NCI
NCI Aktuell Archiv Juli 2008
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Mittwoch, 30.7.2008
Korruptionsskandal: Ex-Siemens-Manager sehen keine Schäden
Tja, jetzt ist es also raus: Erwartungsgemäß (der Aufsichtsrat verklagt natürlich lieber seinen früheren Vorstand, als sich Pflichtverletzungen gegenüber seinen Aktionären vorwerfen und sich selbst schadensersatzpflichtig machen zu lassen.) hat der Siemens-Aufsichtsrat beschlossen, Schadensersatz von seinem ehemaligen Zentralvorstand zu verlangen; Heinrich von Pierer, interessanterweise auch sein Nachfolger Klaus Kleinfeld, und weitere neun ex-Vorstände sollen mit Millionenbeträgen aus ihrem Privatvermögen für den auf rund eine Milliarde bezifferten Schaden haften, weil sie durch eine Verletzung ihrer "Organisations- und Aufsichtspflichten" diese "kriminellen Machenschaften ermöglicht" und "rechtswidrig gehandelt oder solches Handeln zumindest geduldet oder gefördert" hätten. Zum Vorwurf, man habe sich nur in der Theorie um die Einhaltung der internationalen Regeln und geltenden Gesetze bemüht, in der Praxis jedoch bei Hinweisen auf Verstöße bewusst weggeschaut, fällt einem unwillkürlich von Pierers Buch über „Profit und Moral" ein...
Das kann nun recht teuer für die ex-Vorstände werden; auf Feldmayer z.B. soll wegen der AUB-Affäre eine Forderung in Höhe von 20 Milliönchen zurollen, und es steht zu erwarten, dass in so einem Fall eine Haftpflichtversicherung wegen "Vorsatz" nicht einspringt.
Und was meinen nun die Beschuldigten zu diesem Angriff auf ihren Geldbeutel?
Schon leicht widersprüchlich: Einerseits bestreiten sie, je etwas mit Korruption zu tun gehabt zu haben, andererseits behaupten nun die ehemaligen Siemens-Lenker, dass sie damit ja gar keinen Schaden für die Firma angerichtet hätten, weil diese dadurch doch Mehreinnahmen gehabt hätte…
Richter Noll brachte es im Siekaczek-Prozess auf den Punkt, als er von "organisierter Unverantwortlichkeit" und einem "System augenzwinkernder Zustimmung" sprach.
Die SZ schrieb dazu: "Ohne Siekaczek würden der ehemalige Vorstandschef Heinrich von Pierer und seine Vertrauten noch immer von einigen wenigen Irregeführten sprechen können, die der stolzen Siemens-Familie bedauerlicherweise Schaden zugefügt hätten ... doch die Herren geben immer nur zu, was sich so gar nicht mehr abstreiten lässt."
Diese Erfahrung ist in der Tat nicht ganz neu, und das war nicht nur bei Rechtsverstößen (wie aktuell beim Korruptionsskandal, oder 2003 bei den rechtswidrigen Massenentlassungen in der Hofmannstraße) zu beobachten, sondern z.B. auch bei Stellenabbau oder Ausgliederungen. Es geht schlicht um die Frage der Unternehmenskultur, der eingefahrenen typischen Verhaltensmuster in einem Unternehmen, z.B. wenn es um Offenheit und Ehrlichkeit (gerade auch der eigenen Belegschaft gegenüber) geht.
Hat sich, was das betrifft, Wesentliches bei Siemens geändert, unter dem „Neuen" Löscher?
Klar, was Korruption betrifft, hat Siemens dazugelernt, Kunststück in einer solchen Situation; aber auch was das Thema „immer nur zugeben, was sich so gar nicht mehr abstreiten lässt" betrifft? Bei den jüngsten Stellenabbauplänen jedenfalls sprach Löscher zunächst nur verharmlosend-beschönigend von einem "Abbau der Lehmschicht", bevor wenige Tage danach die Wahrheit, dass natürlich auch diesmal wieder primär "Fußvolk" abgebaut werden soll, ans Tageslicht kam.
Löscher wird von Anfang an klar gewesen sein, dass das in Kürze herauskommt, aber anscheinend konnte auch er trotzdem der Versuchung einfach nicht widerstehen, die volle unangenehme Wahrheit so lange wie's eben nur geht zurückzuhalten; zu eingefahren sind eben diese Verhaltensschemata, so sinnlos sie auch sein mögen: Es kommt ja doch heraus, nur ein paar Tage später halt, aber das Vertrauen ist dann hinüber.
Beim Schreiben dieses Artikels formulierte ich anfangs noch "spannend wird's auch werden, wenn eines Tages doch noch ein Käufer für SEN (Siemens Enterprise Networks) gefunden wurde: Von wem wird es die betroffene Belegschaft wohl zuerst erfahren, vom eigenen Chef oder doch eher (wie bisher üblich) aus der Presse, also eben "dann wenn es sich so gar nicht mehr abstreiten lässt"?" Und schon ist's passiert, noch bevor der Artikel fertig war: SEN wurde zu 51% an den US-Finanzinvestor "The Gores Group" verscherbelt, und der Deal kostet Siemens rund eine Milliarde (anstatt Geld zu bringen); anscheinend kosten alle Siemens-Abenteuer in letzter Zeit immer diesen schönen runden Betrag: Die Korruptionsaffäre, BenQ (da kommen beunruhigende Erinnerungen auf) und nun eben auch SEN. Und woher erfährt es die Belegschaft: Klar, mal wieder aus der Presse zuerst...
Wir dürfen gespannt sein, wann und wie wir ggf. eines Tages von einer eventuellen Veränderung der Eigentumsverhältnisse bei Nokia Siemens Networks erfahren; vom eigenen Management, oder doch wieder zuerst aus der Presse?
Bei der Aufarbeitung des Siemens-Skandals reicht es eben nicht, sich nur auf nachgewiesene Rechtsverstöße zu beschränken, es geht hier schlicht um die Führungskultur.
(cnn)
Mittwoch, 30.7.2008
Blick zur NSN-Konkurrenz: Führungswechsel bei Alcatel-Lucent
Nachdem Alcatel-Lucent-Chefin Patricia Russo so lange um ihren Job gekämpft (und stattdessen lieber ihre Mitarbeiter abgebaut) hat, muss sie nun doch auch selber ihren Hut nehmen.
Ihren Rücktritt werten Analysten auch als Eingeständnis dass die Fusion von Alcatel und Lucent ein Fehlschlag war.
(bt)
Mittwoch, 30.7.2008
Umstellung der AT-Verträge bei NSN
Rund 3/4 der betroffenen ÜT-Mitarbeiter bei NSN in Deutschland haben das Angebot der neuen BRM-basierten AT-Verträge angenommen.
Eventuelle Nachzügler, die jetzt noch den Vertrag unterschreiben wollen, müssen jeder für sich bei der PA nachfragen, ob das in ihrem Fall noch möglich ist.
(cu)
Freitag, 25.7.2008
Siemens geht wegen der verlorenen BenQ-Prozesse vors Bundesarbeitsgericht
Was zu erwarten war: Nachdem Siemens zwar nicht in allen, aber in den meisten Fällen wegen des nachträglichen Widerspruchs gegen den Betriebsübergang zu BenQ vor den Arbeitsgerichten und auch in zweiter Instanz (den Landesarbeitsgerichten) verloren hat, hat Siemens nun bei der dritten und höchsten Instanz, beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt Revision gegen die Urteile eingelegt und muss sie bis Mitte September 2008 begründen.
Vom BAG-Urteil wird eine sehr wichtige Signalwirkung auf potentielle Nachahmungstäter ausgehen, die glauben durch solche Ausgliederungen billig ihr Personal entsorgen zu können.
(cnn)
Freitag, 25.7.2008
Siemens und IGM/GBR einigen sich wie befürchtet.
Kaum hat man sich zusammengesetzt, schon wurde eine Einigung aus dem Hut gezaubert und weitere Proteste der Mitarbeiter abgesagt: Tragfähige Gesprächsgrundlage zum Konzernumbau .
