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Schwerbehinderung
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Wann liegt eine Schwerbehinderung vor?

Viele von uns denken bei dem Begriff "schwerbehindert" an einen Menschen im Rollstuhl oder einen Blinden. Schwerbehindert sind aber auch Menschen, denen man ihre Schwerbehinderung nicht ansieht, Menschen, deren gesundheitliche Lebensqualität grundsätzlich erheblich eingeschränkt ist.
Schwerbehinderung kann z.B. sein: Krebs und Krebsoperierte, Rheuma, Diabetes mellitus, Morbus Bechterew, Multiple Sklereose, chronische schwere Hauterkrankungen, Dialyse-Patienten, Asthma, Psychische Erkrankungen usw.
Etwa 10% der Bevölkerung ist schwerbehindert, die Hälfte davon sind älter als 65 Jahre.

Gesetzliche Definition "Schwerbehinderung" gem. §2 Abs. 1 u. 2 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX):

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
Schwerbehindert sind Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50.

Rechtliche Basis: Sozialgesetzbuch IX:

Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung getragen. Zweck und Aufgabe des Schwerbehindertengesetzes ist die Eingliederung der schwerbehinderten Menschen in das berufliche und gesellschaftliche Leben. Das Gesetz sieht dafür eine Reihe von Hilfen vor.

Antragstellung:

Auf Antrag des Behinderten stellt die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständige Behörde (In Bayern z.Z.: Zentrum Bayern Familie und Soziales, für andere Bundesländer siehe Versorgungsamt) das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung (GdB) fest.
Anträge sind bei den Ämtern für Versorgung und Familienförderung (AVF) sowie den Schwerbehindertenvertretungen in Betrieben oder Verwaltungen, Gemeindeverwaltungen, aber auch bei Beratungsstellen, Behindertenverbänden, Geschäftsstellen des VdK und Gesundheitsämtern erhältlich,
oder auch hier zum Download:
www.zbfs.bayern.de/schwbg/formulare-schwbg.html
www.schleswig-holstein.de/LASD/DE/Service/Formulare/Formulare.html
www.schwbv.de/text/erstantrag.pdf
Die Schwerbehindertenvertretung im Betrieb ist beim Ausfüllen der Anträge behilflich.
In Bayern können Anträge auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) und auf die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises online gestellt werden. Das Verfahren wird über eine verschlüsselte Verbindung durchgeführt. Die Benutzerführung ist gut, durch zahlreiche Links können Erläuterungen zu einzelnen Eingaben abgerufen werden. Das zuständige Versorgungsamt wird automatisch bestimmt. Durch Online-Überprüfung der Eingaben können Eingabefehler vermieden werden.
Am Ende muss nur noch eine Kurzversion des Antrages ausgedruckt und unterschrieben an das Versorgungsamt geschickt werden, da zur Rechtswirksamkeit der Antragstellung die Unterschrift des Antragstellers erforderlich ist.
Zum Online-Antrag: https://www.schwerbehindertenantrag.bayern.de/antrag/default.aspx
Zur Verkürzung der Bearbeitungszeit sollten dem Antrag alle ärztlichen Unterlagen beigefügt werden, die sich auf die zur Feststellung der Behinderungen geltend gemachten Gesundheitsstörungen beziehen.
Sollte der Antragsteller mit der Entscheidung des Amtes für Versorgung und Familienförderung (Ablehnung des Antrages, zu geringer GdB, etc.) nicht einverstanden sein, so ist das Rechtsmittel des Widerspruches möglich. Zur Wahrung der Widerspruchsfrist ist die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid zu beachten.
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Grad der Behinderung (GdB):

Es werden folgende drei Stufen unterschieden: Die Anerkennung als Schwerbehinderter gilt nur befristet, meist auf fünf Jahre.
hier einige typische Beispiele:
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Gleichstellung

Gesetzliche Definition "Gleichstellung" gem. § 2 Abs. 3 SGB IX:
Personen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30 sollen Schwerbehinderten gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht erhalten können. Die Gleichstellung wird mit dem Tage der Antragstellung bei der Agentur für Arbeit wirksam. Der Gleichstellungsantrag wirkt sich auf eine bereits erfolgte Kündigung nicht mehr aus, also rchtzeitig Antrag stellen.
Im Weiteren sprechen wir der Einfachheit halber nur von Schwerbehinderten, gemeint sind aber immer auch die "Gleichgestellten":

