in Preisverhandlungen kräftig Druck gemacht, bis NSN schließlich passen musste: Zu diesen Preisvorstellungen geht nichts mehr, da würden wir kein Geld verdienen sondern Geld verbrennen. Die Folge: Nach Kündigung eines bestehenden Service-Vertrags (über die Wartung oberirdischer Telefonleitungen) zwischen NSN und Telekom zum Jahresende sind die Verhandlungen über einen Nachfolgeauftrag an der Preis-Frage gescheitert, und nun steht zu befürchten, dass deshalb NSN seine Service-Truppe zum Jahresende 2013 dicht machen muss.
Betroffen sind 1050 Mitarbeiter; während 200 davon als frühere Beamte der guten alten Bundespost in einer solchen Situation ihre Rückkehr zur Deutschen Telekom erzwingen können, sind die anderen 850 Service-Kollegen ganz konkret von Arbeitslosigkeit bedroht.
Da können die 1900 NSN-Mitarbeiter von NSN Optical Networks (davon 700 in Deutschland), die nun an Marlin Equity Partners verscherbelt werden, fast schon froh sein, schlimmer kann’s da auch kaum mehr kommen als bei NSN, frei nach dem Motto der
„Bremer Stadtmusikanten“: „Etwas Besseres als den Tod findest du überall“.
Dieses Märchen erscheint einem freilich zunehmend als Realsatire:
Es erzählt von Tieren, die ihren Besitzern infolge ihres Alters nicht mehr nützlich sind und daher getötet werden sollen - klingt bekannt?
Etwas pessimistisch kommentiert dazu Wikipedia allerdings:
„Es ist eines der Märchen in der Grimmschen Sammlung, das auf die sozialutopischen Wünsche der Unterschicht in der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts eingeht.“ Tja, hmmm – als Unterschicht hätten wir Üfü’s des 21. Jahrhunderts uns eigentlich noch nicht verstanden, hoffen wir mal, dass unsere Vorstellungen von sicheren Arbeitsplätzen sich nicht ebenfalls als „sozialutopisch“ herausstellen werden!
(bt)
Dienstag, 4.12.2012
NSN: Optical Networks (ON) wird verkauft
Die Mitarbeiter wurden darüber diesmal gleichzeitig mit der Presse informiert (
de.reuters.com). Der Käufer ist die US Investmentgesellschaft
Marlin Equity Partners. Nach dem für das erste Quartal 2013 geplanten Abschluss werden bis zu 1900 Mitarbeiter überwiegend in Deutschland, Portugal und China übernommen.
Viele haben es kommen sehen. Und haben wir uns nicht wie Aschenputtel bei NSN gefühlt? Nur noch Anhängsel und „old fashion fixed networks“ neben dem Star Mobile Broad Band? Viele KollegInnen glauben, dass es jetzt für ON nur noch besser gehen kann. Das wünschen wir ihnen vom ganzen Herzen! Aber haben wir das beim Übergang von Siemens COM zu NSN nicht auch geglaubt? Und wie ging es den KollegInnen von SEN nachdem sie von einem Finanzinvestor übernommen worden sind? Eine Abbauwelle nach der anderen überrollte sie.
An den Taten werden wir das neue/alte Management messen! Die Messlatte könnte z.B. die erfolgreiche (deutsche) Firma
ADVA Optical Networks werden.