Wie schon hier berichtet (Siemens: Gibt die IGM die Arbeitsplätze auf? ), haben die Betriebsräte und die Mitarbeiter jetzt nur noch die Chance, einen guten Sozialplan auszuhandeln. Der IG Metall-Bezirksleiter für Bayern Werner Neugebauer verspricht "...mit Blick auf die Kernpunkte, in 20 Jahren seiner Amtszeit habe es so eine knallharte Regelung bei Siemens noch nie gegeben." (www.dialog.igmetall.de)
Als Messlatte für diese Aussage könnten die Mitarbeiter z.B. den schon erwähnten SBS-Sozialplan von 2004 nehmen. Dieser Sozialplan wurde vom Vorsitzenden der Einigungsstelle verordnet. Neben den üblichen Abfindungen und dem Vorläufer der beE (New Placement), wurde an der ersten Stelle die Versetzungen und Qualifizierung der Betroffenen innerhalb der SBS festgeschrieben:
„...Das Unternehmen verpflichtet sich, vor einer betriebsbedingten Kündigung Mitarbeitern, deren Aufgabe/Funktion entfällt, freie Arbeitsplätze anzubieten, die den bisherigen Arbeitsplätzen hinsichtlich der Arbeitsaufgabe und der Bezahlung mindestens gleichwertig für die Betroffenen sind.
Falls der Mitarbeiter nicht die erforderliche Qualifikation für einen vorhandenen freien Arbeitsplatz hat, werden ihm entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen angeboten, wenn eine erfolgreiche Qualifizierung erwartet werden kann...“
(Zur Erinnerung: Siemens hat ca. 3.000 offene Stellen!)
An zweiter Stelle wurde in der Einigungsstelle eine Arbeitszeitverkürzung verordnet:
„...Der Arbeitgeber ist verpflichtet in den im Interessenausgleich benannten Organisationseinheiten, abteilungsbezogen Verträge mit reduzierter Arbeitszeit anzubieten, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen (§8 Abs. 4 TzBfG). Der Mitarbeiter erhält bei unbefristeter Reduzierung der Wochen-Arbeitszeit eine anteilige Abfindung entsprechend dem Verhältnis der Reduktion zu seiner bisherigen Wochenarbeitszeit...“
Die Altersteilzeit war schon 2004 selbstverständlich (und deutlich attraktiver als sie diesmal sein dürfte).
Anders als 2004 hat jetzt die Gewerkschaft das Recht für einen Sozialplan den Streik auszurufen. Aber vermutlich müssten die Mitglieder die Funktionäre wie den Hund zum Jagen tragen...
(IC)
Donnerstag, 24.7.2008
Headhunter Email
was finde ich denn heute morgen in meiner Firmen E-Mail?
Dear Viola Frustig,
I am a headhunter from HLH consulting in China. We have been focusing on telecom area for many years. I'd like to set up working relationship with you.
Please reply by your private email address together with your resume, so that I can provide you with the detailed job description.
Sincerely yours,
xx
Das ist ja ungeheuerlich! Habe ich doch in den letzten Jahren fünf beE Angebote bekommen, zwei Aufhebungsverträge und ich weiß nicht mehr wie oft die Mitteilung: "Ihr Arbeitsplatz ist entfallen". Meine ATP Bewertung ist "needs improvement", damit hat mir der Arbeitgeber testiert, dass ich ein Volltrottel bin. Hat aber bisher alles nichts geholfen, ich habe kein noch so verlockendes beE/Abfindungs/Aufhebungsangebot angenommen. Ich sitze immer noch auf meinem Arbeitsplatz, den es zwar seit Jahren nicht mehr geben soll, aber zu tun habe ich immer noch eine ganze Menge.
Aber diese Mail heute morgen schlägt ja eigentlich dem Fass den Boden aus. Wird jetzt meine Mailadresse an Headhunter weitergegeben, um mich auf diese Weise los zu werden? Die Idee ist ja prinzipiell gut: Früher nannte man das "weg loben". Also man schmiere mir Honig ums Maul, "I'd like to set up working relationship with you."
Oder soll ich das ganze vielleicht positiv sehen? Hat die Konkurrenz mitbekommen, dass in Deutschland gute Leute ihren Job verlieren? Will die Konkurrenz jetzt gezielt Know How von dieser Firma haben. Auch diese Idee ist prinzipiell gut. Entweder hat jetzt unsere Firma gezielt Adressen an Headhunter verkauft oder sucht sich vielleicht die Konkurrenz willkürlich Leute aus? Namenslisten und Geburtstagslisten gibt es ja überall. Da ist doch leicht was zu bekommen. Und unsere Mailadressen sind aus Namenslisten leicht zu generieren.
Ob ich "Sincerely yours" mal anmaile? Nein, lieber nicht, der will ja gleich meine private E-Mail. - Die bekommt er nicht.
(Viola Frustig)
Donnerstag, 24.7.2008
Neue AT-Verträge bei NSN: Keine neuen Verhandlungsergebnisse mehr zu erwarten
Es wird vor der einseitig vom Arbeitgeber gesetzten Unterzeichnungsfrist 28.7.2008 keine neuen GBR-Verhandlungsergebnisse zum angebotenen neuen AT-Vertrag mehr geben: Der NSN-Gesamtbetriebsrat tagt erst im September wieder, und es ist davon auszugehen, dass selbst dann nur noch eine UF-Mindestabsicherung von 5,25 ausgehandelt wird, aber keine Formel, die einen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen Unternehmensfaktor und Business Result Multiplier herstellt.
A propos "Mindestabsicherung": Wie schon zu so vielen anderen Fragen rund um den neuen AT-Vertrag, gab es auch dazu wieder Verwirrspiele. In einer NSN-Betriebsversammlung behauptete ein IGM-Vertreter, der GBR habe diese bereits ausgehandelt (dabei will der GBR darüber erst im September beschließen); gleichzeitig war zu hören, der Arbeitgeber wolle der Mindestabsicherung zwar zustimmen, aber nur "wenn genügend Leute unterschrieben haben".
Also noch ein Punkt mehr, zu dem sich der Arbeitgeber alle Optionen offen hält: Erst sollen mal die Leute unterschreiben, möglichst viele, und DANN erst bestimmt er, der Arbeitgeber, die Konditionen zu Unterschrift bzw. Unterschrifts-Verweigerung.
Diese Mindestabsicherung dürfte aber nicht wirklich entscheidungsrelevant sein: Auch sie kann nicht verhindern, dass ein AT mit neuem BRM-basierten AT-Vertrag z.B. dreimal so viel Jahreszahlung bekommt wie ein AT mit altem UF-basierten AT-Vertrag (dagegen müsste dieser dann ggf. selber individualrechtlich vorgehen).
Und die meisten Kollegen stoßen sich auch viel mehr an dem Passus im neuen Vertrag, der es dem Arbeitgeber erleichtert einen AT nach Aufgabenwechsel wieder in den Tarif abzustufen. Insbesondere die zahlreichen Tarifsurfer dürften diesem neuen Vertragsangebot wenig Liebe entgegenbringen.
Tja, und was wird nun von Ihnen erwartet? Ganz einfach, dass Sie schnell entscheiden und gefälligst unterschreiben (oder auch nicht ... ), noch immer nicht in allen Details wissend, welche Folgen das für Sie haben wird. So kann man natürlich auch mit seinen Mitarbeitern umgehen.
(bt)
Dienstag, 22.7.2008
Fristsetzung für neue AT-Verträge bei NSN war so nicht mit dem NSN-GBR abgestimmt
Widersprüchliche Aussagen gab es bisher dazu, was nach dem 28.7. geschehen wird, evtl. abhängig von den Unterzeichnerquoten bis dahin: Kann man auch danach noch den neuen AT-Vertrag unterschreiben, oder nicht, oder doch aber dann ohne 26%-Umwandlung?
Jedenfalls behauptete die Personalabteilung in einer neueren EMail dazu:
"Danach ist Nokia Siemens Networks nicht mehr an das Angebot gebunden. Die Fristbestimmung … ist mit den Vertretern des Gesamtbetriebsrates abgestimmt worden." Und das obwohl die GBR-Verhandlungen zu den genauen Konditionen einer Annahme und insbes. einer Ablehnung des Vertragsangebots bis 28.7. voraussichtlich noch gar nicht abgeschlossen sein werden? „Kaum mehr nachvollziehbar" schrieben wir in unserem Artikel vom 18.7.08, und baten um Klärung.
Dazu wurde nun klargestellt, dass anders als in der Personalabteilungs-EMail dargestellt mit dem GBR keine Frist für die Annahme dieser neuen ÜT- Vertragsbedingungen abgestimmt wurde! Eine vierwöchige Entscheidungsfrist wurde nur zur Umwandlung der Jahreszahlung besprochen, nicht aber für ein Vertragsangebot, das nun plötzlich die JZ-Umwandlung untrennbar mit einer Annahme geänderter ÜT-Vertragsbedingungen verknüpft. Gerade diese neuen ÜT-Vertragsbedingungen (z.B. über eine drohende Abstufung nach Aufgabenwechsel) sind es jedoch, die den meisten Kollegen die Entscheidung so schwer machen.
Also nochmal: Die Fristsetzung zum 28.7. für dieses Vertragsangebot war und ist so nicht mit dem GBR abgestimmt!