Antragstellung:

Die Anerkennung als Gleichgestellter wird bei der zuständigen Agentur für Arbeit (ehem. Arbeitsamt) beantragt. Der Antrag kann formlos, auch mündlich, und in dringenden Fällen sogar telefonisch gestellt werden.
Empfehlenswert ist jedoch die Verwendung eines Antragformulars:
www.schwbv.de/text/gleichstellung/antrag_zur_gleichstellung_neu.dot
Auch hier ist die Schwerbehindertenvertretung im Betrieb beim Ausfüllen der Antragsformulare behilflich.
Im Gleichstellungsantrag sind die Gründe anzugeben, warum der Erhalt des Arbeitsplatz gefährdet ist, z.B. Die Beantragung bzw. die Anerkennung der Gleichstellung geschieht immer in Bezug auf einen konkreten Arbeitsplatz, den der Behinderte hat oder den er bekommen will.
Die Behörde holt eine Stellungnahme des Arbeitgebers, der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrats ein.
Gegen einen Gleichstellungsbescheid ist das Rechtsmittel des Widerspruchs möglich. Zur Wahrung der Widerspruchsfrist ist die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid zu beachten.
Der Arbeitgeber hat kein Widerspruchsrecht gegen eine Gleichstellung (BSG - B 11 AL 57/01 R):
vsbinfo.de
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Einschränkungen und Nachteile eines Schwerbehinderten

Wie bereits erwähnt, sieht man den meisten Betroffenen überhaupt nicht an, dass sie schwerbehindert sind. Aber ihre Lebensqualität ist erheblich eingeschränkt: Die Medikamentenverabreichungen, die physiologischen Therapien und oft unerträgliche Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich. Zudem können die Medikamente ihre Lebenserwartung verkürzen, aber auf jeden Fall häufige Arztbesuche und Therapien die Freizeit.
Auch im Arbeitsleben haben Schwerbehinderte vielfältige Nachteile: Ihre Leistungsfähigkeit und/oder Mobilität ist dauernd oder zeitweise beeinträchtigt. Schwerbehinderte haben bei der Suche nach einer Arbeitsstelle mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Sie gelten aufgrund Ihrer Behinderung als weniger leistungsfähig (angeblich hohe Fehlzeiten, weniger belastbar, eingeschränkte Mobilität, ...).
Schwerbehinderte benötigen unter Umständen einen der Behinderung angepassten Arbeitsplatz. Außerdem befürchtet der Arbeitgeber, dass er einen einmal eingestellten Schwerbehinderten aufgrund des besonderen Kündigungsschutzes nicht mehr entlassen kann. Diese Vorurteile veranlassen viele, entweder Ihre Schwerbehinderung nicht feststellen zu lassen oder Ihre Behinderung zu verschweigen.
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Nachteilsausgleich

(Es werden hier vor allem die Nachteilausgleiche rund um den Arbeitsplatz ausführlicher dargestellt, auf alle anderen wird nur kurz eingegangen.)