(IC)
Montag, 3.12.2012
NSN Bruchsal: Siemens spielt den Unbeteiligten
Schon einige Tage vor der Nachricht über die Schließung des NSN-Werkes in Bruchsal, hat ein dortiger Kollege Herrn Löscher, CEO von Siemens, folgenden Hilferuf übermittelt:
Sehr geehrter Herr Löscher,
über den Stand des Tochterunternehmens Nokia Siemens Networks werden Sie sicher bestens informiert sein. Mit Freude habe ich verfolgt, wie Sie Kritik an Herrn Suri geübt haben und sich auch für den Verbleib des Standortes München stark gemacht haben. Aber wissen Sie auch um des ex EWSD Siemens Standortes Bruchsal, jetzt auch NSN und deren überragende Bedeutung für Siemens in der Vergangenheit wo wir noch zu Siemens Com gehörten? Ich bin ein einfacher Arbeiter des Standorts Bruchsal, der noch die Hochzeiten des EWSD in Bruchsal miterlebte! Und leider auch das unwürdige Abstoßen des COM Bereichs. Wenn Sie mal kurz die Historie und Bedeutung des EWSD Standortes Bruchsal überfliegen und wie wichtig Bruchsal für Siemens war hinsichtlich EWSD Leitbetrieb weltweit und wie Bruchsal andere schlecht laufende Siemens Bereiche mit den großen Gewinnen, die Bruchsal mit EWSD gemacht hat aufgefangen hat, müssen Sie doch die Exklusivität von Siemens/NSN Bruchsal erkennen und die tolle Arbeit der Mitarbeiter schätzen. In Bruchsal waren es einst ca. 7.000 Mitarbeiter jetzt gehen wir wohl mit ca. 600 dem Ende entgegen, dank eines Management alla Suri. Bruchsal hat immer noch viel zu bieten, Bruchsal wird auch jetzt noch von NSN gebraucht, wenn es darum geht die Fehler von Lohnfertigern auszubügeln, aber wir verhungern, weil wir keine Produkte mehr vom NSN Management erhalten! NSN lässt uns ausbluten, mit einer Auslastung seit Monaten von gerade mal 40%. Versprochene Produkte werden nicht übergeben, vorhandene Produkte werden verlagert oder nicht mehr abgerufen. Ich frage Sie als Siemens Chef, hat auch Siemens hier nicht immer noch eine firmengeschichtliche und moralische Verantwortung für Bruchsal? Siemens Karlsruhe wollte uns mit Arbeit entlasten, hat uns Arbeit angeboten, laut NSN Management dürfen wir das aber nicht annehmen! Es waren Werksleiter wie Wolfdietrich Strube, Michael Fahlbusch, Dr. Bernd Köhler unter denen Siemens Bruchsal erblühte. Hunderte von Ländern wurden von uns mit Telekommunikation beliefert, DSL haben wir eingeführt usw usw.
Ich bitte Sie, die ganze Belegschaft bittet Sie, machen Sie sich auch stark für Bruchsal, erkennen Sie, wer Bruchsal war, wer Bruchsal ist und wer Bruchsal wieder sein könnte. Auch wenn es nur noch durch Hilfe und Unterstützung der guten Mutter Siemens gelingt Bruchsal wieder zu stärken und als wichtigen Standort von NSN in Bruchsal zu re-etablieren.
Herzliche hochachtungsvolle Grüße aus Bruchsal...
Als Antwort bekam er folgendes:
Vielen Dank für Ihre E-Mail.
Unser Büro der Leitung hat mir mitgeteilt, dass alle Entscheidungen den Standort Bruchsal betreffend, Entscheidungen des Managements der NSN sind.
Darauf hat die Siemens AG jedoch keinen Einfluß.
Mit freundlichen Grüssen...
Eine zumindest moralische Verantwortung für die langjährigen verdienten ex-Siemensianer bei NSN in Bruchsal sieht man bei Siemens (dem NSN ja noch immer zu etwa der Hälfte gehört) anscheinend nicht. Hilfe von Siemens ist (zumindest freiwillig) nicht zu erwarten. Oder hat hier nur ein inkompetenter Büromitarbeiter seine persönliche Sicht „verkündet“ ?! Die Mitarbeiter in Bruchsal (und in anderen Betrieben von NSN) sollten und dürfen sich mit dieser Art von Verantwortungslosigkeit nicht abfinden. Der CFO Joe Kaeser hat anlässlich der beabsichtigten Schließungspläne von NSN in München (SZ, Samstag, 10.3.2012,
Kaeser gegen komplette Schließung von NSN in München und
unser Artikel vom Samstag, 10.3.2012) das NSN-Management deutlich kritisiert. Die Bruchsaler Mitarbeiter haben ein Machtwort von Siemens und Joe Kaeser zur ihrer Unterstützung mehr als verdient!
(Redaktion)
Samstag, 1.12.2012
Kündigung wegen Kollegen-Bashing
Vorsicht vor Cyber-Mobbing und Ablästern über Kollegen in sozialen Netzwerken (was ja auch nicht die feine englische Art ist):
Da deren Wirkbreite deutlich höher ist als z.B. „nur“ verbale Ausfälle, werden diese vor Gericht auch schwerer gewertet.
So wurde z.B. ein Mitarbeiter, der seine Kollegen im Facebook als „Speckrollen“ und „Klugscheißer“ betitelte, deswegen fristlos gekündigt; das Arbeitsgericht erklärte zwar die fristlose Kündigung für unwirksam, da der Mitarbeiter im Affekt gehandelt habe und daher erst hätte abgemahnt werden müssen, aber das Gericht wies noch einmal explizit darauf hin, dass ein Facebook-Eintrag schwerer wiege als eine mündliche Äußerung unter Kollegen.
(bt)
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