(bt)
Montag, 21.7.2008
Siemens: Gibt die IGM die Arbeitsplätze auf?
Pünktlich zu Beginn der Verhandlungen zwischen der IGM/GBR und der Siemens AG erscheint ein vielsagender Artikel im Siemens-Dialog:
Darin steht kein Wort mehr vom Erhalt der Arbeitsplätze. Stattdessen ist die Rede von "notwendigen Anpassungsmaßnahmen", "Freiwilligkeit" und "Eine nachfolgende zweite Personalabbauwelle muss ausgeschlossen werden!". Sind das die Maximalforderungen mit denen die IGM in die Verhandlungen geht?! Was sollen sich die Mitarbeiter bei dem dann folgenden Aufruf denken: „..."Engagiertes Zuschauen" reicht nicht aus, wenn die Arbeitnehmer den Plänen des Managements gemeinsam etwas entgegen setzen wollen - Mitmachen ist gefragt!“ Wobei denn mitmachen? Bei den „notwendigen Anpassungsmaßnahmen“ oder bei der „Freiwilligkeit“?
Sieht so ein entschlossen geführter Arbeitskampf aus? Waren die einberufenen Demonstrationen nur eine Pflichtveranstaltung? War es nur ein Zeichen an Löscher: schau’ mal, wir haben unsere Mitglieder im Griff, wir sind wichtig für dich?
Hat die IGM die Schlacht um die Arbeitsplätze schon verloren gegeben? Der Artikel auf Siemens-Dialog deutet darauf hin: Vorwärts Kameraden, wir müssen zurück.
Sollte es so kommen, so bleibt den Mitarbeitern noch eine letzte Chance. Der Interessenausgleich (über das Wann, Wie and Wo des Abbaues) wird zwar vom GBR verhandelt. Aber der Sozialplan, welcher die materiellen und immateriellen Folgen des Abbaus regelt, muss vom jeweiligen lokalen Betriebsrat ausgehandelt werden. Hier haben die Mitarbeiter größeren Einfluss darauf, wie ihre Interessen wahrgenommen werden. Der Sozialplan ist übrigens vor der Einigungsstelle vom Betriebsrat erzwingbar. Der Betriebsrat braucht auch keine Angst vor der Einigungsstelle zu haben. Z.B. war der Sozialplan von 2004, welchen die Einigungsstelle am Münchner Arbeitsgericht zur Reorganisation bei SBS erlassen hat, deutlich besser als der von 2007 vom GBR verhandelte Sozialplan für NSN! Der Betriebsrat hat selbstverständlich auch das Recht sich bei den Verhandlungen eines guten Anwalts seines Vertrauens zu bedienen.
Man kann viel erreichen, wenn man es will...
(IC)
Montag, 21.7.2008
Success4U Tool und das kleine Einmaleins – eine wunderbare Freundschaft oder ein Fall für PISA
Zur Zeit bekommen alle, die bereits für das 1. Halbjahr 2008 im Rahmen des Achieving Together Process (ATP) hoffentlich SMARTe Ziele vereinbart hatten, im Rahmen der Zielerreichungsanalyse (Objective Achievement Review) von ihren Führungskräften die Anerkennung für die Erreichung individueller Ziele und für ihre Beiträge zum Erfolg ihrer Teams und der Firma.
Entsprechend des Prozess-Flussdiagramms soll dabei jeder ein sogenanntes Self Assessment durchführen. Begierig auf die Anerkennung kämpft man sich durch die einschlägigen Beschreibungen und Userguides. Wie üblich gibt es dazu stapelweise Powerpointslides – freundlicherweise sogar auf Deutsch (im NSN-Intranet).
So gut gerüstet öffnet man dann im Success4U Tool das einschlägige Objective Achievement Review – 1H08 Formular. Das ist zwar etwas unübersichtlich, aber mit den Userguides findet man schon die richtigen Buttons und trägt nach bestem Wissen und Gewissen die Achievements Punkte entsprechend den Scores und den Measurement Ranges ein. In Kenntnis des jeweiligen Chefs, der Firma und des zu erwartenden Basarhandels spielt der eine oder andere vielleicht auch mit dem Gedanken sich als Verhandlungsmasse ein paar Punkte mehr zu gönnen, falls die Ziele doch nicht ganz so SMART definiert waren. Ein Schuft der Böses denkt.
Sollte dann bei den Calculated Scores der Einzelziele oder dem daraus abgeleiteten Calculated Overall Score (ganz oben oder ganz unten im Formular) unerwartete Ergebnisse zu sehen sein, kann das daran liegen, dass man den Zusammenhang zwischen den Scores und den Measurement Ranges doch nicht durchschaut hat. Hier empfiehlt es sich, mit den Achievementwerten etwas herumzutesten.
Wahrscheinlicher ist allerdings, dass sich das Tool verrechnet hat. Wie man hört, gibt es eine "geringe Zahl von Einzelfällen", wo die Berechnungen des Tools falsch sind. Das läge selbstverständlich nicht am Tool, das natürlich richtig rechnet, sondern daran, dass man bzw. der damalige Chef irgendwelche Werte nicht entsprechend den Vorschriften der Userguides eingetragen hatte. Obwohl es ja immer heißt, an den Einträgen könne nachträglich nichts geändert werden – schließlich hat man das ja einmal unterschrieben – kann der Chef dann das ändern. Dann stimmt die Rechnung auch wieder.
Das Success4U Tool ist vom freien Markt möglichst billig eingekauft worden, sodass die Eingabe von nicht zulässigen Werten nur in Maßen – wenn überhaupt – von der Software zurückgewiesen wird.
Was lernen wir daraus (falls man nicht sowieso auf das Tool verzichtet)?
Nun könnte man sich als Mitarbeiter im Tarifkreis ja sagen, bei mir geht es nicht um's Geld, also was soll's – ein paar Prozent mehr oder weniger tun meiner Motivation keinen Abbruch. Dazu sollte man sich allerdings überlegen, dass in diesem Halbjahr noch die ersten Leistungsbeurteilungen nach ERA anstehen. Wie bereits in der letzten Betriebsversammlung in der Martin-Str. angekündigt wurde, solle sich natürlich der ATP Prozess auch in irgendeiner Form in der tariflichen Leistungsbeurteilung niederschlagen. Es ist also anzunehmen, dass diese Scores sich dann auch irgendwie in den Leistungspunkten abbilden werden.
(HP)
Freitag, 18.7.2008
NSN: Neuer AT-Vertrag, was tun?
Es gibt auch nach der neuesten Frage-Runde der Personalabteilung noch immer mehr Unbekannte in der Rechnung als bekannte Parameter; nicht eben unwichtig etwa die Frage: Im Grundsatz gibt es 3 mögliche Entscheidungen:
Neuer Vertrag mit oder ohne 26%-Umwandlung, oder Beharren auf dem alten Vertrag.
Höher bezahlte, nicht tarifsurfende ÜT’s können von dem neuen AT-Vertrag profitieren, weil eine unsichere Jahreszahlung teilweise in ein sichereres Monatsgehalt umgewandelt wird.
Besonders interessant kann es auch für Kollegen sein, die infolge einer früheren Abstufung und resultierenden Paymix-Korrektur mehr als nur 26% der Jahreszahlung umgewandelt bekommen.
Eine Vertragsänderung kann auch dann empfehlenswert sein, wenn Sie vielleicht auch noch auf weitere Gehaltspflege hoffen (anstatt mit Abgruppierung zu rechnen).
Anders sieht die Rechnung für tarifsurfende Basis-AT’s aus (insbesondere für die, die nicht mehr damit rechnen mit individuellen Förderungen wieder dauerhaft aus dem Basis-AT aufzusteigen); besagte 26%-Umwandlung ist dann in der Regel eher nicht zu empfehlen, da diese dazu führen würde, dass Sie mehrere Jahre lang (bis Sie der Basis-AT wieder eingeholt hat) nicht mehr als Tarifsurfer von Tariferhöhungen profitieren; das wirkt gehaltlich auch noch einige Zeit nach, hat also Auswirkungen auch noch Jahre nachdem einen der Basis-AT wieder eingeholt hat (s.a. Modellrechnungen auf den BR-Intranetseiten Mch-P/M).
Was aber sollen diese Basis-AT’s dann tun: Den Vertrag unterzeichnen (dann aber ohne die 26%-Umwandlung, wozu jedoch selbst die PA nicht rät), oder gar nicht unterschreiben (und beim alten Unternehmensfaktor bleiben)?