1. Besonderer Kündigungsschutz:

Beschäftigungsverhältnisse mit schwerbehinderten Arbeitnehmern dürfen von den Arbeitgebern nur dann gekündigt werden, wenn dafür vorher die Zustimmung des Integrationsamtes (ehemals Hauptfürsorgestelle) eingeholt wurde ( §85 SGB IX ). Dies gilt auch für Änderungskündigungen. Als Arbeitnehmer gelten auch leitende Angestellte.
Die Kündigungsschutzvorschriften gelten für Schwerbehinderte, also für Personen, für die ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wurde und für "gleichgestellte" Arbeitnehmer/innen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine ordentliche ( d.h. fristgerechte ) oder ausserordentliche ( d.h. fristlose ) Kündigung handelt. Genausowenig spielen die Kündigungsgründe eine Rolle: verhaltensbedingte, personenbedingte oder betriebsbedingte Gründe. Auch eine sogenannte Änderungskündigung, die mit dem Angebot der Weiterbeschäftigung zu anderen Bedingungen verbunden ist, wird nur wirksam, wenn ihr das Integrationsamt zugestimmt hat. Die Kündigungsschutzvorschriften gelten nicht für Kündigungen innerhalb der ersten sechs Beschäftigungsmonate, danach ist eine Kündigung ohne die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes immer unwirksam. Die Zustimmung kann nicht nachträglich erfolgen.
Das Zustimmungsverfahren wird durch den Antrag des Arbeitgebers eingeleitet. In ihm wird die wirtschaftliche Situation des Unternehmens betrachtet, aber auch die Erfüllung der Beschäftigungspflicht (§71 SGB IX). Bei der schwerbehinderten Person werden neben der Schwere der Behinderung das Alter, die Dauer des Arbeitsverhältnisses, die persönlichen Verhältnisse und die Chancen auf dem freien Arbeitsmarkt geprüft.
Erfüllt ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen in seinem Betrieb die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Quote der zu beschäftigenden Schwerbehinderten von 5 % nicht, dann stimmt das Integrationsamt in der Regel einer Kündigung nicht zu. Dies gilt jedoch nicht im Rahmen einer Teil- bzw. Betriebsstilllegung.
Die Wirkung des besonderen Kündigungsschutzes tritt nur dann ein, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung bekannt ist. Auf jeden Fall muss der Schwerbehinderte den Arbeitgeber nach Erhalt der Kündigung innerhalb einer Frist von vier Wochen darüber unterrichten. Ansonsten wird der besondere Kündigungsschutz nicht wirksam. Wenn Ihre Behinderung offensichtlich ist, müssen Sie Ihren Arbeitgeber nicht noch zusätzlich auf Ihre Schwerbehinderung aufmerksam machen.
Gegen eine Kündigung, die der Arbeitgeber z.B. in Unkenntnis der Schwerbehinderung ausgesprochen hat, sollte unbedingt innerhalb einer Frist von 3 Wochen Kündigungsschutzklage ( §4 KSchG) beim Arbeitsgericht erhoben werden.
Für die Wirksamkeit des Kündigungsschutzes ist es unerheblich, ob die Tätigkeit bereits als Schwerbehinderter aufgenommen wurde oder ob die Schwerbehinderteneigenschaft erst später festgestellt wurde. Der besondere Kündigungsschutz des Schwerbehindertengesetzes gilt nur in der Bundesrepublik Deutschland.
Wichtig!
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 1. März 2007 - 2 AZR 217/06 ist die Zustimmung des Integrationsamts nur dann erforderlich, wenn die Schwerbehinderung bei Zugang der Kündigung bereits anerkannt wurde oder der Antrag auf Anerkennung mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt wurde. Das Gleiche gilt für Arbeitnehmer, die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Auch sie sind vom Sonderkündigungsschutz ausgeschlossen, wenn sie den Gleichstellungsantrag nicht mindestens drei Wochen vor der Kündigung gestellt haben.
Ausnahmen:
Verfahrensweise beim Kündigungsschutzverfahren:
  1. Der Arbeitgeber muß einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung beim Integrationsamt stellen.
  2. Das Integrationsamt muß bei einer Kündigung auch die zuständige Agentur für Arbeit (Arbeitsamt), den Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung hören.
  3. Das Integrationsamt versendet zeitgleich einen Anhörungsbogen an den betroffenen Mitarbeiter. (Der Mitarbeiter hat hier meist eine ca. 1 ½ Wochenfrist, in der er diesen Anhörungsbogen und eine Stellungnahme abgeben muß)
  4. Der betroffene Schwerbehinderte sollte sich im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens durch einen Rechtsanwalt (am besten einen Fachanwalt für Schwerbehindertenrecht) vertreten lassen. Der Anwalt sollte die Stellungnahme für das Integrationsamt in Zusammenarbeit mit seinem Mandanten erstellen.
Anhörung, Stellungnahme:
Das Integrationsamt hat den Sachverhalt zu ermitteln. Zu diesem Zweck holt sie die Stellungnahmen der Agentur für Arbeit, der Schwerbehindertenvertretung sowie des Betriebs- oder Personalrates ein. Der von der Kündigung bedrohte schwerbehinderte Arbeitnehmer wird angehört. Zur Aufklärung des Sachverhalts kann das Integrationsamt auch Zeugen und Sachverständige (beratender Ingenieur des Integrationsamtes, Arzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit usw.) hören. In streitigen Kündigungsverfahren, also wenn der Schwerbehinderte mit der geplanten Kündigung nicht einverstanden ist, führt das Integrationsamt vor Ort ein gemeinsames Gespräch. Dabei wirkt das Integrationsamt auf eine gütliche Einigung hin. Hierbei können auch Fachanwälte des Arbeitnehmers teilnehmen.
Achtung: Man sollte an solchen Gesprächen niemals ohne fachliche, rechtliche Unterstützung teilnehmen.
Entscheidung des Integrationsamtes:
Das Integrationsamt hat über den Kündigungsantrag unter Abwägung der Interessen des Schwerbehinderten an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes und der Interessen des Arbeitgebers an einer möglichst wirtschaftlichen und reibungslosen Gestaltung des Betriebsablaufes zu entscheiden. Dem Schutzgedanken des Schwerbehindertengesetzes entsprechend können bei dieser Interessenabwägung nur schwerwiegende Gründe die Zustimmung zur Kündigung rechtfertigen. Dabei sind auch arbeitsrechtliche Kriterien zu berücksichtigen. Das Integrationsamt ist jedoch nicht streng an arbeitsrechtliche Gesichtspunkte gebunden, sie hat vielmehr auch spezifisch behinderungsbedingte Tatbestände zu werten. Behinderungsbedingte Schwierigkeiten am Arbeitsplatz oder behinderungsbedingte Verhaltensstörungen werden vom Integrationsamt bei ihrer Entscheidung besonders berücksichtigt. Das kann im Einzelfall bedeuten, dass die Zustimmung zu einer verhaltensbedingten Kündigung bei einem Sachverhalt versagt wird, der bei einem nichtbehinderten Arbeitnehmer ohne weiteres eine ordentliche oder sogar außerordentliche Kündigung gerechtfertigt hätte.
Bei einer Betriebsstillegung muss das Integrationsamt grundsätzlich dem Kündigungsantrag des Arbeitgebers zustimmen. Bei einer wesentlichen Betriebseinschränkung oder bei zumutbarem Arbeitsplatzwechsel soll das Integrationsamt die Zustimmung erteilen. Hieraus resultiert die hohe Quote, nämlich von 87 % der Zustimmungen beim Integrationsamt. Dieser hohe Prozentsatz wird von Mitarbeitern der Personalabteilung oft drohend in den Raum geworfen, um Mitarbeiter - die mit der Sachlage nicht vertraut sind - zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen. Wird einer Kündigung zugestimmt, beträgt die Kündigungsfrist mindestens vier Wochen. Tariflich, vertraglich oder gesetzlich längere Kündigungsfristen behalten ihre Gültigkeit.
Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Integrationsamts:
Sowohl der betroffene Arbeitnehmer (Schwerbehinderte) als auch der Arbeitgeber haben das Recht gegen die Entscheidung des Integrationsamtes in erster Instanz Widerspruch einzulegen. Der Widerspruchsausschuss des Integrationsamtes prüft daraufhin diesen Widerspruch. Gegen die Entscheidung des Widerspruchsausschusses ist noch eine Klage beim Verwaltungsgericht möglich. Das Verwaltungsgericht prüft jedoch nur, ob bei der Entscheidung über den Widerspruch Verfahrensfehler gemacht wurden. Eine detailliertere Beschreibung der möglichen Rechtmittel ist unter nachfolgendem Link zu finden:
http://www.integrationsaemter.de/webcom/show_lexikon.php?wc_c=558&wc_id=243
Klagefrist gegen die Kündigung:
Die Klagefrist gegen die Kündigung beginnt erst ab der Bekanntgabe der Entscheidung des Integrationsamtes an den Arbeitnehmer. §4 KschG: "... Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab." Dies gilt aber nur, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Kündigung bekannt war und er gekündigt hatte, ohne die Entscheidung des Integrationsamts abzuwarten. (Siehe dazu das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Februar 2008 - 2 AZR 864/06) Trotzdem empfiehlt es sich, sofort nach einer Kündigung einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen.
Schwerbehinderung als Kriterium für die Sozialauswahl.
Im Kündigungungsschutzgesetz (§1 Abs.3 KSchG) ist als Kriterium für die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen ausdrücklich die Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers aufgeführt, neben der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Alters und den Unterhaltspflichten. Kündigungen, bei denen die Sozialauswahl fehlerhaft war, sind unwirksam.
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2. Behindertengerechter Arbeitsplatz:

Schwerbehinderte haben zwar keinen Anspruch auf einen Arbeitsplatz, aber sie haben, wenn sie denn einen haben, einen Anspruch auf behindertengerechte Beschäftigung, d.h. auf eine Förderung ihrer beruflichen Integration, z.B. durch besondere Weiterbildungsmaßnahmen.
Für die Teilhabe des Schwerbehinderten am Arbeitsleben ist es entscheidend, dass er auf einem geeigneten Arbeitsplatz beschäftigt wird. Es ist dabei darauf zu achten, dass es sich um einen Arbeitsplatz handelt, an dem die nicht beeinträchtigten Funktionen genutzt werden können oder der Arbeitsplatz durch technische Arbeitshilfen so gestaltet wird, dass der Schwerbehinderte die von Ihm geforderte Leistung erzielen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur behindertengerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes in organisatorischer und technischer Hinsicht ergibt sich aus § 81 Abs. 4 SGB IX.
Die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter unterstützen die Arbeitgeber bei der Einrichtung behindertengerechter Arbeitsplätze.

3. Zusatzurlaub:

Schwerbehinderte haben ab einem GdB von 50 nach § 125 SGB IX Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von 5 Arbeitstagen im Urlaubsjahr; verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des Schwerbehinderten auf mehr oder weniger als 5 Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Soweit tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen für Schwerbehinderte einen längeren Zusatzurlaub vorsehen, bleiben sie unberührt. Die zusätzlichen Urlaubstage sind nicht zusätzlich zum gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch (24 Werktage) zu sehen, sondern beziehen sich auf den Urlaubsanspruch ohne Schwerbehinderung. Gleichgestellte haben gemäß § 68 Abs.3 SGB IX keinen Anspruch auf Zusatzurlaub.

4. keine Mehrarbeit:

Laut Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) §124 müssen schwerbehinderte Arbeitnehmer auf ihr Verlangen hin von Mehrarbeit freigestellt werden. Als Mehrarbeit gilt allerdings nur die Zeit, die über die normale gesetzliche Arbeitszeit nach §3 Satz 1 ArbZG, das heißt werktäglich 8 Stunden, hinausgeht. Wie das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil (Urteil vom 21. November 2006 - 9 AZR 176/06) festgestellt hat, zählen auch in dieser Hinsicht Bereitschaftsdienste zur Arbeitszeit.

5. Hilfen im Arbeits- und Berufsleben:

Zur Sicherung bestehender Beschäftigungsverhältnisse mit schwerbehinderten Arbeitnehmern können je nach Art der bestehenden Behinderungen sogenannte begleitende Hilfen im Arbeits- und Berufsleben gewährt werden, so z.B. auch die nach den Umständen des Einzelfalles notwendige psychosoziale Betreuung Schwerbehinderter. Das Integrationsamt kann bei der Durchführung dieser Aufgabe psychosoziale Dienste freier gemeinnütziger Einrichtungen und Organisationen beteiligen. Die begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben wird in enger Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit (Bundesanstalt für Arbeit) und den übrigen Trägern der Rehabilitation durchgeführt.
Ausführliche Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten für schwerbehinderte Arbeitnehmer und auch deren Arbeitgeber sind bei ihrem zuständigen Integrationsamt erhältlich.
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6. Pflicht der Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen (§ 71 SGB IX)

Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen haben auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen.
Dabei sind schwerbehinderte Frauen besonders zu berücksichtigen. Für jeden nicht besetzten Pflichtarbeitsplatz wird eine Ausgleichsabgabe erhoben. (§ 77 SGB IX) Sie beträgt bis zu 260 EUR pro Monat und nicht besetzten Pflichtarbeitsplatz. Mit dieser Abgabe sollen anderweitig Arbeitsplätze für Schwerbehinderte finanziert werden. Ausdrücklich heißt es im § 77 SGB IX: "Die Zahlung der Ausgleichsabgabe hebt die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht auf."
Immer wenn ein Arbeitgeber eine Kündigung eines schwerbehinderten Menschen beim Integrationsamt beantragt, wird dieses bei der Entscheidung auch die Schwerbehindertenquote betrachten.