AT’s, die ernsthaft mit Abgruppierung rechnen (wegen neuer Aufgaben in niedrigeren Jobgrades bzw. „freiwilligen“ Bewerbungen auf solche Jobs nachdem die bisherige Aufgabe entfällt; das erleichtert ja gerade der neue AT-Vertrag; bei NSN ist der AT-Status nicht mehr an die Person sondern an die jeweilige Aufgabe gebunden, d.h. dann ist man nur noch AT auf Zeit), und die andererseits bereit wären, ggf. gegen eine Ungleichbehandlung von Unternehmensfaktor und BRM und dadurch bedingte erhebliche Einbußen im Jahreseinkommen individualrechtlich zu klagen, werden den neuen AT-Vertrag wohl eher komplett ablehnen und beim bisherigen Unternehmensfaktor bleiben.
Falls es aber dem GBR nicht gelingen sollte, mehr als bestenfalls die Mindestabsicherung von 5,25 für den Unternehmensfaktor durchzusetzen, und Sie auch nicht bereit sind, ggf. gegen eine evtl. rechtswidrige Ungleichbehandlung (Unternehmensfaktor im Vergleich zum BRM) individualrechtlich vorzugehen, dürfte es der sicherere Weg sein, den neuen Vertrag zu unterzeichnen, dann jedoch (für Tarifsurfer) ohne die 26%-Umwandlung; ein Beharren auf dem bisherigen Unternehmensfaktor könnte gar zu hohe Gehaltseinbußen nach sich ziehen.
Andererseits: Wenn eine Vertragsunterzeichnung ohne 26%-Umwandlung auch nach dem 28.7.2008 noch möglich ist (wozu es allerdings unterschiedliche Aussagen gab, nach neuester PA-Lesart hängt das von der Unterschreiberquote bis 28.7. ab), können Kollegen, die ohnehin schon wissen dass sie diese 26%-Umwandlung nicht wollen, auch über den 28.7. hinaus abwarten, was der GBR zur Festlegung des Unternehmensfaktors noch aushandelt, bevor sie sich entscheiden, den neuen Vertrag ohne 26%-Umwandlung zu unterzeichnen, oder gar nicht.
Man hat den Eindruck, dass NSN zu einigen Punkten seine Mitarbeiter gezielt im Unklaren lässt, um sie so zur Vertragsunterzeichnung zu motivieren. Dazu gehört die Frage, ob und wie sich NSN an die gesetzliche Gleichbehandlung (von AT’s mit altem und neuem Vertrag) hält, oder ob man sich diese ggf. selber einklagen müsste (an die ATP/ACP-Protokollnotiz vom Dezember 2007 Kapitel V mit der Formel „BRM*15“ fühlt sich der Arbeitgeber offensichtlich nicht mehr gebunden), und auch die wieder neu eröffnete Frage ob es auch nach dem 28.7. noch Vertragsangebote geben wird (abhängig von der Unterzeichner-Quote).
Damit ist der Mitarbeiter in die Situation gebracht, seine Entscheidung für oder gegen eine Vertragsunterzeichnung nicht von Fakten, sondern von einer Wahrscheinlichkeitsrechnung abhängig zu machen (das Problem kann leider auch NCI nicht für Sie lösen).
Das verdeutlichte auch die Formulierung „Es darf keiner einen Vorteil durch Zuwarten haben“ (also dadurch, dass er mit seiner Unterschrift wartet bis der GBR die genauen Konditionen mit neuem und altem Vertrag vollständig ausgehandelt und geklärt hat, wozu natürlich auch die Frage gehört, ob und wie NSN die gesetzliche Gleichbehandlung von AT’s mit Unternehmensfaktor und AT’s mit BRM sicherstellen wird). Ärgerlich ist dabei, dass laut PA „die Fristbestimmung mit den Vertretern des Gesamtbetriebsrats abgestimmt worden ist“: Und das obwohl die GBR-Verhandlungen dazu bis 28.7. voraussichtlich noch gar nicht abgeschlossen sein werden?
Kaum mehr nachvollziehbar.
Einige Klarstellungen zu anderen Details gibt’s wenigstens in einer nachgeschobenen Rundmail der PA; deren Anlage sollten sich alle nicht nur ausdrucken, sondern auch von der PA unterschreiben lassen.
(bt)
Montag, 14.7.2008
Ausstempeln beim Arztbesuch?
Die Frage, ob ein Arztbesuch als bezahlte Fehlzeit gilt, oder dafür "ausgestempelt" werden muss, kann auch von erfahrenen Betriebsräten oft nicht eindeutig und klar beantwortet werden, zumal die Antwort von betrieblichen Arbeitszeitregelungen abhängt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass dies immer wieder Streitpunkt vor deutschen Gerichten ist.
Bei unserem bestehenden NSN-Gleitzeitmodell zählt ein Arztbesuch (anders als Krankheit) in der Regel nicht als Arbeitszeit, d.h. hierfür ist auszustempeln.
Im Detail:
Prinzipiell sind Arbeitnehmer verpflichtet, Arztbesuche wenn möglich außerhalb ihrer Arbeitszeit wahrzunehmen. Insbesondere bei planbaren Untersuchungen müssen Arbeitnehmer stets versuchen, ihren Arzttermin nicht während der Arbeitszeit zu legen. Dies ist insbesondere bei Allgemeinmedizinern dank sehr flexibler Öffnungszeiten heutzutage meist problemlos möglich.
Die Frage nach dem Ausstempeln stellt sich dann gar nicht erst.
Ausnahmen:
Bei akuten Erkrankungen, Spezialuntersuchungen bei Fachärzten mit eingeschränkten Öffnungszeiten oder Untersuchungen die nur zu bestimmten Zeiten (z.B. in nüchternem Zustand) möglich sind, und allgemein bei Terminen die vom Arzt strikt vorgegeben sind, ist auch ein Besuch innerhalb der Arbeitszeit möglich. Dies ist gewährleistet durch BGB §616.
Dann stellt sich aber immer noch die Frage, ob für diesen Arztbesuch ausgestempelt werden muss.
Das hängt nun von betrieblichen Arbeitszeit-Regelungen ab: Besteht im Betrieb eine variable Arbeitszeit ohne Kernarbeitszeit, wie z.B. bei NSN in Mch-H festgelegt (s. Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit / Gleitzeit am Standort Mch H“ v. 3.2.1999, und CP-Merkblatt „Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall…“ vom Juli 2005), so ist auch in diesem Falle der Arztbesuch keine anrechenbare Arbeitszeit, der Arbeitnehmer muss hier den vollen Spielraum der Gleitzeitregelung nutzen, d.h. ausstempeln und die versäumte Arbeitszeit vor- oder nacharbeiten.
Dazu gibt es ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm (Urteil vom 18.03.2004; Aktenzeichen: 11 Sa 247/03), das bei einem Betrieb selbst mit einer Kernzeit von 4,5 Stunden urteilte: Bei Gleitzeit keine Zeitgutschrift nach Arztbesuch!
Anders als vielleicht noch in Erinnerung, als wir noch eine Kernzeit hatten, gilt daher z.B. für die NSN-Betriebe Mch-H/M grundsätzlich, dass Arztbesuche außerhalb der Arbeitszeit stattfinden müssen, d.h. entweder vor/nach der Arbeit, oder im Rahmen der Gleitzeit beliebig (mit Ausstempeln).
Ausnahmen:
Ein Besuch des Betriebsarztes wird generell als bezahlte Fehlzeit behandelt, d.h. dafür ist auch bei Gleitzeit nicht auszustempeln.
Eine weitere Ausnahme sieht der Manteltarifvertrag §11.2 vor, demzufolge "bei allgemeinen Vorsorgeuntersuchungen der Sozialversicherungsträger zur Früherkennung von Krankheiten" die ausfallende Arbeitszeit bezahlt wird, sofern der Verdienstausfall nicht von anderer Seite ersetzt wird oder beansprucht werden kann.
Desgleichen ist natürlich nicht für Arztbesuche auszustempeln, die an Tagen gemeldeter Krankheit stattfinden (wobei spätestens ab dem vierten Krankheitstag eine ärztliche Krankschreibung erforderlich ist; dabei zählt übrigens das Wochenende mit, also z.B. krank ab Freitag -> Montag Krankschreibung).
Unwichtig? Ein sehr großer Prozentsatz ausgesprochener Abmahnungen bezieht sich immer wieder auf Arbeitszeit-/Gleitzeitverhalten!
(sh)
Montag, 14.7.2008
GE und Siemens: Gemeinsam in die falsche Richtung
Das kommt eben davon, wenn jeder nur darauf schaut und kopiert, was sein Rivale tut.
Siemens schielt schon lange auf GE, nun kopiert umgekehrt auch GE Siemens; ob zum Nutzen der Firmen oder gar ihrer Belegschaften, ist freilich eine andere Frage.
GE will seine gesamte Konsum- und Industriegütersparte ausgliedern und an die Börse bringen (ähnlich wie seinerzeit Siemens mit Infineon). GE folgt damit 2 Forderungen der Spekulanten gleichzeitig: Zum einen wird damit der Trend fortgesetzt, das Konsumgütergeschäft kampflos den Niedriglohnländer-Konkurrenten zu überlassen, zum anderen soll sich der "Tausendfüßler" auf einige wenige "Kernkompetenzen" konzentrieren.
Das Tausendfüßler-Prinzip war immer:
Die Firma hat viele Geschäfte gleichzeitig laufen, viele Produkte und Technologien und Märkte, und wenn mal ein Bein schwächelt, tragen die anderen 999 die Firma, bis sich das eine Bein auch wieder erholt hat. Und dann darf dafür auch mal wieder ein anderes Bein schwächeln.
Es ist nicht so recht einzusehen, warum die Logistikkosten eines solchen Unternehmens wesentlich größer sein sollen als die von vielen kleinen Unternehmen, solange das Management seinen Job gut macht - aber vielleicht ist ja gerade das der Grund, warum GE seine Kostenstruktur mit diesem Tausendfüßlerkonzept in letzter Zeit nicht mehr in den Griff bekam.
Tatsache ist, dass erst seit Amtsübernahme von GE-Chef Immelt im Jahre 2001 der Aktienkurs von GE um 30% gesunken ist – wenn nun deswegen der Tausendfüßler zerschlagen wird, so setzt der Operateur das Skalpell an einer völlig falschen Stelle an – die Probleme liegen ganz woanders.
Wozu das führt, wenn das falsche Bein amputiert wird – das ist ja wohl allgemein bekannt.
Eine Erholung von GE mit dieser Maßnahme wird jedenfalls, auch angesichts der Wirtschaftslage in den USA, allgemein nicht wirklich erwartet.
Welche Managementfehler stecken in Wahrheit hinter der GE-Krise?
Eigentlich ganz einfach: Immelt hat unrealistische Erträge versprochen, und dann völlig überraschend, ohne jede Vorwarnung, einen Gewinnrückgang gemeldet; und schon war sie da, die Glaubwürdigkeits-Krise.
Der legendäre ex-GE-Boss Jack Welch meinte dazu nur trocken: "Ich werde mir eine Flinte holen und Immelt erschießen, wenn er jetzt nicht hält was er verspricht." Eine typisch amerikanischer, zugegebenermaßen auch nachhaltiger, aber alleine schon wegen der unterschiedlichen Waffengesetze wohl doch nicht auf deutsche Verhältnisse übertragbarer Lösungsansatz.
Und dabei wäre die Lösung ganz einfach: Kleinere Brötchen backen, wenn der Teig ausgeht!
Wertpapierspekulanten fordern zwar regelmäßig hohe Gewinnprognosen, aber in Wahrheit wollen sie keine hohen Prognosen, sondern hohe Gewinne! Erstaunlich dass hochbezahlte Manager diesen entscheidenden Unterschied noch immer nicht begreifen wollen.
Wenn zum Beispiel ein Manager eine Umsatzrendite von 15% verspricht, dann aber nur 10% erzielt, ist der Anleger natürlich sauer. Zu recht. Wenn er hingegen 5% verspricht und dann aber 10% schafft, sind alle begeistert! Ebenfalls zu recht: Nach der 5%-Prognose konnte der Spekulant preiswert einkaufen, nach dem 10%-Ergebnis steigt der Aktienkurs und er kann mit satten Gewinnen wieder verkaufen, und ist glücklich.
Ankündigungen überzogenen Stellenabbaus hingegen führen heute nicht mehr, wie früher, automatisch zu steigenden Aktienkursen, genauso wenig wie die Zerschlagung von Tausendfüßlern in lauter lebensunfähige kleine Trümmer (die bei jedem kleinen Schnupfen gleich an Lungenentzündung sterben) und die kampflose Aufgabe des Konsumgüter-Geschäfts.
Siemens ging diesen Weg ja schon vorher: Früher einmal war Siemens eine Firma, die einem im Alltagsleben überall begegnete - Kühlschränke, Waschmaschinen, Telefonapparate, Handys, Staubsauger, Fernseher, PC’s, Ampelanlagen, Eisenbahnsignaltechnik, Züge, Bergbahn-Steueranlagen, Fabrikanlagen, Navigationssysteme, und so fort. Und dann verabschiedete sich Siemens Stück für Stück von all diesen Produkten des täglichen Lebens, zuletzt ja auch von seiner Handysparte - und mit NSN ging Siemens noch einen Schritt weiter, und veräußerte (zu 50%) sogar seine Netzwerksparte, also keine Konsumgüter- sondern eine Infrastruktur-Sparte.
Gleichzeitig auch noch die neueste Siemens-Schlagzeile: PC-Hersteller Fujitsu Siemens (FSC) droht das Ende. (Was nun auch die NSN-Entscheidung, künftig seine PC’s nicht mehr bei FSC zu kaufen, erklärt.) Siemens will angeblich den JointVenture-Vertrag mit Fujitsu bis Herbst kündigen, wegen zu schwacher Gewinnmargen und Marktanteilsverlusten des Gemeinschaftsunternehmens. Die beiden Partner müssen sich in so einem Fall erst gegenseitig ihre Anteile anbieten (wobei Fujitsu bisher kein Interesse signalisierte), bevor sie sie Dritt-Käufern anbieten können.
FSC war der letzte „Hochlohnland“-PC-Hersteller der Welt.
Es ist fast schon ein Schweinezyklus: Regelmäßig heißt es mal "wir sind zu klein, wir müssen fusionieren", dann wieder "wir sind zu groß und müssen uns auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren und alles andere abstoßen"; mal sind wir zu groß und mal zu klein, mal trennen und mal einkaufen, trennen und einkaufen, und witzigerweise (na ja, wirklich witzig ist es ja nicht) kann man dabei jedesmal "Synergien" heben, sowohl bei Einkäufen/Fusionen wie auch bei Trennungen oder Ausgliederungen verlieren Mitarbeiter ihre Jobs.
Die Mitarbeiter von Nokia Siemens Networks sollten sehr genau hinschauen, was nun mit ihren (ehemaligen) Siemens-Kollegen bei FSC geschieht; FSC ist in ganz ähnlicher Weise eine von Siemens verstoßene Siemens-Tochter, die zwar Gewinne aber nicht die von Halbmutter Siemens gewünschten unrealistisch hohen Renditen bringt; ein Blick in die eigene Zukunft auch für die NSN’ler?
Ob damit die "westlichen" Industrienationen wohl richtig liegen, sich nur noch auf Infrastruktur-Technologien zu konzentrieren und das Konsumgüter-Geschäft völlig den Niedriglohnländern zu überlassen? Das erzeugt ein Abhängigkeitsverhältnis, das uns noch einmal sehr leid tun könnte. Wäre nicht das erste mal, man erinnere sich nur an die Chip-Krise: Nachdem die Japaner mit Dumpingpreisen die westliche Konkurrenz geplättet hatten, haben sie die Preise für Chips hochgefahren, nur japanische Hersteller durften sie weiterhin billig einkaufen und konnten damit auch ihre Produkte preiswerter anbieten. Konsumgüter sind nun mal die Güter unseres täglichen Bedarfs – Kühlschränke, Waschmaschinen, Telefonapparate, Handys, Staubsauger, Fernseher, und so fort – und das alles soll also künftig nur noch aus Asien kommen? Bodenschätze haben wir bekanntlich auch keine – wovon sollen wir eigentlich künftig noch leben, all diese schönen Konsumgüter bezahlen? Nicht sehr vorausschauend!
(cnn)
Samstag, 12.7.2008
NSN: Betriebsvereinbarung zu Gefährdungsanalyse am Arbeitsplatz in Mch M abgeschlossen
Der Auslöser für diese Vereinbarung war die Flächenverdichtung in Mch M im Zuge des Zuzugs der Kollegen aus Mch P. Mit Hilfe von externen Sachverständigen wurde nach langen Verhandlungen (zum Schluss vor der Einigungsstelle) ein zukunftsweisendes Konzept für eine kontinuierliche Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz erarbeitet. Diese Vereinbarung behandelt zum ersten Mal nicht nur die physische (z.B. ungeeignete Stühle) sondern auch die psychische Gefährdung der Gesundheit (z.B. stressfördernde Arbeitsabläufe) und geht weit über die anfänglich diskutierten Fläche pro Arbeitsplatz hinaus.
Diese Betriebsvereinbarung ist als kontinuierlicher Prozess angelegt und läuft in 4 Phasen ab: Eine gute Zusammenfassung der Vereinbarung (und den Text mit Anhängen) findet man auf der Homepage des Betriebsrats in Mch M.