7. weitere Nachteilsausgleiche

Unterschiedliche gesetzliche Vorschriften gewähren den Behinderten eine Reihe von "Nachteilsausgleichen", je nach Art der festgestellten Behinderung und eventuellen Ausweismerkzeichen (wie z.B. "G" für gehbehindert). Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist in der Regel der Nachweis der Schwerbehinderung durch Vorlage des Schwerbehindertenausweises. Die wichtigsten Nachteilsausgleiche sind: je nach Ausweismerkzeichen Vergünstigungen bei Bus und Bahnfahrten, oder Kfz-Steuerermäßigung / -befreiung, Gewährung eines Lohn-/Einkommensteuerfreibetrages - abhängig vom GdB: der Freibetrag wird bei einer GdB zwischen 25 und 50 nur gewährt, wenn aufgrund der Behinderung ein Rentenanpruch besteht, die Behinderung aufgrund einer Berufskrankheit festgestellt wurde oder eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen Beweglichkeit vorliegt:
http://www.finanzamt-daun.de/information/schwerbehinderung.htm
http://www.intakt.info/information/steuer.htm
Darüber hinaus können unter bestimmten Voraussetzungen außergewöhnliche Belastungen wie Kinderbetreuungskosten, Krankheitskosten, Kuren geltend gemacht werden, wenn sie mit der Behinderung zusammenhängen. Die Lohn-/Einkommenssteuerfreibeträge werden beim zuständigen Finanzamt oder der ausstellenden Gemeinde beantragt.
Verschiedene Beratungsstellen, Schwerbehindertenvertretungen in den Betrieben/Verwaltungen und andere Organisationen können bei den Antragsformalitäten behilflich sein.
Vielfach werden Schwerbehinderten Ermäßigungen beim Besuch von öffentlichen Veranstaltungen und Einrichtungen gewährt.
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Diskriminierungsverbot

Aus §3 Abs.3 GG (Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland): "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."
Am 18.8.2006 ist das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz AGG in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Das AGG sieht im Fall der Diskriminierung eines behinderten Menschen insbesondere bei Einstellung, beim beruflichen Aufstieg oder bei Kündigung einen Schadensersatzanspruch vor. Wie schon weiter oben erwähnt besteht kein Anspruch auf Einstellung sondern allenfalls nur auf eine finanzielle Entschädigung.
§75 Abs.1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) fordert von Arbeitgeber und Betriebsrat, u.a. darüber zu wachen, dass kein Betriebsangehöriger wegen seiner Behinderung benachteiligt wird.
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Mitteilung an den Arbeitgeber?

Viele Schwerbehinderte scheuen sich, dem Arbeitgeber mitzuteilen, dass sie schwerbehindert sind, und das eigentlich nicht ganz ohne Berechtigung: Immer wieder kam es in der Vergangenheit vor, dass Arbeitgeber bei Personalanpassungen besonderen Druck auf die vermeintlich Schwächeren ausgeübt haben. Trotzdem sind dazu folgende Gesichtspunkte zu betrachten:
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Belange der Schwerbehinderten im Betrieb

Prävention:

§ 84 SGB IX fordert, dass bei allen (personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten) Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis von Schwerbehinderten der Arbeitgeber möglichst frühzeitig zusammen mit Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat und Integrationsamt alle Möglichkeiten ausschöpft, diese Schwierigkeiten zu beseitigen, damit das Arbeitsverhältnis dauerhaft erhalten werden kann. Das Integrationsamt kann diese Bemühungen sowohl beratend als auch mit finanziellen Leistungen unterstützen. Beantragt ein Arbeitgeber beim Integrationsamt eine Kündigung, ohne vorher dieses geforderte Präventionverfahren durchzuführen, kann dies zur Ablehnung der Kündigung führen.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM):

Nach § 84 Abs.2 SGB IX muss der Arbeitgeber jedem Arbeitnehmer (also nicht nur denen mit Behinderung), die länger als sechs Wochen im Jahr arbeitsunfähig sind, ein "betriebliches Eingliederungsmanagement" anbieten.
Sinn und Zweck des BEM ist es nach Möglichkeiten zu suchen, um Das BEM wird nur nach Einwilligung und Aufklärung des betroffenen AN durchgeführt. Neben dem AN ist der Betriebsrat und bei Schwerbehinderten auch die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen.