Diese Vereinbarung kann mit Fug und Recht als Benchmark betrachtet werden. Nicht nur für den Bereich der Gefährdungsbeurteilung, sondern als gutes Beispiel, was der Betriebsrat für die Mitarbeiter erreichen kann. Wer hätte sich nicht diese Qualität z.B. bei den Vereinbarungen des Gesamtbetriebsrats zu VZE/STI oder zu der Umstellung der Jahreszahlung gewünscht! Die vorliegende Vereinbarung zur Gefährdungsanalyse sollte sofort von allen lokalen Betriebsräten bei Nokia Siemens Networks übernommen werden.
Auch als Best Practice ist dieses Beispiel hervorragend geeignet. Es wäre für die anderen Betriebsräte hochinteressant und nützlich von den Kollegen aus Mch M über deren "Lessons Learned" Ergebnisse zu erfahren. Z.B. Strategie, Taktik, Verhandlungsführung etc.
Mit dieser Vereinbarung haben die KollegInnen ein hervorragendes Werkzeug in die Hand bekommen, mit dem sie zusammen mit dem Betriebsrat (und der Betriebsleitung) ihre persönliche Arbeitssituation entscheidend verbessern können.
Herzlichen Dank an die Projektgruppe des Betriebsrats, dabei vor allem an Dr. Christoph Braun, Horst Schön und Willibald Henkel, sowie an Rechtsanwalt Rüdiger Helm und dem externen Sachverständigen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.
(BRM)
Mittwoch, 9.7.2008
Stellenabbau bei Siemens: Schöne Worte für eine hässliche Sache
Es ist doch immer wieder erstaunlich, welche Kreativität unser Management entwickelt, wenn es darum geht, hässliche Dinge beschönigend und verharmlosend zu formulieren; dieselbe Kreativität würden wir uns für den Erhalt unserer Arbeitsplätze wünschen.
Aus einer Löscher-Mail an seine Schäfchen (denen es jetzt an die Wolle gehen soll) zur „Absenkung unserer Vertriebs- und allgemeinen Verwaltungskosten (SG&A-Kosten)“ (alleine das schon eine rhetorisch brillante Umschreibung des hässlichen Wortes „Stellenabbau“):
„...unsere Kosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau absenken. Nachholbedarf haben wir insbesondere bei Vertriebs- und allgemeinen Verwaltungskosten ...
Betroffen davon sind weltweit 12.600 Stellen: In Deutschland 3.500 Stellen, in Europa ohne Deutschland 3.650 Stellen und außerhalb Europas 5.450 Stellen. Hinzu kommen weltweit weitere 4.150 Stellen aufgrund von Restrukturierungsprojekten in den Sektoren Industry und Healthcare ...
Für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war dies mit Veränderungen innerhalb des Unternehmens oder auch mit einer Neuorientierung nach außerhalb verbunden.“
„Neuorientierung nach außerhalb“: Soll heißen, Du fliegst aus der Firma. Elegant formuliert!
Erinnert mich irgendwie an „Papa ante portas“ von Loriot („mein Chef und ich haben beschlossen, dass ich künftig den Schwerpunkt meiner Aktivitäten etwas mehr auf den häuslichen Bereich konzentrieren werde“…).
Auch das Zitat von der abzubauenden „Lehmschicht“ ist entlarvend: Wie wir von Anfang an prophezeit haben, sind damit keineswegs nur die Führungsetagen gemeint, sondern (wie obige Formulierung ja nun auch klarstellt) überwiegend Jobs in Verwaltung und Vertrieb, sowie Produktion und Entwicklung. Die Führungskräfte machen dabei weniger als ein Viertel aus; wenn man dabei noch die AT-Sachbearbeiter (den "mittleren Führungskreis", die aber keine Führungskräfte sondern außertariflich bezahlte Sachbearbeiter sind) abzieht, noch viel weniger, die Hauptlast trägt natürlich wie immer das Fußvolk. Die „white collar worker“: Zurück bleiben die Entlassenen und Enttäuschten aus der Mittelschicht, wie die SZ heute schreibt, die Arbeiter mit dem weißen Kragen. Leider nicht nur ein Siemens-Trend.
Mit dem Stellenabbau auch in der Entwicklung folgt Löscher errötend den Spuren seiner verstoßenen und in der Fremde zugrundegegangenen Handy-Tochter (BenQ): Auch dort hat man in schwierigen Zeiten nicht auf Innovationen, auf die Entwicklung neuer Technologien und attraktiver Produkte gesetzt, sondern sich in der Entwicklung zu-Tode-gespart, bis man einfach den Anschluss verpasst hatte und nicht mehr konkurrenzfähig war; für ein HighTech-Unternehmen natürlich eine Todesspirale. Ob das angesichts eigentlich doch voller Auftragsbücher und zahlreicher Überstunden wohl so schlau ist?
Dass gleichzeitig an Standorten wie Indien aufgebaut wird, ist da kaum ein Trost. Ebenso wenig die mehreren tausend in Deutschland ausgeschriebenen Siemens-Jobs (stellenweise sogar mit Auslobung von Kopfprämien verbunden): Wenn Löscher tatsächlich Kündigungen und Betriebsschließungen beschließen sollte, dürfte er über KSchG §1.2 stolpern, wie schon in unserem Artikel vom 30.6.08 beschrieben; die Kollegen in der Münchner Hofmannstraße haben es 2003 vorgemacht.
16.750 Stellen weg also, davon 5.250 in Deutschland (plus weitere 1.200 bei SIMS); auf Vertrieb und Verwaltung entfallen alleine schon 12.600 Jobs; das ganze ohne ein Wort des Bedauerns, dafür aber mit einem vagen Vortrag „wie eine Teflon-Pfanne: Es bleibt nichts hängen“, wie die SZ formuliert.
Konkretisiert: Mehr als die Hälfte der in Deutschland abzubauenden Jobs liegen in Bayern; Erlangen, wo jeder dritte Beschäftigte bei Siemens arbeitet, trifft es mit 1.350 Jobs besonders hart; 1.020 Jobs sind es in München, 560 in Nürnberg, und so fort; auch in Regensburg trifft es jeden Dritten.
„Sozialverträglicher“ Abbau (noch so ein Unwort)? Bei diesen Größenordnungen völlig ausgeschlossen. Konkret in München trifft es den Wittelsbacher Platz mit 20% des Personals (190 Jobs); in Perlach sollen 410 Jobs abgebaut werden, in der Richard-Strauß-Straße 210, in der schon seit Jahren gebeutelten Hofmannstraße 120, 70 in der St.Martinstraße, und in Allach sollen sich 20 „nach außerhalb neuorientieren“.
(bt)
Dienstag, 8.7.2008
SAG Stellenmarkt funktioniert nicht mehr.
Jetzt hat es offensichtlich der letzte gemerkt: der Zugang zum internen Stellenmarkt von Siemens funktioniert für NSN Mitarbeiter nicht mehr. Bei mir hat der Link ja schon länger nicht mehr funktioniert.
Verwunderlich ist nur: warum regen sich jetzt plötzlich alle auf? Wer will denn zur Zeit zurück zur Siemens AG? Peter Löscher hat doch erst vor wenigen Tagen angekündigt, dass mehr als 17.000 Stellen bei Siemens gestrichen werden sollen, über 5.000 davon in Deutschland. Am 07.07. wurden die Abbauzahlen "konkretisiert". Speziell in der Verwaltung will Siemens abbauen. Siemens hätte in Puncto Verwaltungskosten Nachholbedarf gegenüber der Konkurrenz, betont Löscher.
Also unter diesen Bedingungen brauchen wir den Siemens internen Stellenmarkt doch wirklich nicht mehr. Gegenseitigkeitsabkommen zur Dienstzeitanerkennung hin oder her.
(Viola Frustig)
Dienstag, 8.7.2008
aktualisiert am 11.7.2008
Siemens-interner Stellenmarkt von NSN aus nicht mehr zugreifbar
Der Arbeitgeber begründet dies mit technischen und gesellschaftsrechtlichen Problemen; der NSN-GBR wird darüber wohl noch Gespräche führen müssen. (-> "kollektiver Partner-Zugriff"?)
Lösung: Zugriff extern über w4.siemens.com/en/career/de/free_jobs.html; wer allerdings auch alle nur intern ausgeschriebenen Stellen sucht (und sich nicht zur Lehmschicht zählt, die Löscher gerade abbauen will…), muss wohl zum örtlichen Siemens-Betriebsrat gehen (in München-Hofmannstraße z.B. in Bau 1701), um sich dort an einem BR-PC die Siemens-internen Stellen anzuschauen.
(bt)
Sonntag, 6.7.2008
Globalisierung im Rückwärtsgang
Es ist ja mittlerweile schon nichts Neues mehr, dass, wenn sich deutsche Firmen im Ausland eine blutige Nase geholt haben, sie wieder nach Deutschland zurückkehren. Eine Studie des Fraunhofer Instituts System- und Innovationsforschung hat festgestellt, daß in einer Zweijahresperiode 6500 Firmen aus der Metall- und Elektroindustrie sowie des Kunststoff- und Chemiegewerbes Fabriken ganz oder teilweise ins Ausland verlagert haben.
Zwei Jahre später schlossen 1200 Firmen Ihre Betriebsteile im Ausland.
Durch die steigenden Transportkosten sehen sich jetzt die Firmen gezwungen, wieder in Deutschland zu fertigen, denn der Transport der Ware aus dem Ausland dauert nun mal etwas länger und um schneller zu werden, benötigt man mehr Energie für die Transportmittel.
Siehe z.B. Steiff: Eisbär Knut hat zu einer riesigen Produktionssteigerung des Bären gesorgt und jetzt holt Steiff die Fertigung wieder nach Deutschland.
Schauen wir mal, wie lange Nokia sein Werk in Rumänien noch behält??
Siehe hierzu im Artikel die beiden letzten Sätze: "Die Liberalisierung der Weltmärkte und technischer Fortschritt haben die Erde flach gemacht. Steigende Transportkosten machen sie wieder rund."
(bebe)
Sonntag, 6.7.2008
Comeback der Vier-Tage-Woche
Einige US-Behörden setzen wegen der hohen Benzinpreise auf die 4-Tage-Woche. Auch deutsche Unternehmen handeln.
In den neunziger Jahren führte VW die 4-Tage-Woche ein, damit man die Mitarbeiter nicht entlassen musste. Jetzt scheint es ein Comeback der 4-Tage-Woche zu geben, allerdings erstmal nur in den USA. Ob allerdings das Modell für Deutschland geeignet ist, wird sich zeigen. Die Voraussetzungen in den USA sind anders als in Deutschland. Mal sehen, was in Deutschland passiert.
Siehe hierzu den Artikel www.sueddeutsche.de
(bebe)
Sonntag, 6.7.2008
Umzug in die St. Martinstraße
Jetzt sind wir alle aus Perlach in der Martinstraße angekommen und versuchen uns hier einzuleben, was leider nicht so einfach ist:
Durch die Verdichtungsvorgaben hat jedeR MitarbeiterIn nur ca. 8 m2. Durch Schränke, Schreibtische und Geräte wird es daher schon sehr eng. Ich sitze momentan an der Seite zum Flur, die mit einer Glaswand abgeschlossen ist. In den Fluren sind die schrecklichen Doppelböden. Die Glaswand ist oben und unten durchsichtig, nur in der Mitte wurde Milchglas verwendet, ist aber trotzdem immer noch durchsichtig. Durch Poster, Kalender und Schränkchen kann man sich hier etwas behelfen. Gegen was man nichts machen kann, ist der Lärm, der vom Flur kommt. Jeden, der durchgeht, hört man, es ist ein Scheppern und Klappern, einfach schrecklich. Wir haben im Moment nur Glück, daß wir nur zu viert im Raum sitzen.
Sobald man die Fenster öffnet, kommt von draußen jede Menge Krach. Kollegen, die schon länger hier sind, sagen, das ist die Klimaanlage. Im Gebäude gibt es ein Testlabor und die benötigen natürlich die Klimaanlage. Die Anwohner haben sich auch schon über den Krach beschwert, denn die Klimaanlage läuft ja auch nachts.
Also Geräusche von außen und von innen.
Was wird das nur werden, wenn demnächst immer mehr Teleonkonferenzen gemacht werden müssen. Wenn ich jetzt schon telefoniere und der Kollege nebenan spricht, verstehe ich nicht mehr, was man mir am Telefon sagt.
Unser Büro ist an der Nordseite, dadurch haben wir das Glück, daß die Sonne kaum in unseren Raum scheint und er sich daher nicht so aufwärmt bei den momentanen Temperaturen. In den anderen Räumen ist es unglaublich warm und die KollegInnen beschweren sich. Am liebsten würden sie sich ab Mittag in den Keller verkriechen.
Es sind neue Gebäude, es ist ein offener Standort, aber irgendwie fühle ich mich hier nur unwohl.
Die Wände sind aus "Pappe", es gibt keine Lärmunterdrückung, wie in anderen Gebäuden und Räumlichkeiten. Ich frage mich, wie man da von einem neuen, modernen Standort sprechen kann.
Hier wird wieder mal die Gesundheit der Mitarbeiter aufs Spiel gesetzt.
(bebe)
Donnerstag, 3.7.2008
NSN: Neue AT-Verträge verteuern die Gewerkschafts-Mitgliedschaft
In einem aktuellen Flugblatt informiert die IG Metall u.a. über die neuen AT-Verträge bei NSN, bei denen 26% der bisherigen Jahreszahlung in ein entsprechend erhöhtes Monatsgehalt umgewandelt wird. Gleichzeitig wird für einen Eintritt in die Gewerkschaft geworben; im Kleingedruckten steht da leidvoll Bekanntes: "…Mitgliedsbeitrag von 1% des monatlichen Bruttoverdienstes…". Schluck!
Wohlgemerkt: Des monatlichen Bruttoverdienstes, also ohne Berücksichtigung der Jahreszahlung.
Wenn nun also das Monatsbrutto infolge dieser NSN-Vertragsumstellung um 26% der bisherigen Jahreszahlung erhöht wird, erhöht sich damit auch entsprechend der monatliche IGM-Mitgliedsbeitrag, obwohl Sie gar nicht mehr verdienen (das Jahreseinkommen insgesamt bleibt ja dabei konstant, weil gleichzeitig das Jahres-Incentive entsprechend verringert wird).
Zum Beispiel bei einer bisherigen Jahreszahlung von 23.000.- EUR erhöht sich Ihr IGM-Monatsbeitrag um 5.- EUR; bei abgruppierten Kollegen (neuhochdeutsch "demoted") liegt häufig infolge einer Paymix-Korrektur der Umwandlungs-Prozentsatz und damit natürlich auch die Beitragserhöhung noch deutlich höher.
Dass die Gewerkschaft damit mehr an Ihren Mitgliedsbeiträgen verdient, ist natürlich weder Absicht noch Schuld der Gewerkschaft; trotzdem könnte man sich bei der IGM ja mal darüber Gedanken machen. Eine Lösung wäre die ja schon seit langem vergeblich diskutierte "Deckelung" der Mitgliedsbeiträge auf einen Maximalbetrag; klar kann der, der mehr verdient, auch mehr zahlen, aber ab einer bestimmten Größenordnung spielt dann doch auch der absolute Betrag eine Rolle, den man monatlich der Gewerkschaft überweist (und sich dabei fragt, welchen Gegenwert man/frau für diesen Betrag bekommt).
Wenn die Gewerkschaft außertarifliche Mitarbeiter als mögliche künftige Mitglieder wahrnehmen und ihre Monatsbeiträge auf einen zumutbaren Maximalbetrag deckeln würde, würde es vielleicht auch mit der Werbung neuer Mitglieder und dem "Organisationsgrad" (insbes. in AT-intensiven Betrieben) etwas besser laufen. Und Jahreseinkommens-neutrale Umschichtungen wie besagte 26%-Umwandlung bei NSN würden dann auch nicht mehr automatisch zu einer eigentlich gar nicht gewollten Erhöhung der Mitgliedsbeiträge führen. Leider aber schon seit Jahren ein Tabu-Thema bei der IG Metall.
(bt)
Dienstag, 1.7.2008
Neue ÜT-Verträge bei NSN – was tun?
Der beste Rat den wir jetzt schon geben können, ist:
Nichts übereilen! Wir kriegen ja eine Entscheidungsfrist bis 28. Juli gesetzt, die sollten wir ruhig ausschöpfen, um die Entscheidung auf maximaler Informationsgrundlage treffen zu können.
Was geschieht, wenn man der Vertragsänderung zustimmt (mit oder ohne Umwandlung eines Teils der Jahreszahlung in ein Monatsgehalt) ist schon weitgehend klar, aber die finanziellen Folgen einer Vertragsänderungs-Ablehnung sind noch immer in Verhandlung mit dem Gesamtbetriebsrat, also derzeit eine Unbekannte in Ihrer Rechnung.
Es muss allerdings auch mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass es dazu bis zum Ablauf der Entscheidungsfrist im Juli noch kein Verhandlungsergebnis für uns geben wird.