Integrationsvereinbarung:

Im § 83 SGB IX fordert der Gesetzgeber eine Integrationsvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und der Schwerbehindertenvertretung im Betrieb.
Die Vereinbarung enthält Regelungen im Zusammenhang mit der Eingliederung schwerbehinderter Menschen, insbesondere zur Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Gestaltung des Arbeitsumfelds, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit sowie Regelungen über die Durchführung in den Betrieben und Dienststellen. Bei der Personalplanung werden besondere Regelungen zur Beschäftigung eines angemessenen Anteils von schwerbehinderten Frauen vorgesehen.
Konkret bei SIEMENS: In der Präambel der in der Siemens AG gültigen Integrationsvereinbarung steht: "Gemeinsames Ziel dieser Vereinbarung sind Regelungen und Verfahrensweisen, die eine Integration schwerbehinderter Menschen auf für sie geeigneten Arbeitsplätzen sichert."
Die Integrationsvereinbarung wurde getroffen zwischen Siemens AG, Gesamtschwerbehindertenvertretung und Gesamtbetriebsrat der Siemens AG. Sie enthält folgende Punkte:

Der Betriebsrat:

Selbstverständlich werden auch die Schwerbehinderten primär vom Betriebsrat vertreten. Sie können sich auch mit behinderungsspezifischen Problemen an den Betriebsrat wenden.
Der Betriebsrat hat darauf zu achten, dass der Arbeitgeber seine Verpflichtungen gegenüber den Schwerbehinderten erfüllt.
In Betrieben ohne Schwerbehindertenvertretung ist es auch seine Aufgabe, eine Wahl anzuregen.
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Die Schwerbehindertenvertretung (SchwbV):

Wahl der SchwbV
Gibt es in einem Betrieb mindestens fünf nicht nur vorübergehend beschäftigte schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer, so können sie eine SchwbV wählen. Die SchwbV besteht aus einer Vertrauensperson und mindestens einer StellvertreterIn. Diese müssen selbst nicht schwerbehindert sein. Eine SchwbV-Wahl findet turnusmäßig alle vier Jahre statt, nächstes mal im Oktober/November 2010. Wenn in einem Betrieb keine SchwbV besteht, kann auch ausserhalb dieses Termins gewählt werden.
Ziel und Zweck
Die Schwerbehindertenvertretung fördert die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb oder die Dienststelle, vertritt ihre Interessen im Betrieb und steht ihnen beratend und helfend zur Seite.
Aufgaben
Rechte
Persönlicher Schutz
Die Vertrauenspersonen dürfen in der Ausübung ihres Amtes nicht behindert oder wegen ihres Amtes nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Die Schwerbehindertenvertreter besitzen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung, insbesondere den gleichen Kündigungs-, Versetzungs- und Abordnungsschutz wie ein Mitglied des Betriebsrates.
Anforderung an einen Schwerbehindertenvertreter
Ähnlich wie auch beim Betriebsrat ist es wichtig, nur solche Personen als Schwerbehindertenvertreter zu wählen, die sich in allererster Linie für die Interessen der schwerbehinderten Arbeitnehmer einsetzen, die also vor allem unabhängig vom Arbeitgeber agieren. Insbesondere wenn es darum geht, eine Stellungnahme zu einem Kündigungsbegehren gegenüber dem Integrationsamt abzugeben, kann der Schwerbehindertenvertreter ganz entscheidend in das berufliche Schicksal eingreifen. Ein Schwerbehindertenvertreter wird immer wieder mit persönlichen Schicksalen und gelegentlich auch mit "schwierigen" Menschen zu tun haben; da ist soziale Kompetenz von großer Bedeutung.
Andererseits sollten die Schwerbehinderten sich frühzeitg bemühen, ein Vertrauensverhältnis zur Schwerbehindertenvertretung aufzubauen, am besten schon vor der Wahl.
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Einige Links zum Thema:

Gesetze und Verordnungen:

Allgemeine Informationen:

Spezielle Informationen:

Inhaltsübersicht
Niemand sollte sich mit seiner Schwerbehinderung verstecken oder deswegen schämen, auch wenn unsere Gesellschaft sich systematisch zu einer Leistungsgesellschaft entwickelt.
Man sollte nicht vergessen, dass jeder der nächste Schwerbehinderte sein kann. Niemand kann sein Schicksal voraussehen. Jeder kann durch einen Unfall, ein Verbrechen oder eine Krankheit schwerbehindert werden.
Schwerbehinderte sollten ihre Rechte einfordern, aber auch zeigen, dass sie Teil der Gesellschaft sind und tatkräftig in ihr mitwirken.
zuletzt überarbeitet 3/2012
(rk)