Warum? Weil der Arbeitgeber will, dass möglichst viele den neuen Vertrag unterschreiben. Dass sie ihn unterschreiben obwohl sie wissen dass sie damit eventuell auf Geld verzichten werden - aus Angst davor, bei einer Vertragsänderungs-Ablehnung möglicherweise noch mehr zu verlieren. Ungewisse Folgen einer Vertragsänderungs-Ablehnung motivieren eben, die Vertragsänderung doch lieber zu akzeptieren. Ein Interesse daran, diese Konditionen noch rechtzeitig zu klären, hat daher weniger der Arbeitgeber als primär der GBR als unsere Interessenvertretung.
Neuen AT-Vertrag unterschreiben oder alten beibehalten – was kann mir jeweils passieren?
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitgeber den BRM (Business Result Multiplier) nicht etwa einführt um unsere Gehälter zu erhöhen sondern im Zweifelsfall doch eher um Personalkosten einzusparen ("Harmonisierung" nach unten), ist nicht gerade gering; wer also den neuen Vertrag unterschreibt, sollte sich auf künftige Gehaltseinbußen gefasst machen.
Das Dumme ist nur: Wer den neuen BRM-basierten Vertrag ablehnt, also beim bisherigen Unternehmensfaktor bleiben will, muss sich genauso oder noch mehr auf Gehaltseinbußen gefasst machen. Wie groß aber werden diese sein?
Wenn der Arbeitgeber letztlich wirklich freie Hand behalten sollte, den Unternehmensfaktor für Vertragsänderungsablehner völlig entkoppelt vom (zielerreichungsgradabhängigen) BRM beliebig runterzufahren, wäre es wohl ein erhebliches finanzielles Risiko die Vertragsänderung abzulehnen; von einer "freiwilligen" Vertragsunterzeichnung könnte dann aber kaum mehr die Rede sein. Zwar wäre eine krasse Ungleichbehandlung von Vertragsänderungs-Ablehnern und -Akzeptierern rechtlich unzulässig, aber wer würde das nachher wirklich individuell einklagen wollen? Ein zu-Null-Fahren des Unternehmensfaktors ist vielleicht weniger wahrscheinlich, aber dafür ist es nicht unwahrscheinlich, dass die mit dem GBR verhandelte „Mindestabsicherung" von 5,25 plötzlich als fester Wert gesetzt wird (statt als Untergrenze), und auch ein Unternehmensfaktor von 5,25 würde für jeden Vertragsänderungs-Ablehner ein kostspieliges Verlustgeschäft bedeuten. Wenn hingegen der GBR noch eine Formel aushandelt, wie Unternehmensfaktor und BRM zusammenhängen (z.B. mit einem Faktor 15*X), könnte sich jeder seine persönliche Wahrscheinlichkeitsrechnung aufmachen, ob der alte oder der neue AT-Vertrag wohl für ihn besser ist. Das würden wir unter "Freiwilligkeit" verstehen. Was davon nun tatsächlich eintrifft, ist wie gesagt noch in Verhandlung, das ist der Hauptgrund warum wir dazu raten die gesetzte Entscheidungsfrist auch auszuschöpfen (um abzuwarten ob und mit welchem Ergebnis sich bis dahin diese Vertragsänderungs-Ablehnungskonditionen weiter aufklären).
Angenommen, ich will den neuen AT-Vertrag akzeptieren; sollte ich dann auch die Umwandlung von 26% meiner bisherigen Jahreszahlung in ein höheres Monatsgehalt annehmen? Wann rechnet sich das für mich?
Grundsätzlich ist diese 26%-Umwandlung nur ein "Angebot", und Angebote kann man nach unserem Verständnis annehmen oder auch ablehnen; d.h. Sie können ggf. auch den neuen Vertrag ohne diese 26%-Umwandlung annehmen, wenn Sie wollen (wenn es deswegen Probleme geben sollte bitte an Ihren Betriebsrat wenden).
Letztlich kann und muss sich aber jeder fallindividuell selber ausrechnen, ob diese Umwandlung für ihn von Vorteil ist. Höher bezahlte ÜTs deutlich über der Basis-AT-Grenze dürften im Regelfall davon profitieren, wenn nämlich Monatsgehälter als sicherer angesehen werden als BRM- abhängige Jahreszahlungen.
Übrigens: Im Fall von Paymix-Korrekturen (typisch nach Demotions) kann dazu auch wesentlich mehr als besagte 26% umgewandelt werden (was aber eher von Vorteil sein dürfte). Genereller Hinweis für Demotion-Kandidaten: Kann man am aktuellen Paymix-Prozentsatz schon ablesen, dass eine (vielleicht vom BR noch gar nicht genehmigte) Demotion damit vorweggenommen wurde? Nachrechnen!
Schwieriger ist die Entscheidung für die vielen tarifsurfenden Basis-ATs: Einerseits entfernt man sich durch diese Umwandlung wieder vom Basis-AT und profitiert infolge dessen einige Jahre lang nicht mehr als Tarifsurfer von Tariferhöhungen, andererseits kriegt man sofort mehr Monatsgehalt; also fallindividuell genau nachrechnen was wohl besser ist!
Wenn ich den neuen Vertrag unterschreibe, worauf muss ich künftig mehr achten als bisher?
Mit dem neuen AT-Vertrag ändern sich ja nicht nur die nackten Euro-Zahlen, sondern auch noch ein paar kleingedruckte Konditionen. Wenn sich diese nicht für Sie negativ auswirken sollen, sollten Sie auf Folgendes achten:
"Basis" 40h Arbeitszeit: Sehen Sie zu dass Sie Ihren Job wirklich mit 40 Stunden pro Woche (und nicht etwa 48 Stunden) schaffen! Wenn zuviel Arbeit da ist, kann das Unternehmen ja Leute einstellen (bzw. weniger abbauen).
"Nach Ablauf von 3 Monaten ist die Geltendmachung von Ansprüchen jedweder Art ausgeschlossen"
Wenn etwa die PA einen Fehler zu Ihren Lasten macht (kann ja mal passieren; z.B. wird vergessen nach 3 Jahren ohne Förderung eine automatische Mindest-Gehaltsanpassung durchzuführen) und Ihnen dies erst nach 4 Monaten auffällt, haben Sie im Zweifelsfall Pech gehabt. Also immer gut aufpassen und vor allem rechtzeitig reklamieren!
Versetzungen die der Arbeitgeber wünscht soll er auch selbst beantragen, lassen Sie sich lieber nicht dazu bewegen diese Versetzung Ihrerseits zu beantragen, dann ist wenigstens kein Rückfall in den Tarifkreis zu befürchten. Hintergrund ist der Passus "bei einem vom Mitarbeiter veranlassten Wechsel der Arbeitsaufgabe in einen Jobgrade unter 10 wird der Arbeitsvertrag entsprechend den Regelungen des geltenden Tarifvertrages fortgesetzt".
Bewirbt man sich aber deswegen auf niedrigerwertige Stellen, weil die bisherige Arbeitsaufgabe entfallen ist und es keine gleichwertig ausgeschriebenen Stellen gibt, sollte man sich vom Arbeitgeber schriftlich bestätigen lassen, dass dieser Aufgabenwechsel ebenfalls als "arbeitgeberveranlasst" angesehen wird (nicht als freiwillige Rückkehr in den Tarif), also nicht zum Verlust des AT-Vertrags führen kann.
Bei vom Arbeitgeber veranlassten Versetzungen schriftlich bestätigen lassen, dass die neue Arbeit gleichwertig ist (und damit nicht später als Grund für Gehaltsreduktion angeführt werden kann). Hintergrund ist der Passus "bei einem Aufgabenwechsel können sich Höhe und Zusammensetzung bzw. Art der variablen Einkommensbestandteile ändern".
Andernfalls kann man der neuen Aufgabe widersprechen, man kann sich wehren, aber nur sofort (bereits gegen die neue Arbeit), nicht erst nachher (wenn es wegen der neuen Arbeit auch weniger Geld geben soll). Wer es z.B. hingenommen hat künftig Klobrillen zu putzen (weil er denkt, der Job ist wenigstens sicher, Klobrillenputzer werden schließlich immer gesucht), der tut sich später schwer sich zu wehren, wenn er dann deswegen auch weniger Geld kriegen soll, schließlich macht er dann ja wirklich einen niedrigerwertigen Job. Man kann sich wehren, aber nur wenn man schon von Anfang an gegen die niedrigerwertige Arbeit vorgeht, und nicht erst gegen die nachfolgende Gehaltsreduktion dazu, und sollte das unbedingt gemeinsam mit dem Betriebsrat tun.
Auf keinen Fall einfach die (neue) Arbeit verweigern, sonst droht fristlose Kündigung!
(bt)
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